Ilias - Kapitel 74 by Homer
Ilias - Kapitel 74 by Homer

Ilias - Kapitel 74

Homer * Track #74 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

Download "Ilias - Kapitel 74"

Album Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

Ilias - Kapitel 74 by Homer

Performed by
Homer

Ilias - Kapitel 74 Annotated

Jener sprach's; doch alle verstummten umher, und                             schwiegen.
Nur der göttliche Mann Euryalos trat ihm entgegen,
Er des Mekistheus' Sohn, des taläonidischen Herrschers,
Welcher in Thebe vordem, am Leichenfest des erschlagnen
680   Ödipus, alles Volk der Kadmeionen besieget.
Emsig bereitete diesen der speerberühmte Tydeide,
Sprach ermunternde Wort', und wünscht' ihm herzlich den               Siegsruhm.
Erstlich legt' er den Gürtel ihm dar, und reichte darauf ihm
Schöngeschnittene Riemen des mächtigen Stiers von der                   Weide.
685   Als sich beide gegürtet, da traten sie vor in den Kampfkreis.
Gegeneinander zugleich mit gewaltigen Armen sich hebend,
Stürmten sie an, und es mischten die lastenden Arme sich                 ringsum;
Schrecklich erscholl um die Kiefer der Fäuste Geklatsch, und             der Angstschweiß
Floß von den Gliedern herab. Nun erhub sich der edle Epeios
690   Hoch, und schlug auf den Backen des Schauenden, daß er                 nicht länger
Stehen konnt', und zur Erde die blühenden Glieder ihm                       sanken.
Wie vor dem kräuselnden Nord ein Fisch aus dem Wasser                 emporspringt
Am meergrasigen Strand, und die dunkele Wog' ihn                             bedecket:
So von dem Streich aufsprang er. Allein der erhabne Epeios
695   Stellt' ihn empor bei den Händen; und traute Freund', ihn                   umeilend,
Führten ihn weg durch den Kreis mit                                                       schwernachschleppenden Füßen,
Dickes Blut ausspeiend, das Haupt gehängt auf die Schulter;
Zwischen sich dann den Betäubten und Irrenden setzten sie             nieder.
Andere gingen indes, und trugen den doppelten Becher.

700        Peleus' Sohn nun setzte noch andere Preise des Kampfes,
Zeigend dem Danaervolk, des mühsamstrebenden Ringens:
Erst dem Sieger ein groß dreifüßig Geschirr auf dem Feuer,
Welches in Wert zwölf Rinder bei sich die Danaer schätzten;
Doch in dem Besiegeten stellt' er ein blühendes Weib in den             Kampfkreis,

705   Klug in mancherlei Kunst, und geschätzt vier Rinder an                       Werte.
Aufrecht stand der Peleid', und redete vor den Argeiern:

Kommt hervor, wer begehrt auch diesen Kampf zu                           versuchen!
Jener sprach's; da erhub sich der Telamonier Ajas,
Auch der erfindungsreiche Odysseus, kundig des Vorteils.

710    Als sich beide gegürtet, da traten sie vor in den Kampfkreis,
Faßten sich dann einander umschmiegt mit gewaltigen                     Armen:
Gleich den begegnenden Sparren, die fest der Zimmerer                     fügte,
Eines erhabnen Gebäus, die Gewalt der Winde vermeidend.
Beiden knirschte der Rücken, von stark umschlungenen                     Armen
715    Angestrengt und gezuckt; und es strömte der Schweiß von               den Gliedern;
Aber häufige Striemen umher an den Seiten und Schultern,
Rot von schwellendem Blut, erhuben sich; immer voll                         Sehnsucht
Rangen sie beide nach Sieg, um den schöngegossenen                       Dreifuß.
Weder Odysseus vermocht' ihn verrückt auf den Boden zu                 schmettern,
720   Noch auch Ajas vermocht' es, gehemmt von der Kraft des                 Odysseus.
Aber nachdem schon murrten die hellumschienten Achaier,
Jetzo begann zu jenem der Telamonier Ajas:

Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus,
Hebe mich, oder ich dich; für das übrige sorge Kronion!

725        Sprach's, und hub ihn empor; doch der List vergaß nicht                 Odysseus,
Schlug ihm von hinten die Beugung des Knies, und löst' ihm               die Glieder:
Rücklings warf er ihn hin, und es sank von oben Odysseus
Ihm auf die Brust; rings schauten erstaunt und wundernd die             Völker.
Jetzo hub auch jenen der herrliche Dulder Odysseus,

730   Und bewegt' ihn vom Boden ein weniges, nicht ihn                               erhebend;
Dennoch beugt' er sein Knie; da sanken sie beid' auf den                     Boden
Dicht aneinander hinab, ringsum mit Staube besudelt.
Und zum drittenmal hätten sie beid' aufspringend gerungen;
Aber Achilleus erhub sich, und hemmte sie, also beginnend:

735        Nicht mehr strebt miteinander, euch selbst abmattend in               Arbeit.
Beiden gebührt der Sieg; mit gleichem Preis denn belohnet.
Geht, damit noch andre der Danaer eifern im Kampfspiel.

Jener sprach's; da hörten sie aufmerksam, und gehorchten;
Wischten sich ab den Staub, und hüllten die Röck' um die                   Schultern.

740        Peleus' Sohn nun setzte noch andere Preise dem Wettlauf:
Einen silbernen Krug von prangender Kunst; er umfaßte
Sechs der Maß', und besiegt' an Schönheit all' auf der Erde
Weit; denn kunsterfahrne Sidonier schufen ihn sinnreich;
Aber phönikische Männer, auf finsteren Wogen ihn                             bringend,

745   Boten in Häfen ihn feil, und schenkten ihn endlich dem                       Thoas;
Drauf für den Priamiden Lykaon gab zur Bezahlung
Ihn dem Held Patroklos Jasons Sohn Euneos.
Den nun setzt' Achilleus, den Freund zu ehren, zum                             Kampfpreis
Ihm, der am schnellsten im Laufe der hurtigen Schenkel                     erschiene;
750   Einen mächtigen Stier dem folgenden, schwer des Fettes;
Drauf des Goldes ein halbes Talent bestimmt' er dem                         letzten.
Aufrecht stand der Peleid', und redete vor den Argeiern:

Kommt hervor, wer begehrt auch diesen Kampf zu                           versuchen!
Sprach's; und Ajas erhub sich, der schnelle Sohn des Oileus,

755   Drauf Odysseus im Rate gewandt, und Antilochos endlich,
Nestors Sohn; denn rasch vor den Jünglingen siegt' er im                   Wettlauf.
Alle gereiht nun standen; es wies das Zeichen Achilleus.
Ihnen erstreckte der Lauf von dem Stande sich; aber in Eile
Stürmete Ajas voran; ihm flog der edle Odysseus
760   Nahe gedrängt: so wie dicht an des schöngegürteten Weibes
Busen das Webschiff fliegt, das schön mit den Händen sie                 herwirft,
Zartes Gespinst ausziehend zum Eintrag; nahe dem Busen
Lenkt sie es: also verfolgt' ihn Odysseus nah; und von hinten
Trat er die Spur mit den Füßen, eh' fallend der Sand sie                       bedeckte;
765   Und an den Nacken ihm strömte den Hauch der edle                           Odysseus
Stets im geflügelten Lauf; und daher schrien alle Achaier
Ihm, wie er strebte nach Sieg, den Eilenden mehr noch                       ermunternd.
Als sie dem Ende des Laufs nun naheten, betet' Odysseus
Schnell zu des mächtigen Zeus' blauäugiger Tochter im                     Herzen:

770        Höre mich, Göttin, mit Huld, und bringe mir Hilfe zum                   Wettlauf!
Also sprach er flehend; ihn hörete Pallas Athene;
Leicht ihm schuf sie die Glieder, die Füß, und die Arme von               oben.
Als sie nun annahten hinanzufliegen zum Kampfpreis;
Jetzo strauchelte Ajas im Lauf, denn es irrt' ihn Athene,

775   Dort wo der Unrat lag der geschlachteten brüllenden Rinder,
Die zu Patroklos' Ehre der Peleione getötet;
Und mit dem Rinderkot ward Mund und Nas' ihm besudelt.
Aber den Krug ergriff der herrliche Dulder Odysseus
Schnell, wie zuvor er kam; und den Stier der gewaltige Ajas.
780   Dieser stand, in den Händen das Horn des gewendeten                       Rindes,
Immer noch Kot ausspeiend, und redete vor den Argeiern:

Traun, wohl irrte die Göttin im Laufe mich, welche von                 jeher
Mütterlich naht dem Odysseus, ihm beizustehn und zu                       helfen!

Jener sprach's; und umher erhuben sie frohes Gelächter.

785   Auch Antilochos jetzo enttrug den letzten der Preise
Lächelnd umher, und also vor Argos' Söhnen begann er:

Freunde, das wißt ihr alle, doch sag' ich es: daß auch anitzt           noch
Ehre den älteren Menschen verleihn die unsterblichen                         Götter.
Ajas zwar ist nur ein weniges älter denn ich bin;

790   Jener indes ist früheres Stamms, und früherer Menschen:
Doch man preist sein Alter ein grünendes; schwerlich gelingt           es,
Daß im Lauf ihn ereil' ein Danaer, außer Achilleus.

Jener sprach's, lobpreisend den rüstigen Peleionen.
Aber Achilleus drauf antwortete, solches erwidernd:

795        Nicht umsonst, Antilochos, sei dies Lob dir geredet;
Sondern ich will des Goldes ein halbes Talent dir hinzutun.

Sprach's, und reicht' ihm das Gold; und freudig nahm es der           Jüngling.
Jetzo trug der Peleide die weithinschattende Lanze,
Samt dem Schild' und dem Helm, und legte sie nieder im                   Kampfkreis,

800   Jene Wehr des Sarpedon, die jüngst Patroklos erbeutet.
Aufrecht stand der Peleid', und redete vor den Argeiern:

Hierum laßt zween Männer, die tapfersten unseres Heeres,
Beid' in Waffen gehüllt, und zerschneidendes Erz in den                     Händen,
Angestrengt einander vor Argos' Volk sich versuchen,

805   Wer nun den blühenden Leib des anderen eher verletzet,
Durch die Waffen das Fleisch und das dunkele Blut ihm                     berührend:
Dem gewähr' ich zum Preise dies Schwert voll silberner                     Buckeln,
Schön, von thrakischer Kunst, das ich Asteropäos geraubet.
Aber die Rüstungen hier empfangen sie beide gemeinsam;
810    Und mit köstlichem Mahle bewirt' ich sie beid' im Gezelte.

Jener sprach's; da erhub sich der Telamonier Ajas,
Auch der Tydeid' erstand, der starke Held Diomedes.
Als sie nun beiderseits im versammelten Volk sich                               gewappnet;
Traten sie beid' in die Mitte hervor, voll Begierde des                           Kampfes,

815    Mit androhendem Blick; und Staunen ergriff die Achaier.
Als sie nunmehr sich genaht, die Eilenden gegeneinander;
Dreimal rannten sie an, und dreimal stürmten sie nahe.
Ajas darauf stieß jenem den Schild von gerundeter                             Wölbung;
Doch nicht rührt' er den Leib; ihm wehrt' inwendig der                       Harnisch.
820   Aber der Held Diomedes hinweg am mächtigen Schild' ihm
Zielet' er stets nach dem Hals mit der blinkenden Schärfe                   des Speeres.
Laut nun riefen daher, um Ajas besorgt, die Achaier,
Daß sie vom Streit abließen, und gleich sich teilten den                     Kampfpreis.
Aber Achilleus gab das große Schwert dem Tydeiden,
825   Samt der Scheid' in die Hand, und dem schöngeschnittenen               Riemen.

Jetzo trug der Peleide die rohgegossene Kugel,
Welche vordem geworfen Eëtions mächtige Stärke;
Aber jenen erschlug der mutige Renner Achilleus,
Und entführt' in Schiffen mit anderer Habe die Kugel.

830   Aufrecht stand der Peleid', und redete vor den Argeiern:

Kommt hervor, wer begehrt auch diesen Kampf zu                           versuchen!
Wenn er auch weit umher fruchttragende Äcker beherrschet,
Hat er daran zu fünf umrollender Jahre Vollendung
Reichen Gebrauch: denn nimmer ihm darf aus Mangel des                 Eisens

835   Weder Hirt noch Pflüger zur Stadt gehn, sondern er reicht                 ihm.

Jener sprach's; da erhub sich der streitbare Held Polypötes,
Auch Leonteus Kraft, des göttergleichen Beherrschers,
Ajas auch, der Telamonid', und der edle Epeios.
Alle gereiht nun standen: da faßt' Epeios die Kugel,

840   Schwang sie ins Wirbel, und warf; und es lachten umher die             Achaier.
Hierauf nahm sie und warf des Ares' Sprößling Leonteus;
Nächst ihm drauf entschwang sie der Telamonier Ajas
Aus der gewaltigen Hand, daß sie hinflog über die Zeichen.
Doch da die Kugel ergriff der streitbare Held Polypötes:
845   Weit wie ein Rinderhirt den gebogenen Stecken                                   entschwinget,
Welcher im Wirbel gedreht hinfliegt durch die weidenden                 Rinder:
So ganz über den Kreis entschwang er sie; alle nun schrien                 auf.
Und es erhuben sich Freunde des göttlichen Manns                             Polypötes,
Die zu den räumigen Schiffen den Preis hintrugen des                         Königs.

850        Hierauf setzte den Schützen der Held blauschimmerndes             Eisen,
Zehn zweischneidige Äxt', und zehn der Beile zum                               Kampfpreis.
Dann erhub er den Mast des schwarzgeschnäbelten                           Meerschiffs
Fern am kiesigen Strand; und eine schüchterne Taube
Band er daran mit dem Fuß an dünnem Faden, zum Ziele

855   Ihrem Geschoß. Wer nun die schüchterne Taube getroffen,
Nehme die doppelten Äxte gesamt, zum Gezelte sie tragend;
Wer indes den Faden nur trifft, und den Vogel verfehlet,
Solcher mag wie besiegt mit den kleineren Beilen                                 hinweggehn.

Jener sprach's; da erhub sich die Kraft des herrschenden               Teukros,

860   Auch Meriones dann, Idomeneus' tapferer Kriegsfreund.
Beid' itzt nahmen sich Los', und schüttelten; aber des                         Teukros'
Sprang aus dem ehernen Helm. Sogleich von gespanneter                 Senne
Schnellt' er den Pfeil mit Gewalt; doch nicht gelobt' er dem               Herrscher
Feirend die Dankhekatombe der Erstlingslämmer zu opfern.
865   Siehe den Vogel verfehlt' er; denn ihm mißgönnt' es Apollon;
Aber er traf den Faden am Fuß des gebundenen Vogels,
Und es durchschnitt den Faden das Erz des herben                             Geschosses.
Aufwärts schwang die Taub' in die Lüfte sich, aber herunter
Hing der Faden zur Erd'; und laut aufschrien die Achaier.
870   Eilend nunmehr entriß Meriones jenem den Bogen
Aus der Hand; denn den Pfeil hielt längst er bereit, um zu                   schnellen.
Alsobald gelobt' er dem treffenden Phöbos Apollon
Feirend die Dankhekatombe der Erstlingslämmer zu opfern.
Hoch nun unter den Wolken ersah er die schüchterne Taube;
875   Und wie im Kreise sie flog, durchschoß er sie unter dem                     Flügel:
Ganz hindurch drang stürmend der Pfeil, und zurück auf die               Erde
Bohrt' er hinab vor den Fuß des Meriones; aber der Vogel
Ließ auf den Mast sich nieder des schwarzgeschnäbelten                   Meerschiffs,
Saß, und senkte den Hals, und die ausgebreiteten Flügel.
880   Bald entfloh aus den Gliedern der Geist, und ferne vom                       Mastbaum
Sank er hinab: rings schauten erstaunt und wundernd die                   Völker.
Aber Meriones nahm die zehn zweischneidigen Äxte;
Teukros die Beil' erhebend durchging die gebogenen Schiffe.

Peleus' Sohn nun legte den ragenden Speer und ein Becken,

885   Rein von Glut, mit Blumen geziert, vom Werte des Stieres,
Hergebracht in den Kreis. Da erhuben sich Sender des                         Wurfspeers:
Erstlich erstand der Atreide, der Völkerfürst Agamemnon,
Auch Meriones dann, Idomeneus' tapferer Kriegsfreund.
Doch es begann vor ihnen der mutige Renner Achilleus:

890        Atreus' Sohn, wir wissen, wie weit du allen vorangehst,
Auch wie weit du an Kraft und Speerwurf alle besiegest.
Darum kehre du selbst mit diesem Preis zu den Schiffen;
Aber den Speer laß uns dem Held Meriones reichen,
Wenn es dir im Herzen gefällt; ich wenigstens rat' es.

895        Jener sprach's; ihm gehorchte der Völkerfürst                              Agamemnon.
Er nun reichte den Speer dem Meriones; aber der Held dort
Gab dem Herold Talthybios hin den prangenden Kampfpreis.

Your Gateway to High-Quality MP3, FLAC and Lyrics
DownloadMP3FLAC.com