Ilias - Kapitel 54 by Homer
Ilias - Kapitel 54 by Homer

Ilias - Kapitel 54

Homer * Track #54 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Ilias - Kapitel 54 by Homer

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Homer

Ilias - Kapitel 54 Annotated

Dieses gesagt, ermahnt' er mit lautem Rufe die Troer:
Troer, und Lykier ihr, und Dardaner, Kämpfer der Nähe,
185    Seid nun Männer, o Freund', und gedenkt des stürmenden                 Mutes;
Bis ich selbst in Achilleus' des Göttlichen Waffen mich hülle,
Köstliche, die von Patroklos' vertilgeter Kraft ich erbeutet.

Also rief und enteilte der helmumflatterte Hektor
Aus der erbitterten Schlacht, und erreicht' im Lauf die                         Genossen

190    Bald, nicht ferne davon, mit hurtigen Füßen verfolgend,
Welche zur Stadt hintrugen Achilleus' prangende Rüstung.
Jetzo gewandt vom Jammer der Feldschlacht, tauscht' er die             Waffen;
Gab dann seine zu tragen in Ilios' heilige Feste
Trojas kriegrischen Söhnen, und zog die unsterbliche Wehr               an,
195    Sein des Peleiden Achilleus, die göttliche Uranionen
Peleus dem Vater geschenkt; der reichte sie wieder dem                   Sohne,
Altend; doch nicht der Sohn ward alt in den Waffen des                     Vaters.

Als so entfernt ihn sahe der Herrscher im Donnergewölk               Zeus,
Wie er Achilleus' Waffen, des Göttergleichen, sich anzog;

200   Ernst bewegt' er das Haupt, und sprach in der Tiefe des                     Herzens:

Armer, ach! kein Todesgedank' umschwebt dir die Seele;
Und schon nahet er dir! Du zeuchst die unsterbliche Wehr                 an,
Sein des erhabenen Mannes, vor dem auch andere zittern!
Ihm den Genossen erschlugst du, so sanftgesinnt, und so                   tapfer;

205   Auch die Wehr, nicht der Ordnung gemäß, vom Haupt ihm               und Schultern
Raubtest du! Dennoch will ich dir jetzt Siegsehre verleihen,
Des zum Vergelt, weil nicht dir Kehrenden aus dem Gefechte
Grüßend Andromache löst die gepriesene Wehr des                           Achilleus!

Also sprach, und winkte mit schwärzlichen Brauen Kronion.

210    Hektors Leib umschlossen die Rüstungen; stürmend                           durchdrang ihn
Ares' kriegrischer Geist, und innerlich strotzten die Glieder
Ihm voll Kraft und Gewalt. Zu den rühmlichen                                       Bundesgenossen
Ging er mit lautem Geschrei; und allen nun schien er                           vergleichbar,
Leuchtend im Waffenschmuck, dem erhabenen Peleionen.
215    Rings das Gedräng' umwandelnd, ermuntert' er jeden mit                  Worten:
Mesthles dort, und Glaukos, Thersilochos auch, und Medon,
Auch Deisenor, Hippothoos auch, und Asteropäos,
Chromios auch, und Phorkys, und Eunomos, kundig der                     Vögel;
Alle sie trieb er zum Kampf, und sprach die geflügelten                       Worte:
220   Hört, unzählbare Stämm' umwohnender Bundesgenossen!
Nicht weil Menge des Volks ich verlangete, oder entbehrte,
Hab' ich rings euch daher aus eueren Städten versammelt;
Nein, daß Trojas Weiber und noch unmündige Kinder
Freudiges Muts ihr schirmtet vor Argos' kriegrischen Völkern.
225   Also gesinnt, erschöpf' ich durch Kriegessteuer und Speise
Unser Volk, und streb' euch allen das Herz zu ermuntern.
Drum nun grade hinein euch gewandt, und entweder                         gestorben,
Oder Heil euch erkämpft! denn das ist der Wandel des                       Krieges!
Doch wer mir Patroklos, auch nur den Erschlagenen, jetzo
230   Her zu Trojas Reisigen zieht, und Ajas zurückdrängt;
Dem erteil' ich die Hälfte der Beut', und die Hälfte behalt' ich
Selbst mir: dann ist der Ruhm ihm verherrlichet, gleichwie                 der meine.

Jener sprach's; und gerad' in die Danaer drangen sie                           machtvoll,
Alle die Lanzen erhöht, und getrost im Herzen von Hoffnung,

235    Herzuziehn den Toten vom Telamonier Ajas:
Törichte! Vielen umher auf dem Leichnam raubt' er das                     Leben.
Jetzo wandte sich Ajas zum Rufer im Streit Menelaos:

Trautester, o Menelaos, du Göttlicher! nimmer, erwart' ich,
Freuen wir noch uns selber der Heimkehr aus dem Gefechte!

240   Nicht so sehr noch sorg' ich um unseren toten Patroklos,
Der bald sättigen muß der Troer Hund' und Gevögel;
Als um mein eigenes Haupt ich besorgt bin, was es betreffe,
Und um deins! da des Krieges Gewölk rings alles umdunkelt,
Hektor; und uns mit Schrecken erscheint das nahe                               Verderben!
245   Auf denn, und rufe den Helden der Danaer, ob man es höre.

Sprach's; und willig gehorchte der Rufer im Streit                            Menelaos;
Laut erscholl sein durchdringender Ruf in das Heer der                       Achaier:

Freunde, des Volks von Argos erhabene Fürsten und                      Pfleger,
Die ihr um Atreus' Söhn' Agamemnon und Menelaos

250   Trinkt vom Weine des Volks, und Gebot austeilet, ein jeder
Seiner Schar; da Zeus ihn mit Ruhm und Ehre verherrlicht!
Doch mir ist's unmöglich herauszuspähen die Führer
Jeden im Volk; zu heftig entbrannt ist die Flamme des                         Krieges!
Komme denn jeder von selbst, und fühle die Schmach in der             Seele,
255   Daß Patroklos liege, den troischen Hunden ein Labsal!

Jener sprach's; wohl hört' ihn der schnelle Sohn des Oileus.
Dieser zuerst nun nahte, die Schlacht in Eile durchrennend;
Dann Idomeneus selbst, und Idomeneus' Kriegsgenoß auch,
Held Meriones, gleich dem männermordenden Ares.

260   Doch der anderen Namen wer könnt' im Geiste sie nennen,
Alle die jetzt nachfolgend die Schlacht der Achaier                               erweckten.

Vor nun drangen die Troer mit Heerskraft, folgend dem                 Hektor.
Wie wenn laut an der Mündung des himmelentsprossenen               Stromes
Braust die gewaltige Flut, die heranwogt; rings dann die                     äußern

265   Felsengestad' auftosen, mit weithin spritzendem                                 Salzschaum:
Solch ein Getön der Troer erscholl nun. Doch die Achaier
Standen fest um Menötios' Sohn, einmütiges Herzens;
Und erzstarrende Schild' umzäunten sie. Ihnen umher nun
Über die leuchtenden Helme verbreitete nächtliches Dunkel
270   Zeus: nie hatt' er zuvor Menötios' Sohn ja gehasset,
Weil er lebt', ein Genoß des äakidischen Renners;
Auch ein Greuel ihm war's, daß troischen Hunden zum                       Raube
Läge der Held; drum ihm zur Verteidigung sandt' er die                       Freunde.

Trojas' Söhn' itzt drängten die freudigen Krieger Achaias,

275    Daß von der Leiche hinweg sie entzitterten; aber auch keinen
Mordet' ein Speer der Troer, wie heftiges Muts sie auch                     strebten.
Doch sie zogen den Toten, allein nur wenig entfernt ihm
Sollten die Danaer sein; denn sogleich hatt' alle gewendet
Ajas, der hoch an Gestalt, und hoch an Taten hervorschien
280   Rings im Danaervolk, nach dem tadellosen Achilleus.
Grad' andrang er durchs Vordergefecht, wie ein trotzender               Eber
Einbricht, der im Gebirge die Hund' und die rüstigen Jäger
Leicht auseinander zerstreut, durch die waldigen Tale sich                 wendend:
So des herrlichen Telamons Sohn, der strahlende Ajas,
285   Leicht, hinein sich stürzend, zerstreut' er der Troer                               Geschwader,
Welche rings Patroklos umwandelten, gieriges Herzens,
Ihn zur eigenen Feste zu ziehn, und Ruhm zu gewinnen.

Siehe Hippothoos nun, der Sohn des pelasgischen Lethos,
Zog am Fuß ihn hinweg durch schreckliches                                         Waffengetümmel;

290   Denn er umband mit dem Riemen die Sehnen ihm unten am             Knöchel,
Hektorn und den Troern gefällig zu sein; doch sofort ihm
Nahte das Weh, dem ihn keiner entriß der strebenden                       Freunde.
Denn der Telamonide, dahergestürmt durch den Aufruhr,
Schlug ihm nahe den Speer durch des Helms erzwangige                   Kuppel;
295   Und es zerbarst der umflatterte Helm um die Schärfe des                   Speeres,
Durchgehaun von der mächtigen Lanz' und der nervichten                 Rechte;
Und das Gehirn entspritzt' an der Röhre des Speers aus der               Wunde
Blutig hervor: schnell lösten die Kräfte sich; und aus den                     Händen
Ließ er Patroklos' Fuß des Hochgesinnten zur Erd' hin
300   Sinken; und nah ihm sank er auch selbst vorwärts auf den                 Leichnam,
Weit entfernt von Larissa, der scholligen; aber den Eltern
Lohnet' er nicht die Pflege; denn kurz nur blühte das Leben
Ihm, da vor Ajas Speer, des mutigen Helden, er hinsank.
Hektor zielt' auf Ajas, und warf die blinkende Lanze.
305   Zwar er selbst vorschauend vermied den ehernen                               Wurfspieß,
Kaum; doch Schedios traf er, den Iphitos' Stärke gezeuget,
Ihn des phokäischen Volkes Gewaltigsten, der in der edlen
Panopeus' Häuser bewohnt', und viel der Männer                                 beherrschte:
Mitten am Schlüsselbein erzielt' er ihn, daß ihn                                     durchbohrend
310    Scharf die eherne Spitz' an der oberen Schulter hervordrang;
Dumpf hinkracht' er im Fall, und es rasselten um ihn die                     Waffen.
Ajas genaht dem Phorkys, dem feurigen Sohne des Phänops,
Der um Hippothoos kämpfte, durchstieß ihm den wölbenden           Panzer,
Mitten am Bauch, daß schmetternd ins Eingeweid' ihm die                 Spitze
315    Taucht'; und er sank in den Staub, mit der Hand den Boden                 ergreifend.
Rückwärts wichen die ersten des Kampfs, und der strahlende           Hektor.
Doch laut schrien die Danaer auf, und entzogen die Toten,
Phorkys zugleich und den edlen Hippothoos, raubten die                   Wehr dann.

Bald nun wären die Troer vor Argos' kriegrischen Söhnen

320   Ilios zugeflohn, durch Ohnmacht alle gebändigt;
Und Ruhm hätten gewonnen die Danaer, gegen das                             Schicksal
Zeus, durch eigene Kraft und Gewalt. Doch selber Apollon
Trieb Äneias zum Kampf, dem Periphas ähnlich erscheinend,
Epytos' Sohn, dem Herold, der ihm bei dem grauenden Vater
325   Dienend dem Alter genaht, getreu und redliches Herzens:
Dessen Gestalt nachahmend, begann der Herrscher Apollon:

O wie rettetet ihr, Äneias, gegen die Götter
Ilios hohe Burg? wie ich andere Männer gesehen,
Ihrer Kraft und Gewalt und männlichem Mute vertrauend,

330   Und zahllosem Gefolge der furchtverachtenden Völker!
Uns gewähret ja Zeus weit günstiger, als den Achaiern,
Siegesruhm; doch ihr selber entbebt scheu, ohne zu                           kämpfen!

Sprach's; und Äneias erkannte den treffenden Phöbos                     Apollon,
Schauend sein Angesicht, und sprach lautrufend zu Hektor:

335        Hektor, und ihr der Troer Gewaltige, und der Genossen,
Schande doch wäre das nun, vor Argos' kriegrischen Söhnen
Ilios zuzufliehn, durch Ohnmacht alle gebändigt!
Aber mir sagt auch zugleich ein Unsterblicher, neben mir                   stehend,
Zeus der Herrscher der Welt sei unser Schirm in der                           Feldschlacht!

340   Drum gradan in der Danaer Heer! nicht müssen sie ruhig
Dort den Schiffen sich nahn mit dem Leichnam ihres                           Patroklos!

Sprach's; und weit vorspringend den vordersten, stand er               zum Kampfe.
Jene nun wandten die Stirn', und begegneten kühn den                       Achaiern.
Doch Äneias durchstach den Leiokritos dort mit der Lanze,

345   Ihn des Arisbas' Sohn, Lykomedes' edlen Genossen.
Seinen Fall betraurte der streitbare Held Lykomedes;
Nah ihm trat er hinan, und schoß die blinkende Lanze;
Sieh und Hippasos' Sohne, dem Hirten des Volks Apisaon,
Fuhr in die Leber das Erz, und löst' ihm die strebenden Kniee:
350   Der aus Päonia kam, dem Land' hochscholliger Äcker,
Und nach Asteropäos der Tapferste kämpft' in der                               Heerschar.
Seinen Fall betraurte der kriegrische Asteropäos;
Gradan drang nun auch dieser zum Kampf mit den Söhnen               Achaias;
Aber umsonst: denn rings mit geschlossenen Schilden                       umzäunet,
355   Standen sie all' um Patroklos, gestreckt die ragenden Lanzen.
Ajas stets geschäftig umeilte sie, vieles ermahnend:
Weder zurück von dem Toten verstattet' er einem zu                         & weichen,
Weder hervorzudringen zum Kampf vor den andern                           Achaiern;
Sondern dicht zu umwandeln die Leich', und nahe zu                           kämpfen.
360   Also gebot dort Ajas, der Mächtige; ringsum gerötet
Floß die Erde von Blut, und es taumelten übereinander
Tote zugleich der Troer und mutigen Bundesgenossen,
Danaer auch; nicht gingen sie ohne Blut aus dem Kampfe;
Doch viel weniger sanken sie hin: denn sie dachten                             beständig,
365   Sich im Gedräng' einander den schrecklichen Mord zu                         entfernen.

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