Ilias - Kapitel 47 by Homer
Ilias - Kapitel 47 by Homer

Ilias - Kapitel 47

Homer * Track #47 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Ilias - Kapitel 47 by Homer

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Homer

Ilias - Kapitel 47 Annotated

Also fleht' er empor; da donnerte Zeus Kronion
Laut, das Gebet erhörend des neleiadischen Greises.

Trojas Söhn', als sie hörten des Ägiserschütterers Ratschluß,

380   Drangen gestärkt in der Danaer Volk, und entbrannten vor                 treitlust.
Wie die gewaltige Woge des weitdurchwanderten Meeres
Über den Bord des Schiffes hinabstürzt, wann sie verfolget
Wut des Orkans, wie am höchsten die brandende Flut sie                   emportürmt:
So dort stürzten die Troer mit lautem Geschrei von der                       Mauer,
385   Lenkten die Rosse hinein, und mit zwiefach schneidenden                 Lanzen
Kämpften vermischt um die Steuer die Nahenden: jene vom             Wagen,
Diese hoch vom Verdeck, die dunkelen Schiffe besteigend,
Mit langragenden Stangen, die dort auf den Schiffen zum                   Meerkampf
Lagen, zusammengefügt, und vorn mit Erze gerüstet.

390        Aber der Held Patroklos, indes die Achaier und Troer
Noch die Mauer umkämpften, getrennt von den rüstigen                   Schiffen,
Saß noch stets in des edlen Eurypylos schönem Gezelte,
Ihn mit Worten erfreuend, und fügt' auf die schmerzende                   Wund' ihm
Lindernde Heilungssäfte, die dunkele Qual zu bezähmen.

395   Aber sobald zur Mauer mit Macht anrennen er hörte
Trojas Söhn', und erscholl der Danaer Angst und Getümmel;
Laut wehklagt' er nunmehr, und beide Hüften sich schlagend
Mit gebreiteten Händen, erhub er die jammernde Stimme:

Nein, ich kann nicht länger, Eurypylos, darfst du auch                       meiner,

400   Hier verweilen bei dir; zu laut schon erhebt sich der Aufruhr!
Drum dein Waffengenoß vergnüge dich; aber ich selber
Eile zu Peleus' Sohn, ihn aufzuregen zur Feldschlacht.
Denn wer weiß, ob vielleicht durch göttliche Hilf' ihn                           beweget
Mein Zuspruch! Gut immer ist redliche Warnung des                         Freundes.

405      Dieses gesagt, enttrugen die Schenkel ihn. Dort die Achaier,
Fest vor der Troer Gewalt bestanden sie; doch sie                               vermochten
Nicht, die wenigern zwar, hinweg von den Schiffen zu                         drängen.
Nicht auch vermochten die Troer, der Danaer dichte                           Geschwader
Trennend hindurchzubrechen in Ruderschiff' und Gezelte.

410    Sondern gleich, wie die Schnur abmißt den Balken des                       Schiffes
Unter des Zimmerers Hand, des erfahrenen, welcher die                     Weisheit
Aller Kunst durchdachte, gelehrt von Pallas Athene:
Also stand gleichschwebend die Schlacht der kämpfenden                 Völker;
Ringsher kämpften sie Kampf um die Meerschiff, andre bei               andern.

415        Hektor erschien nun Ajas, dem Ruhmverklärten,                               begegnend.
Beid' um eines der Schiff' arbeiteten; aber nicht konnte,
Weder er ihn austreiben, und Glut in den Schiffen                                 entflammen,
Noch ihn jener verdrängen, nachdem ihn genähert ein                         Dämon.
Ajas der Held schoß jetzo des Klytios' Sohne Kaletor

420   Seinen Speer in die Brust, da er Glut zum Schiffe dahertrug.
Dumpf hinkracht' er im Fall, und der Brand entstürzte der                   Rechten.
Aber wie Hektor ersah, daß ihm sein tapferer Vetter
Hingestürzt in den Staub, am dunkelen Schiffe des Meeres;
Rief er den Troern zugleich und Lykiern, laut ermahnend:

425        Troer, und Lykier ihr, und Dardaner, Kämpfer der Nähe!
Nimmermehr doch entweichet des Kampfs graunvollem                   Gedräng' hier;
Sondern errettet den Sohn des Klytios, daß die Achaier
Nicht ihm die Wehr abziehn, der im Kreis der Schiffe                           dahinsank.

Jener sprach's, und dem Ajas entsandt' er die blinkende                   Lanze.

430   Zwar ihn selbst verfehlt' er; doch Mastors Sohne Lykophron,
Ajas' Genossen im Streit, dem Kytherier, welcher bei jenem
Wohnete, seit er um Mord wegfloh aus der edlen Kythera:
Diesem traf er ins Haupt mit dem Wurfspieß über dem Ohre,
Dicht wie an Ajas er stand; und rücklings herab auf die Erde
435   Sank er vom Hinterverdeck in den Staub; ihm erschlafften die           Glieder.
Starrend schaut' ihn Ajas, und sprach, zum Bruder gewendet:

Teukros, o Trautester, sieh, uns sank ein treuer Gefährte,
Mastors Sohn, den wir beide, seitdem von Kythera er ankam,
Wert wie Vater und Mutter in unserem Hause geachtet!

440   Ihn schlug Hektor anitzt, der Gewaltige! Wo die                                   geschwinden
Todesgeschoss' und der Bogen, den dir geschenket Apollon?

Jener sprach's; doch der Bruder vernahm's, und naht' ihm in           Eile,
Haltend zugleich in der Hand das schnellende Horn, und den             Köcher,
Pfeilevoll; und schleunig entsandt' er Geschosse den Troern.

445   Kleitos zuerst nun traf er, den blühenden Sohn Peisenors,
Und des Polydamas' Freund, des gefeierten Panthoiden,
Welchem die Zügel er lenkt': itzt tummelt' er mühsam die                 Rosse,
Lenkend dahin, wo vor allen am dichtesten tobten die                         Schlachtreihn,
Hektorn und den Troern gefällig zu sein: doch sofort ihm
450   Nahte das Weh, dem ihn keiner entriß der strebenden                       Freunde.
Denn ihm traf von hinten der schmerzende Pfeil in den                       Nacken;
Und er entsank dem Geschirr, und zurück ihm zuckten die                 Rosse,
Leer das Geschirr hinrasselnd. Polydamas aber erkannt' es
Schnell, und eilte zuerst den flüchtigen Rossen entgegen.
455   Diese gab er Astynoos drauf, dem Sohn Protiaons,
Welchen er sehr anmahnte, die Ross' ihm nahe zu halten,
Schauend auf ihn; dann eilt' er, und drang in das                                   Vordergetümmel.

Teukros, ein andres Geschoß auf den schimmernden                      Hektor ergreifend,
Zielt'; und er hätte gehemmt den Kampf bei den Schiffen                   Achaias,

460   Hätt' er den tapfersten Held mit treffendem Pfeile getötet.
Doch nicht seiner vergaß der waltende Zeus; er beschirmte
Hektor, und raubte den Ruhm dem Telamonier Teukros.
Siehe, die schöngeflochtene Schnur des untadligen Bogens
Brach er im Anziehn schnell; und seitwärts flog ihm verirrend
465   Sein erzschweres Geschoß, und der Bogen entsank aus der               Linken.
Starrend schaut' es Teukros, und sprach, zum Bruder                           gewendet:

Wehe mir! traun es vereitelt ein Gott uns jeglichen Vorsatz
Unseres Kampfs, der den Bogen aus meiner Hand mir                         hinwegschlug,
Und mir die Senne zerriß, die neugeflochten ich umband

470   Heute früh, zu erdulden auch viel' abspringende Pfeile.

Ihm antwortete drauf der Telamonier Ajas:
Trautester, laß den Bogen doch nur und die häufigen Pfeile
Ruhn, nachdem ihn zernichtet ein Gott, der die Danaer                       neidet.
Jetzt in der Hand den ragenden Speer und den Schild auf der             Schulter

475   Kämpfe mit Trojas Volk, und ermahn' auch andere Scharen:
Daß nicht arbeitlos, und siegten sie gleich, sie erobern
Unsre gebordeten Schiffe! Wohlauf, und gedenke der                         Streitlust!

Jener sprach's; und den Bogen verwahrete Teukros im                   Zelte;
Warf alsdann um die Schulter die Last des vierfachen                         Schildes;

480   Auch das gewaltige Haupt mit stattlichem Helme bedeckt'               er,
Von Roßhaaren umwallt; und fürchterlich winkte der                           Helmbusch;
Nahm auch die mächtige Lanze, gespitzt mit der Schärfe des             Erzes;
Lief dann zurück, und stellt' in Eile sich neben den Bruder.

Hektor, sobald er gesehn, daß Teukros' Bogen zerstört war,

485   Rief er den Troern zugleich und Lykiern, laut ermahnend:
Troer, und Lykier ihr, und Dardaner, Kämpfer der Nähe!
Seid nun Männer, o Freund', und gedenkt des stürmenden                 Mutes
Um die gebogenen Schiffe! Denn schon mit den Augen ersah           ich
Einem tapferen Manne zerstört das Geschoß von Kronion.

490   Leicht ja erkannt wird Zeus' obwaltender Schutz von den                   Menschen,
Jenen sowohl, die er hoch mit glänzendem Ruhme                               verherrlicht,
Als die er niederbeugt, und nicht zu verteidigen achtet:
Wie nun Argos' Völker er schwächt, uns aber beschirmt.
Auf, zum Kampf um die Schiffe mit Heerskraft! Welcher von             euch nun
495   Tod und Schicksal erreicht, mit Wurf und Stoße verwundet,
Sterbe! Nicht ruhmlos ist's, für des Vaterlandes Errettung
Sterben: in Wohlfahrt läßt er die Gattin zurück und die                       Kinder,
Und sein Haus und Erb' unbeschädiget, wann die Achaier
Heimgekehrt in den Schiffen zum lieben Lande der Väter!

500       Jener sprach's, und erregte zu Mut und Stärke die Männer.
Ajas indes auch drüben ermunterte seine Genossen:

Schande doch, Argos' Volk! Nun gilt's, entweder zu sterben,
Oder uns Heil zu schaffen, und unseren Schiffen Errettung!
Hofft ihr vielleicht, wenn die Schiffe gewinnt der gewaltige                 Hektor,

505   Daß dann jeder zu Fuß heimkehr' in der Väter Gefilde?
Höret ihr nicht, wie laut er die feindlichen Scharen ermuntert,
Hektor, der schon die Schiffe mit Glut zu verbrennen                           daherstürmt?
Nicht zum Tanze fürwahr ermahnt er sie, sondern zum                       Kampfe!
Uns erscheint nun nirgend ein besserer Rat und Entschluß                 mehr,
510    Als hinein in den Feind mit gewaffneter Hand uns zu stürzen!
Besser, die Wahl des Todes beschleunigen, oder des Lebens,
Als so lang' hinschmachten in schreckenvoller Entscheidung,
So umsonst bei den Schiffen, vertilgt von schlechteren                       Männern!

Jener sprach's, und erregte zu Mut und Stärke die Männer.

515    Hektor erschlug den Schedios nun, den Sohn Perimedes',
Der den Phokäern gebot; doch Ajas streckte des Fußvolks
Führer Laodamas hin, den glänzenden Sohn Antenors.
Auch Polydamas nahm dem Kyllenier Otos die Rüstung,
Welcher, des Meges Genoß, vorging den stolzen Epeiern.
520   Rächend flog der Phyleide daher; doch Polydamas wich ihm
Seitwärts aus; ihn selbst nun verfehlet' er, weil ihm Apollon
Weigerte, Panthoos' Sohn im Vorderkampf zu bezwingen;
Aber dem Krösmos rannt' er gerad' in den Busen die Lanze;
Dumpf hinkracht' er im Fall, und jener entzog ihm die                         Rüstung.
525   Gegen ihn flog nun Dolops daher, wohlkundig der Lanze,
Lampos' Sohn, den Lampos, der tapferste Kämpfer,                              gezeuget,
Er Laomedons Sohn, den kundigen Stürmer der Feldschlacht:
Dieser durchstach dem Phyleiden die Mitte des Schilds mit               der Lanze,
Nahe daher sich stürzend; allein ihn schirmte der Panzer,
530   Dicht und stark mit Gelenken befestiget: welchen noch                       Phyleus
Mit aus Ephyra brachte, vom heiligen Strom Selleïs;
Denn sein Gastfreund schenkt' ihm, der Völkerfürst                             Euphetes,
Solchen im Streit zu tragen, zur Abwehr feindlicher Männer:
Der ihm auch jetzt vom Leibe des Sohns abhielt das                             Verderben.
535    Ihm nun traf der Phyleide des schweifumflatterten Helmes
Oberste Wölbung von Erz mit dem Stoß der spitzigen Lanze;
Daß der gemähnete Busch ihm abbrach, ganz dann zur Erde
Niedersank in den Staub, noch neu gerötet von Purpur.
Während er ihn noch kämpfend bestand, und hoffte den                     Siegsruhm;
540   Kam ihm ein Helfer daher, der streitbare Held Menelaos.
Seitwärts trat er geheim mit dem Speer, und die Schulter von           hinten
Warf er, daß vorne die Brust das stürmende Erz ihm                           durchbohrte,
Ungestüm vorstrebend; da taumelt' er nieder aufs Antlitz.
Beide nun sprangen hinzu, die eherne Wehr von den                           Schultern
545   Abzuziehn. Doch Hektor gebot den Verwandten und Brüdern
Allen umher; vor allen den edlen Sohn Hiketaons
Straft' er, den Held Melanippos: der einst schwerwandelnde             Rinder
In Perkote geweidet, da fern noch waren die Feinde;
Aber nachdem die Achaier in Ruderschiffen gelandet,
550   Kam er gen Ilios wieder, und ragete hoch vor den Troern;
Auch bei Priamos wohnt' er, der gleich ihn ehrte den Söhnen.
Diesen straft' itzt Hektor, und laut ausrufend begann er:

Also jetzt, Melanippos, versäumen wir? Wendet auch dir               nicht
Mildes Erbarmen das Herz, da tot dein Retter dahinsank?

555   Siehst du nicht, wie sehr sie um Dolops Rüstung sich                           abmühn?
Folge mir! Jetzo gilt's, nicht fern von den Söhnen Achaias
Kämpfend zu stehn! Entweder wir morden sie, oder vom                   Gipfel
Stürzen sie Ilios Feste herab, und ermorden die Bürger!

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