Ilias - Kapitel 24 by Homer
Ilias - Kapitel 24 by Homer

Ilias - Kapitel 24

Homer * Track #24 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Ilias - Kapitel 24 by Homer

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Homer

Ilias - Kapitel 24 Annotated

Jener sprach's; da erwog mit wankendem Sinn Diomedes,
Ob er die Ross' umlenkt', und kühn entgegen ihm kämpfte.
Dreimal sann er umher in des Herzens Geist und                                 Empfindung;
170    Dreimal erscholl vom Ida das Donnergetön des Kronion,
Trojas Volk ankündend der Schlacht abwechselnden                           Siegsruhm.
Hektor anjetzt ermahnte mit lautem Rufe die Troer:

Troer, und Lykier ihr, und Dardaner, Kämpfer der Nähe,
Seid nun Männer, o Freund', und gedenkt des stürmenden                 Mutes!

175    Denn ich erkenne, wir mir voll Huld zuwinkte Kronion
Sieg und erhabenen Ruhm, doch Schmach den Achaiern und             Unheil.
Törichte, welche nunmehr zum Schutz sich erfanden die                   Mauer,
Schwach und verachtungswert, die nichts vor meiner Gewalt           ist!
Denn mir springen die Rosse mit Leichtigkeit über den                       Graben!
180    Aber sobald ich dort den gebogenen Schiffen genahet,
Dann gedenke man wohl für brennendes Feuer zu sorgen;
Daß ich die Schiff' anzünde mit Glut, und sie selber ermorde,
Argos' Söhn' um die Schiffe, betäubt im Dampfe des                           Brandes!

Jener sprach's; und die Ross' ermahnet' er, laut ausrufend:

185    Xanthos, und du Podargos, und mutiger Lampos, und Äthon,
Jetzt die reichliche Pflege vergeltet mir, welche mit Sorgfalt
Euch Andromache gab, des hohen Eëtions Tochter;
Da sie zuerst vor euch den lieblichen Weizen geschüttet,
Auch des Weines gemischt, nach Herzenswunsche zu                       trinken,
190    Eher denn mir, der doch ihr blühender Gatte sich rühmet!
Auf denn, mit großer Gewalt, und verfolget sie: daß wir                     erobern
Nestors strahlenden Schild, des Ruhm nun reichet zum                       Himmel,
Golden sei die Wölbung umher, und die Stangen des                           Schildes;
Auch herab von der Schulter dem reisigen Held Diomedes
195    Jenen künstlichen Harnisch, den selbst Hephästos                               geschmiedet!
Würd' uns solches ein Raub, dann hofft' ich wohl, die                         Achaier
Möchten die Nacht noch steigen in leichthinsegelnde                         Schiffe!

Also jauchzet' er laut; da zürnt' ihm die Herrscherin Here,
Wandte sich heftig im Thron, und erschütterte weit den                     Olympos.

200   Drauf zu Poseidaon, dem mächtigen Gotte begann sie:

Wehe mir, Erderschüttrer, Gewaltiger, wenden auch dir                 nicht
Argos sinkende Scharen das Herz im Busen zu Mitleid?
Bringen sie doch gen Ägä und Helike dir der Geschenke
Viel' und erfreuende stets! O gönne du ihnen den Sieg nun!

205   Denn wenn wir nur wollten, der Danaer sämtliche Helfer,
Trojas Volk wegdrängen, und Zeus dem Donnerer steuern;
Traun bald säß' er daselbst sich einsam härmend auf Ida!

Unmutsvoll nun begann der Erderschüttrer Poseidon:
Welch ein Wort, o Here, Verwegene, hast du geredet!

210    Nimmermehr verlang' ich mit Zeus Kronion zu kämpfen,
Ich und die anderen hier; denn er ist mächtig vor allen!

Also redeten jen' im Wechselgespräch miteinander.
Dort so weit von den Schiffen zum Wall und Graben sich                   hinstreckt,
Voll war's rings von Rossen und schildgewappneten                           Männern,

215    Dichtgedrängt; denn es drängte, dem stürmenden Ares                     vergleichbar,
Hektor, Priamos' Sohn, nachdem Zeus Ruhm ihm gewährte.
Und nun hätt' er verbrannt in lodernder Flamme die Schiffe,
Legete nicht Agamemnon ins Herz die erhabene Here,
Ihm der auch selbst umeilte, die Danaer schnell zu                               ermuntern.
220   Schleunig ging er hinab der Danaer Schiff' und Gezelte,
Haltend in nervichter Hand den großen purpurnen Mantel,
Und er betrat des Odysseus' gewaltiges dunkeles                                 Meerschiff,
Welches die Mitt' einnahm daß beiderseits sie vernähmen,
Dort zu Ajas Gezelten hinab, des Telamoniden,
225   Dort zu des Peleionen, die beid' an den Enden ihr Schiffheer
Aufgestellt, hochtrotzend auf Mut und Stärke der Hände.
Laut erscholl sein durchdringender Ruf in das Heer der                       Achaier:

Schande doch, Argos Volk, ihr Verworfenen, trefflich an                 Bildung!
Wo ist jetzo der Ruhm, da wir uns Tapfere priesen;

230   Was ihr vordem in Lemnos mit nichtiger Rede geprahlet,
Schmausend das viele Fleisch der hochgehörneten Rinder,
Und ausleerend die Krüge, zum Rand mit Weine gefüllet?
Gegen hundert der Troer, ja selbst zweihundert, vermaß sich
Jeder im Kampfe zu stehn! Nicht einem auch gelten wir jetzo,
235   Hektor, der bald die Schiffe verbrennt in loderndem Feuer!
Hast du, o Vater Zeus, je einen gewaltigen König
So beladen mit Fluch, und des herrlichen Ruhms ihn                           beraubet?
Weißt du doch, wie ich nie vor deinem prangenden Altar
Im vielrudrigen Schiff hinsteuerte, als ich hieherkam;
240   Nein auf allen verbrannt' ich der Stiere Fett und die Schenkel,
Wünschend hinwegzutilgen die festummauerte Troja.
Aber, o Zeus, gewähre mir doch nur dieses Verlangen:
Laß uns wenigstens selber errettet sein und entfliehen,
Und nicht so hinsinken vor Trojas Macht die Achaier!

245        Jener sprach's; da jammerte Zeus des weinenden Königs;
Und er winkt' ihm Errettung der Danaer, nicht ihr Verderben.
Schnell den Adler entsandt' er, die edelste Vorbedeutung;
Dieser trug in den Klauen ein Kind der flüchtigen Hindin,
Und vor Zeus' Altar, den prangenden, warf er das Hirschkalb,

250   Wo dem enthüllenden Zeus die Danaer pflegten zu opfern.
Jene, sobald sie gesehn, wie von Zeus herschwebte der                     Vogel,
Drangen gestärkt in der Troer Gewühl, und entbrannten vor               Streitlust.

Keiner rühmte sich nun, so viel auch Danaer waren,
Daß vor Tydeus' Sohn er gelenkt die hurtigen Rosse,

255   Vorgesprengt ans dem Graben, und kühn entgegen                             gekämpfet;
Sondern zuerst den Troern ermordet' er einen der Kämpfer,
Fradmons' Sohn Agelaos: zur Flucht dort wandt' er die                       Rosse;
Doch dem Gewendeten stieß der Tydeide den Speer in den               Rücken,
Zwischen der Schulterbucht, daß vorn aus dem Busen er                   vordrang;
260   Und er entsank dem Geschirr, und es rasselten um ihn die                 Waffen.
Hinter ihm Atreus' Söhn', Agamemnon und Menelaos;
Drauf die Ajas zugleich, mit trotzigem Mute gerüstet;
Dann Idomeneus selbst, und Idomeneus' Kriegesgenoß                     auch,
Held Meriones, gleich dem männermordenden Ares;
265   Auch Eurypylos dann, der glänzende Sohn des Euämon;
Teukros auch kam der neunte, gespannt den schnellenden                 Bogen,
Hinter des Ajas' Schilde gestellt, des Telamoniden:
Oft daß Ajas den Schild ihm hinweghob; aber der Held dort
Schaut' umher, und sobald sein Todesgeschoß im Getümmel
270   Traf, dann taumelte jener dahin, sein Leben verhauchend;
Doch er eilte zurück, wie ein Kind an die Mutter sich                           schmieget,
Nah an Ajas gedrängt, der mit strahlendem Schild' ihn                         bedeckte.

Wen nun traf von den Troern zuerst der untadliche                        Teukros?
Erst den Orsilochos traf er, und Ormenos, auch Ophelestes,
275   Dätor und Chromios auch, und den göttlichen Held                             Lykophontes,
Auch Polyämons Sohn Hamopaon, auch Melanippos:
All' aneinander gestürzt zur nahrungsprossenden Erde.
Ihn nun sah mit Freude der Völkerfürst Agamemnon,
Wie er mit starkem Geschoß die troischen Reihen vertilgte;
280   Nahe trat er hinan, und sprach zu jenem die Worte:

Teukros, edelster Freund, Telamonier, Völkergebieter,
Triff so fort, und werde der Danaer Licht, und des Vaters
Telamon auch, der in Liebe dich nährete, als du ein Kind                     warst,
Und, der Dienerin Sohn, dich pflegt in seinem Palaste:

285   Ihn, den Entferneten nun, erhebe zu glänzendem Ruhme!
Denn ich verkündige dir, und das wird wahrlich vollendet.
Wenn mir solches gewährt der Donnerer Zeus und Athene,
Ilios auszutilgen, die Stadt voll prangender Häuser;
Werd' ich zuerst nach mir die geehrteste Gabe dir reichen:
290   Ob es ein Dreifuß sei, ob ein rasches Gespann mit dem                       Wagen,
Oder ein blühendes Weib, das dir dein Lager besteige.

Jener sprach's; ihm erwiderte schnell der untadliche                        Teukros:
Atreus' Sohn, Ruhmvoller, warum, da ich selber ja strebe,
Treibst du mich an? Nichts wahrlich, so viel die Kraft mir                   gewähret,

295   Zauder' ich; sondern seitdem gen Ilios jene wir drängen,
Hab' ich feindliche Männer mit zielendem Bogen getötet.
Acht schon hab' ich versandt der langgespitzten Geschosse,
Und sie hafteten all' in streitbarer Jünglinge Leibern.
Jenen nur nicht vermag ich, den wütenden Hund zu                             erreichen!

300        Sprach's, und sandt' ein andres Geschoß von der Senne                 des Bogens,
Grad' auf Hektor dahin, mit herzlichem Wunsch ihn zu                       treffen.
Und er verfehlt' ihn zwar; doch den edlen Gorgythion traf er,
Priamos' tapferen Sohn, ihm die Brust mit dem Pfeile                           durchbohrend:
Welchen ein Nebenweib, aus Äsyme gewählt, ihm geboren,

305   Kastianeira die Schön', an Gestalt den Göttinnen ähnlich.
So wie der Mohn zur Seite das Haupt neigt, welcher im                       Garten
Steht, von Wuchs belastet, und Regenschauer des Frühlings:
Also neigt' er zur Seite das Haupt, vom Helme beschweret.

Teukros sandt' ein andres Geschoß von der Senne des                   Bogens

310    Grad' auf Hektor dahin, mit herzlichem Wunsch ihn zu                       treffen.
Aber auch jetzt verfehlt' er; denn seitwärts wandt' es                         Apollon.
Archeptolemos nur, dem mutigen Lenker des Hektor,
Als er sprengt' in die Schlacht, durchschoß er die Brust an                 der Warze;
Und er entsank dem Geschirr, und zurück ihm zuckten die                 Rosse,
315    Fliegendes Laufs; ihm aber erlosch der Geist und die Stärke.
Hektors Seele durchdrang der bittere Schmerz um den                       Lenker;
Dennoch ließ er ihn dort, wie sehr er traurte des Freundes.
Schnell nun hieß er den Bruder Kebriones, der ihm genaht                 war,
Nehmen der Rosse Gezäum; und nicht unwillig gehorcht' er.
320   Aber er selbst entschwang sich dem glänzenden Sessel des               Wagens,
Mit graunvollem Geschrei, und faßt' in der Rechte den                       Feldstein,
Drang dann grad' auf Teukros, in heißer Begier ihn zu treffen.
Jener hatt' aus dem Köcher ein herbes Geschoß sich                           gewählet,
Und auf die Senne gefügt; da traf der gewaltige Hektor,
325   Als er die Senn' anzog, ihn am Schlüsselbein auf die Achsel,
Zwischen Hals und Brust, wo am tödlichsten ist die                             Verwundung:
Dort den Strebenden traf er mit zackigem Stein des Gefildes,
Und zerriß ihm die Senn'; es erstarrte die Hand an dem                       Knöchel,
Und er entsank hinknieend, es glitt aus der Hand ihm der                   Bogen.
330   Doch nicht Ajas vergaß des hingesunkenen Bruders,
Sondern umging ihn in Eile, mit großem Schild ihn                               bedeckend.
Schnell dann bückten sich her zween auserwählte                               Genossen,
Echios' Sohn Mekisteus zugleich, und der edle Alastor,
Die zu den räumigen Schiffen den Schweraufstöhnenden                   trugen.
335   Wieder erhob die Troer mit Mut der olympische König.
Grade zurück an den Graben verdrängten sie nun die                           Achaier;
Hektor drang mit den ersten voran, wutfunkelndes Blickes.
So wie ein Hund den Eber des Bergwalds, oder den Löwen,
Kühn mit dem Rachen erhascht, den hurtigen Füßen                           vertrauend,
340   Hinten an Hüft' und Lend', und stets des Gewendeten                         achtet:
Also verfolgt' itzt Hektor die hauptumlockten Achaier,
Immerdar hinstreckend den äußersten; und sie entflohen.
Aber nachdem sie die Pfähle hindurch und den Graben                       geeilet
Fliehend und manchen gestürzt die mordenden Hände der                 Troer;
345   etzo hemmeten jene sich dort bei den Schiffen beharrend,
Und ermahnten einander; und rings mit erhobenen Händen
Betete laut ein jeder zu allen unsterblichen Göttern.
Hektor tummelt' umher das Gespann schönmähniger Rosse,
Graß wir Gorgo an Blick, und der männermordende Ares.

350        Jene nun sah erbarmend die lilienarmige Here,
Wandte sich schnell zur Athen', und sprach die geflügelten               Worte:

Weh mir, o Tochter Zeus' des Donnerers, wollen wir noch             nicht
Retten das sterbende Volk der Danaer, auch nur zuletzt                     noch?
Welche das böse Geschick nunmehr vollendend                                   verschwinden,

355   Unter des einen Gewalt! Da wütet er ganz unerträglich,
Hektor, Priamos' Sohn, und viel schon tat er des Frevels!

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