Ilias - Kapitel 16 by Homer
Ilias - Kapitel 16 by Homer

Ilias - Kapitel 16

Homer * Track #16 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

Download "Ilias - Kapitel 16"

Album Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

Ilias - Kapitel 16 by Homer

Performed by
Homer

Ilias - Kapitel 16 Annotated

Jener sprach's; da entwich mit zauderndem Schritt                             Diomedes,
Scheuend den furchtbaren Zorn des treffenden Phöbos                       Apollon.
445   Doch den Äneias enttrug dem Schlachtgetümmel Apollon,
Wo sein Tempel ihm stand auf Pergamos heiliger Höhe.
Sein dort pflegeten Leto und Artemis, froh des Geschosses,
Drinnen im heiligsten Raum, ihm Kraft und Herrlichkeit                       schenkend.
Jener schuf ein Gebild, der Gott des silbernen Bogens,
450   Selbst dem Äneias gleich an Gestalt und jeglicher Rüstung;
Und um das Bild die Troer und hochbeherzten Achaier
Haueten wild einander umher an den Busen die Stierhaut
Schöngeründeter Schild' und leichtgeschwungener                             Tartschen.
Doch zum tobenden Ares begann nun Phöbos Apollon:

455        Ares, o Ares voll Mord, Bluttriefender,                                               Maurenzertrümmrer!
Möchtest du nicht den Mann aus der Schlacht hingehend                   vertreiben,
Tydeus' Sohn, der anjetzt wohl Zeus den Vater bekämpfte?
Kypris traf er zuerst, die Hand am Knöchel verwundend;
Aber darauf mich selber bestürmet er, stark wie ein Dämon!

460   Dieses gesagt, ging jener auf Pergamos Höhe sich setzend.
Aber die Troer durcheilt' und ermunterte Ares der Wütrich,
Akamas gleich an Gestalt, dem rüstigen Führer der Thraker.
Jetzt des Priamos Söhnen, den gottbeseligten, rief er:

O ihr Priamos Söhne, des gottbeseligten Herrschers,

465   Bis wie lang' erlaubt ihr das Morden des Volks den                               Achaiern?
Bis vielleicht um der Stadt schönprangende Tore gekämpft               wird?
Liegt doch der Mann, den gleich wir geehrt dem göttlichen               Hektor,
Dort Äneias, der Sohn des hochgesinnten Anchises!
Aber wohlan, dem Getümmel entreißt den edlen Genossen!

470        Jener riefs, und erregte den Mut und die Herzen der                      Männer.
Jetzo begann Sarpedon, und schalt den göttlichen Hektor:

Hektor, wohin entflohe der Mut dir, den du zuvor trugst?
Schirmen auch ohne Volk und Verbündete wolltest du Troja,
Du allein mit den Schwägern und deinen leiblichen Brüdern!

475   Keinen davon nun kann ich umherschaun, oder erblicken;
Sondern geschmiegt sind alle, wie scheue Hund' um den                   Löwen;
Doch wir tragen die Schlacht, die wir als Berufene mitgehn.
Auch ich selbst, ein Bundesgenoß, sehr ferne ja kam ich,
Her aus dem Lykierland' an Xanthos wirbelnden Fluten:
480   Wo ein geliebtes Weib und ein zarter Sohn mir zurückblieb,
Auch der habe so viel, als nur ein Darbender wünschet.
Aber auch so ermahn' ich die Lykier, eifere selbst auch,
Meinem Mann zu begegnen; wiewohl nichts solches mir hier           ist,
Welches hinweg mir trüg' ein Danaer, oder entführte.
485   Doch du stehst da selber, und auch nicht andere treibst du
Auszuharren im Volk, und Schutz zu schaffen den Weibern.
Daß nur nicht, wie gefangen im weiteinschließenden                         Zuggarn,
Ihr feindseligen Männern zu Raub und Beute dahinsinkt,
Welche sie bald austilgten, die Stadt voll prangender Häuser!
490   Dir ja gebührt's, das alles bei Tag' und Nacht zu besorgen,
Flehend umher den Fürsten der fernberufenen Helfer,
Rastlos hier zu bestehn, und nicht zu drohen mit Vorwurf!

Also sprach Sarpedon, das Herz verwundend dem Hektor.
Schnell vom Wagen herab mit den Rüstungen sprang er zur               Erde.

495   Schwenkend die spitzigen Lanzen, durchwandelt' er alle                     Geschwader,
Rings ermahnend zum Kampf, und erweckte die tobende                   Feldschlacht.
Jene nun wandten die Stirn, und begegneten kühn den                       Achaiern;
Argos Volk dort harrte, gedrängt in Scharen und furchtlos.
Doch wie der Wind hinträget die Spreu durch heilige Tennen,
500   Unter der Wurfeler Schwung, wann die gelbgelockte                           Demeter
Sondert die Frucht und die Spreu im Hauch andrängender                 Winde;
Fern dann häuft das weiße Gestöber sich: also umzog nun
Weiß von oben der Staub die Danaer, den durch die                           Heerschar
Hoch zum ehernen Himmel emporgeschlagen die Rosse,
505   Wieder zum Kampf anrennend, da rings umwandten die                     Lenker.
Rasch mit der Hände Gewalt vorstrebten sie. Aber in Nacht               nun
Hüllte der tobende Ares die Schlacht, zum Schirme den                     Troern,
Wandelnd um jegliche Schar, und richtete aus die                               Ermahnung,
Was ihm Phöbos Apollon mit goldenem Schwerte geheißen,
510    Trojas Volke den Mut zu erhöhn; als Pallas Athene
Scheiden er sah, die dort als Helferin ging den Achaiern.

Jener entsandt' Äneias nunmehr aus des prangenden                       Tempels
Heiligtum, und erfüllte mit Kraft den Hirten der Völker.
Plötzlich trat zu den Seinen der Herrliche; aber mit Freude

515   Schaueten sie, daß lebend und unverletzt er daherging,
Und voll tapferes Mutes; allein ihn fragete keiner;
Denn es verbot das Geschäft, das sonst Apollon erregte,
Ares der Würger zugleich, und die rastlos lechzende Eris.

Aber die Ajas beid', und Odysseus, samt Diomedes,

520   Trieben daher zum Kampfe die Danaer, welche von selbst                 auch
Weder dem Drang der Troer erzitterten, weder dem Feldruf;
Sondern sie harreten fest, dem Gewölk gleich, welches                       Kronion
Stellt' in ruhiger Luft auf hochgescheitelten Bergen,
Unbewegt, weil schlummert des Boreas Wut, und der andern
525   Vollandrängenden Winde, die bald die schattigen Wolken
Mit lautbrausendem Hauche zerstreut auseinander                             dahinwehn:
Also standen dem Feind die Danaer ruhig und furchtlos.
Atreus Sohn durcheilte die Heerschar, vieles ermahnend:

Seid nun Männer, o Freund', und erhebt euch tapferes                      Herzens!

530   Ehret euch selbst einander im Ungestüme der Feldschlacht!
Denn wo sich ehrt ein Volk, stehn mehrere Männer denn                   fallen;
Doch den Fliehenden wird nicht Ruhm gewährt, noch                         Errettung!

Rief's, und entsandte den Speer mit Gewalt; und im                        vorderen Treffen
Streckt' er Deïkoon hin, den Freund des edlen Äneias,

535   Pergasos Sohn, den hoch wie Priamos Söhne die Troer
Ehrten; denn rasch war jener im Vorderkampfe zu kämpfen.
Diesem traf mit der Lanze den Schild Agamemnon der                       Herrscher;
Und nicht hemmete jener den Speer; durchstürmte das Erz               ihm
Unten hinein in den Bauch, den künstlichen Gurt ihm                            durchbohrend.
540   Dumpf hinkracht' er im Fall, und es rasselten um ihn die                     Waffen.

Jetzo entrafft' Äneias der Danaer tapferste Männer,
Krethon samt dem Bruder Orsilochos, Söhne Diokles.
Aber der Vater wohnt' in der schöngebaueten Fähre,
Reich an Lebensgut, und erwuchs vom Geschlecht des                       Alpheios,

545   Welcher den breiten Strom hinrollt durch der Pylier Äcker:
Der den Orsilochos zeugt', ein großes Volk zu beherrschen;
Aber Orsilochos zeugte den hochgesinnten Diokles;
Und dem Diokles wurden die Zwillingssöhne geboren,
Krethon und Orsilochos, beid' allkundig des Streites.
550   Beid' als Jünglinge nun in dunkelen Schiffen des Meeres
Folgeten Argos Heere zum Kampf mit den Reisigen Trojas,
Ruhm für Atreus Söhn', Agamemnon und Menelaos,
Suchend im Streit: nun hüllte sie dort des Todes Verhängnis.
Wie zween freudige Löwen zugleich auf ragenden Berghöhn

555   Wuchsen genährt von der Mutter, in dunkeler Tiefe des                     Waldes;
Jetzo Rinder umher und gemästete Schafe sich raubend,
Weit der Männer Gehege verwüsten sie; bis sie nun selber
Fallen durch Menschenhand, von spitzigem Erze getötet:
So voll Kraft, von Äneias gewaltigen Händen besieget,
560   Sanken die zween, gleich Tannen mit hochaufsteigenden                   Wipfeln.

Ihren Fall betraurte der Rufer im Streit Menelaos.
Rasch durch das Vordergewühl, mit strahlendem Erze                         gewappnet,
Nahet' er, schwenkend den Speer; und das Herz ermuntert'                ihm Ares,
Weil er hofft', ihn gestreckt von Äneias Händen zu schauen.
565   Als ihn Antilochos sahe, der Sohn des erhobenen Nestor,
Eilt er durchs Vordergewühl; denn er sorgt' um den Hirten                 der Völker,
Daß er blieb', und dem Volke vereitelte alle die Arbeit.
Beide schon die Arm' und die erzgerüsteten Lanzen
Hielten sie gegeneinander gewandt, in Begierde des                           Kampfes.
570   Aber Antilochos trat dem Völkerhirten zur Seite:
Und nicht harrt' Äneias, obgleich ein rüstiger Kämpfer,
Als er sah zween Männer, voll Muts miteinander beharrend.
Jene, nachdem sie die Toten zum Volk der Achaier gezogen,
Ließen dort die Armen gelegt in die Hände der Freunde;
575   Doch sie selber gewandt, arbeiteten wieder im Vorkampf.

Ihnen sank Pylämenes nun, dem Ares vergleichbar,
Fürst der Paphlagonen, der schildgewappneten Streiter:
Welchen des Atreus Sohn, der streitbare Held Menelaos,
Stach, wie er stand, mit der Lanz', am Schlüsselbein ihn                     durchbohrend.

580   Aber Antilochos warf den zügellenkenden Diener,
Mydon, Atymnios Sohn, da er wandte die stampfenden                     Rosse,
Grad' an des Armes Gelenk mit dem Feldstein; daß ihm die               Zügel,
Schimmernd von Elfenbein, in den Staub des Gefildes                         entsanken.
Doch Antilochos naht' und hieb ihm das Schwert in die                       Schläfe;
585   Und er entsank aufröchelnd dem schöngebildeten Sessel,
Häuptlings hinab in den Staub, auf Scheitel gestellt und                     Schultern.
Also stand er lange, vom lockeren Sande gehalten,
Bis anstoßend die Ross' in den Staub hinwarfen den                             Leichnam;
Denn sie trieb mit der Geißel Antilochos zu den Achaiern.

590      Jetzt wie sie Hektor ersah durch die Ordnungen, stürmt' er             auf jene
Her mit Geschrei; ihm folgten zugleich Heerscharen der                     Troer,
Tapfere. Dort ging Ares voran, und die grause Enyo:
Diese Getös' herbringend und unermeßlichen Aufruhr;
Ares dort in den Händen die schreckliche Lanze bewegend,

595   Wandelte bald vor Hektor einher, bald folget' er jenem.
Ihn erblickt' aufschauend der Rufer im Streit Diomedes.
So wie ein Mann unkundig, der Fremdlinge Fluren                                 durchwandernd,
Steht am Rand des reißenden Stroms, der ins Meer sich                     ergießet,
Starr voll Schaum hinbrausen ihn sieht, und in Eile                               zurückkehrt:
600   Also entriß der Tydeid' in Eile sich, sprach dann zum Volke:

Freunde, wie sehr erstaunen wir doch dem göttlichen                       Hektor,
Ihm als Lanzenschwinger und unerschrockenen Krieger?
Geht bei ihm doch immer ein Gott, und wehrt dem                             Verderben!
Jetzt auch naht' ihm Ares, der dort wie ein Sterblicher                         wandert!
605   Auf denn, gegen die Troer zurückgewendet das Antlitz,
Weichen wir, nicht verlangend den Kampf mit unsterblichen             Göttern!

Jener sprach's; und die Troer in Schlachtreihn wandelten               näher.
Aber Hektor erschlug zween streiterfahrene Männer,
Beid' auf einem Geschirr, Anchialos und Menesthes.

610    Ihren Fall betraurte der Telamonier Ajas.
Näher trat er hinan, und schwang die eherne Lanze;
Selagos Sohn dort traf er, Amphios, welcher in Päsos
Wohnete, güterreich und feldreich; doch das Verhängnis
Führt' ihn, Helfer zu sein, dem Priamos her und den Söhnen.
615    Diesen traf am Gurte der Telamonier Ajas,
Daß ihm tief in den Bauch eindrang die ragende Lanze;
Dumpf hinkracht' er im Fall. Da naht' ihm der leuchtende                   Ajas,
Rasch die Wehr zu entziehn; doch es schütteten Speere die               Troer,
Blinkend und scharfgespitzt, und den Schild umstarreten                   viele.
620   Jetzo den Fuß anstemmend, die eherne Lanz' aus dem                       Leichnam
Zog er heraus; doch nicht vermocht' er die prangende                         Rüstung
Auch von der Schulter zu nehmen; denn dicht umstürmte                 Geschoß ihn.
Furcht nun gebot der mächtige Kreis hochherziger Troer,
Welche viel und tapfer ihm droheten, Speere bewegend;
625   Welche, wie groß der Held, wie gewaltig er war, und wie                   ruhmvoll,
Dennoch zurück ihn drängten; er wich voll jäher Bestürzung.

So arbeiteten jen' im Ungestüme der Feldschlacht.
Aber den Herakleiden Tlepolemos, groß und gewaltig,
Trieb auf Sarpedon daher, den göttlichen, böses Verhängnis.

630   Als sie nunmehr sich genaht, die Eilenden gegeneinander,
Sohn zugleich und Enkel des schwarzumwölkten Kronion;
Jetzo hub Tlepolemos an, und redete also:

Herrscher des Lykiervolks Sarpedon, rede, was zwang dich,
Hier in Angst zu vergehn, ein Mann unkundig des Streites?

635   Unwahr preisen sie dich ein Geschlecht des Ägiserschüttrers
Zeus, denn sehr gebricht dir die Heldentugend der Männer,
Welche von Zeus abstammten in vorigen                                               Menschengeschlechtern!
Welch ein anderer war die hohe Kraft Herakles,
Wie man erzählt, mein Vater, der trotzende, löwenbeherzte:
640   Welcher auch hieher kam, Laomedons Rosse zu fodern,
Von sechs Schiffen allein und wenigem Volke begleitet,
Aber die Stadt verödet, und leer die Gassen zurückließ!
Du bist feig im Herzen, und führst hinsterbende Völker;
Und nicht wirst du den Troern, so scheinet es, Hilfe                             gewähren,
645   Kommend aus Lykiens Flur, auch nicht wenn du tapferer                     wärest,
ondern von mir bezwungen zu Aïdes Pforten hinabgehn!

Drauf begann Sarpedon, der Lykier Fürst, ihm erwidernd:
Zwar, Tlepolemos, jener verwüstete Ilios Feste,
Um des erhabenen Helden Laomedons frevelnde Torheit,

650   Weil er für Wohltat ihn mit heftiger Rede bedrohend,
Nicht die Rosse verliehn, weshalb er ferne gekommen.
Doch dir meld' ich allhier den Tod und das schwarze                           Verhängnis,
Durch mich selbst dir bestimmt; von meiner Lanze                               gebändigt,
Gibst du mir Ruhm, und die Seele dem Sporner der Gaul'                     Aïdoneus.

655     Also sprach Sarpedon; und hoch mit eschenem Wurfspieß
Drohte Tlepolemos her, und zugleich entstürmeten beider
Lange Geschosse der Hand. Es traf dem Gegner Sarpedon
Grad' in den Hals, daß hinten die Spitz' ihm schrecklich                       hervordrang;
Schnell umhüllt' ihm die Augen ein mitternächtliches Dunkel.

660   Aber Tlepolemos traf den linken Schenkel Sarpedons
Mit dem gewaltigen Speer; und hindurch flog strebend die                 Spitze,
Bis an den Knochen gedrängt; nur den Tod noch hemmte der           Vater.

Jetzo den göttlichen Held Sarpedon führeten liebend
Edle Freund' aus dem Kampf, doch die ragende Lanze                         beschwert' ihn,

665   Nachgeschleift; denn keiner bemerkte sie, oder besann sich,
Daß er dem Schenkel entzöge den Wurfspieß, leichter zu                   wandeln,
Unter der Hast; so in Eil' arbeiteten seine Besorger.

Your Gateway to High-Quality MP3, FLAC and Lyrics
DownloadMP3FLAC.com