Ilias - Kapitel 33 by Homer
Ilias - Kapitel 33 by Homer

Ilias - Kapitel 33

Homer * Track #33 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Ilias - Kapitel 33 by Homer

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Homer

Ilias - Kapitel 33 Annotated

Sagt mir anitzt, ihr Musen, olympische Höhen bewohnend:
Welcher kam zuerst Agamemnons Händen entgegen,
220   Unter den Troern selbst, und den rühmlichen                                         Bundesgenossen?

Erst Antenors Sohn Iphidamas, groß und gewaltig,
Aufgenährt in Thraka, der scholligen Mutter der Schafe.
Kisseus der Ahn' erzog ihn als Kind in seinem Palaste,
Welcher Theano gezeugt, Iphidamas' rosige Mutter.

225    Aber nachdem er das Ziel der rühmlichen Jugend erreichet,
Jetzo behielt ihn der Ahn', und gab ihm die blühende                           Tochter.
Neuvermählt dann folgt' er dem großen Ruf der Achaier
Aus dem Gemach, mit zwölf schönprangenden Schiffen des             Meeres;
Ließ darauf in Perkope zurück die schwebenden Schiffe,
230   Aber zu Fuß hinwandelnd erreicht' er Ilios' Mauern.
Dieser begegnete jetzt des Atreus' Sohn' Agamemnon.
Als nunmehr sich genaht die Eilenden gegeneinander,
Jetzo verfehlt' Agamemnon, und seitwärts flog ihm die                       Lanze.
Aber Iphidamas stieß auf den Gurt ihm, unter dem Panzer,
235   Kraftvoll, drängte dann nach, der nervichten Rechte                             vertrauend.
Dennoch nicht durchbohrt' er den schöngetriebenen Gürtel;
Sondern vom Silber gehemmt, verbog wie Blei sich die                       Spitze.
Schleunig ergriff die Lanze der herrschende Held                                 Agamemnon,
Zog sie heran, mit Gewalt, wie ein Berglöw', und aus der                     Hand ihm
240   Riß er sie; schwang in den Nacken das Schwert, und löst'                   ihm die Glieder.
Also sank er daselbst, und schlief den ehernen Schlummer,
Mitleidswert, von der Gattin getrennt, für die Seinigen                         kämpfend,
Ihr, die jugendlich nicht ihm belohnt die großen Geschenke:
Hundert Rinder schenkt' er zuerst, und gelobte dem                             Schwäher
245   Tausend Ziegen und Schaf' aus seinen unzähligen Herden.
Ihn entwaffnete jetzt des Atreus' Sohn Agamemnon,
Trug dann einher durch der Danaer Reihn die prangende                     Rüstung.

Aber da jetzt ihn Koon ersah, der gepriesenste Kämpfer,
Er Antenors älterer Sohn; da umhüllt' ihm die Augen

250   Überschwenglicher Gram um den hingesunkenen Bruder.
Seitwärts genaht mit dem Speer, und unbemerkt                                 Agamemnon,
Stach er ihm in die Mitte des Arms, dicht unter der Beugung,
Daß ihm grade durchdrang die schimmernde Spitze der                     Erzes.
Schauer ergriff nun plötzlich den herrschenden Held                           Agamemnon;
255   Dennoch rastet' er nicht vom Kampf und                                               Schlachtengetümmel,
Sondern er stürzt' auf Koon mit sturmgenähreter Lanze.
Jener zog den Iphidamas nun, den leiblichen Bruder,
Eifrig am Fuße gefaßt, und rief den Tapfersten allen.
Doch wie er zog im Gedränge, verwundet ihn unter dem                     Schilde
260   Jener mit erzgerüstetem Schaft, und löst' ihm die Glieder;
Hieb dann über dem Bruder das Haupt von der Schulter ihm             nahend.
So vom Atreiden besiegt dem Könige, fanden Antenors
Beide Söhn' ihr Verhängnis, und sanken in Aïdes' Wohnung.

Aber jener durchflog noch andere Scharen der Männer,

265   Mordend mit Lanz' und Schwert und gewaltigen Steinen des             Feldes,
Weil ihm das Blut noch warm aus offener Wund'                                 hervordrang.
Aber sobald ihm stockte das Blut in erharschender Wunde,
Heftiger Schmerz nun faßte den Heldenmut Agamemnons.
Wie der Gebärerin Seele der Pfeil des Schmerzes                                 durchdringet,
270   Herb und scharf, den gesandt hartringende Eileithyen,
Sie der Here Töchter, von bitteren Wehen begleitet:
Also faßte der Schmerz den Heldenmut Agamemnons.
Und er sprang in den Sessel, dem Wagenlenker gebietend,
Schnell zu den Schiffen zu kehren; denn unmutsvoll war das             Herz ihm.
275   Laut nun scholl sein durchdringender Ruf in das Heer der                   Achaier:

Freunde, des Volks von Argos erhabene Fürsten und                       Pfleger,
Ihr nun hemmt zurück von den meerdurchwandelnden                       Schiffen
Diesen entsetzlichen Streit, da mir Zeus' waltende Vorsicht
Nicht gewährt, die Troer den ganzen Tag zu bekämpfen!

280         Sprach's; da geißelte jener die schöngemähneten Rosse
Hin zu den räumigen Schiffen; und nicht unwillig entflohn                   sie.
Beide mit schäumender Brust, und besprengt von unten mit             Staube,
Trugen sie fern aus der Schlacht den qualenduldenden                       König.

Aber wie Hektor ersah, daß Atreus' Sohn sich entfernte,

285   Rief er den Troern zugleich und Lykiern, laut ermahnend:

Troer und Lykier ihr, und Dardaner, Kämpfer der Nähe,
Seid nun Männer, o Freund', und gedenkt des stürmenden                 Mutes!
Fern ist der tapferste Mann, und mir gibt herrlichen                             Siegsruhm
Zeus der Kronid'! Auf, grade gelenkt die stampfenden Rosse

290   Gegen der Danaer Helden, daß höheren Ruhm ihr gewinnet!

Jener sprach's, und erregte zu Mut und Stärke die Männer.
Wie wenn oft ein Jäger die Schar weißzahniger Hunde
Reizt auf den grimmigen Eber des Waldtals, oder den Löwen:
So auf die Danaer reizte die edelmütigen Troer

295   Hektor, Priamos' Sohn, dem mordenden Ares vergleichbar.
Selbst voll trotzendes Muts durchwandelt' er vorn das                       Getümmel,
Stürzte sich dann in die Schlacht, wie ein hochherbrausender           Sturmwind,
Der in gewaltigem Sturz die dunkelen Wogen empöret.

Welchen streckte zuerst, und welchen zuletzt in den Staub           hin

300   Hektor, Priamos' Sohn, da ihm Zeus Ehre verliehen?
Erst Assäos den Held, Autonoos dann, und Opites,
Dolops, Klytios' Sohn, und Opheltios, auch Agelaos,
Oros, Äsymnos sodann, und Hipponoos, freudig zur                           Feldschlacht.
Diese Gebieter entrafft' er den Danaern, würgte dann weiter
305   Unter dem Volk: wie der West auseinander wirrt die Gewölke
Vom blaßschauernden Süd, mit dichtem Sturm sie                               verdrängend;
Häufig wälzt hochbrandend die Woge sich, aber empor                     spritzt
Weißer Schaum, vor dem Stoße der vielfach zuckenden                     Windsbraut:
So rings stürzten vor Hektor bezwungene Häupter des                       Volkes.
310    Jetzt wär' entschieden der Kampf, und unheilbare Taten                     vollendet,
Und in die Schiffe gedrängt das fliehende Heer der Achaier;
Hätte nicht den Tydeiden ermahnt der Dulder Odysseus:

Tydeus' Sohn, wie vergessen wir doch des stürmenden                   Mutes?
Auf, tritt näher, mein Freund, steh' neben mir! Schande ja                   wär es,

315   Wenn er die Schiff' einnähme, der helmumflatterte Hektor!

Ihm antwortete drauf der starke Held Diomedes:
Gerne beharr' ich allhier, und dulde noch; aber nur wenig
Fruchtet unsere Kraft; denn der Herrscher im Donnergewölk             Zeus
Will die Troer mit Sieg verherrlichen, vor den Achaiern!

320        Sprach's, und warf Thymbräos vom Wagen herab auf die               Erde,
Links durchschmetternd die Brust mit dem Wurfspieß; aber               Odysseus
Traf den edlen Molion, des Königes Wagengenossen.
Jene ließen sie dort ausruhn von der kriegrischen Arbeit,
Drangen hinein ins Getümmel, und wüteten: wie wenn die                 Eber

325    Unter die Hunde der Jagd hochtrotzendes Mutes sich                         stürzen:
Also durchtobten den Feind die Gewendeten; und die                         Achaier
Freuten sich aufzuatmen, gescheucht von dem göttlichen                 Hektor.

Jetzt war erhascht ein Geschirr; zween tapferste Männer               des Volkes
Trug es, von Merops erzeugt dem Perkosier: welcher vor                   allen

330   Fernes Geschick wahrnahm, und nie den Söhnen verstattet,
Einzugehn in den Krieg, den verderblichen; aber sie hörten
Nicht sein Wort, denn sie führte des dunkelen Todes                           Verhängnis.
Diesen kann der Tydeide, der Schwinger des Speers                             Diomedes,
Raubete Geist und Leben, und trug die prangende Rüstung.
335   Doch des Hippodamas' Wehr und Hypeirochos nahm sich                 Odysseus.

Nun ließ schweben die Schlacht im Gleichgewichte                         Kronion,
Schauend von Idas Höhn; und sie würgten sich                                     untereinander.
Siehe den Päoniden Agastrophos traf Diomedes
Stoßend mit eherner Lanz' am Hüftbein; denn sein Gespann             war

340   Nicht ihm nah zu entfliehn; so groß war des Geistes                           Betörung!
Abwärts hielt der Genoß den Wagen ihm; aber er selber
Tobte zu Fuß durch das Vordergewühl, bis sein Leben dahin             war.

Doch wie sie Hektor ersah durch die Ordnungen, stürmt' er           auf jene
Her mit Geschrei; ihm folgten zugleich Heerscharen der                     Troer.

345   Ihn erblickt' aufschauend der Rufer im Streit Diomedes,
Wandte sich schnell, und begann zu Odysseus, der ihm                     genaht war:

Schau, dort wälzt das Verderben sich her, der gewaltige                 Hektor!
Aber wohlan, wir bleiben, und widerstehn unerschüttert!

Sprach's, und im Schwung' entsandt' er die                                       weithinschattende Lanze,

350   Traf, und verfehlete nicht, auf das Haupt dem Kommenden               zielend,
Oben die Kuppel des Helms; doch prallte das Erz von dem                 Erze,
Eh' es die schöne Haut ihm berührt; denn es wehrte der                     Helm ab,
Dreifach, länglich gespitzt, ihm geschenkt von Phöbos                       Apollon.
Hektor flog unermeßlich zurück, in die Scharen sich                             mischend;
355   Und er entsank hinkineend, und stemmte die nervichte                       Rechte
Gegen die Erd'; und die Augen umzog die finstere Nacht ihm.
Aber indes der Tydeide den Schwung der Lanze verfolgte,
Fern durch das Vordergewühl, wo sie nieder ihm schoß in                 den Boden;
Kehrete Hektors Geist, und schnell in den Sessel sich                           schwingend,
360   Jagt' er hinweg ins Gedräng', und vermied das schwarze                     Verhängnis.
Doch mit dem Speer nachstürmend, begann der Held                         Diomedes:

Wieder entrannst du dem Tode, du Hund! Schon nahte                   Verderben
Über dein Haupt; allein dich errettete Phöbos Apollon,
Den du gewiß anflehst, ins Geklirr der Geschosse dich                         wagend!

365   Doch bald mein' ich mit dir zu endigen, künftig begegnend,
Würdiget anders auch mich ein unsterblicher Gott zu                         begleiten!
Jetzo eil' ich umher zu den übrigen, wen ich erhasche!

Sprach's, und Päons Sohne, dem Tapferen, raubt' er die                   Rüstung.
Aber der Held Alexandros, der lockigen Helena Gatte,

370   Richtet' auf Tydeus' Sohn das Geschoß, den Hirten der                       Völker,
Hinter die Säule geschmiegt, auf dem männerbereiteten                     Grabmal
Ilos des Dardaniden, des vormals waltenden Greises.
Jener entriß dem starken Agastrophos eilend des Panzers
Künstlichen Schmuck von der Brust, und den mächtigen                     Schild von den Schultern
375   Samt dem gewichtigen Helm. Da zog er den Bügel des                         Hornes,
Schoß und traf, leicht umsonst den Pfeil von der Nerve                       versendend,
Unten den rechten Fuß; und das Erz, durch die Sohle                           gedrungen,
Bohrt' in den Boden hinein. Doch er mit behaglicher Lache
Sprang aus dem Hinterhalt, und rief lautjauchzend die                         Worte:

380         Ha das traf! nicht umsonst mir entflog das Geschoß! O                 wie gerne
Hätt' ich die Weiche des Bauchs dir durchbohrt, und das                   Leben entrissen!
Dann vermochten die Troer nun aufzuatmen von Drangsal,
Welche du wild hinscheuchst, wie ein Leu die meckernden               Ziegen!

Drauf begann unerschrocken der starke Held Diomedes:

385   Lästerer, Bogenschütz, Pfeilprangender, Mädchenbeäugler!
Wenn du mit offner Gewalt in Rüstungen wider mich                           kämest,
Wenig frommte dir wohl dein Geschoß und die häufigen                   Pfeile.
Jetzt da du leicht den Fuß mir ritzetest, prahlest du eitel.
Nichts gilt mir's! als träf' ein Mädchen mich, oder ein                           Knäblein!
390   Kraftlos spielt das Geschoß des nichtsgeachteten                               Weichlings!
Traun wohl anders von mir, und ob nur ein wenig es fasse,
Dringt ein scharfes Geschoß, und sofort zu den Toten gesellt             es!
Seiner Vermählten daheim sind umher zerrissen die                           Wangen,
Und die Kinder verwaist; mit Blut die Erde befleckend
395   Modert er; und des Gevögels umschwärmt ihn mehr, denn                 der Weiber!

Jener sprach's; doch Odysseus der Lanzenschwinger sich               nahend
Trat vor ihn; nun saß er geschirmt, und zog sich den                           schnellen
Pfeil aus dem Fuß; und der Schmerz durchdrang ihm heftig               die Glieder.
Und er sprang in den Sessel, dem Wagenlenker gebietend,

400   Schnell zu den Schiffen zu kehren; denn unmutsvoll war das             Herz ihm.

Einsam war nun Odysseus der Lanzenschwinger, und                     niemand
Harrt' um ihn der Achaier, denn Furcht verscheuchte sie alle.
Tief erseufzt' er und sprach zu seiner erhabenen Seele:

Wehe, was soll mir geschehn! O Schande doch, wenn ich               entflöhe,

405   Fort durch Menge geschreckt! Doch entsetzlicher, wenn sie               mich fingen,
Einsam hier; denn die andern der Danaer scheuchte Kronion!
Aber warum bewegte das Herz mir solche Gedanken?
Weiß ich ja doch, daß Feige von dannen gehn aus dem                       Kampfe!
Doch wer edel erscheint in der Feldschlacht, diesem gebührt             es,
410   Tapfer den Feind zu bestehn, er treffe nun, oder man treff'                 ihn!

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