Ilias -  Kapitel 5 by Homer
Ilias -  Kapitel 5 by Homer

Ilias - Kapitel 5

Homer * Track #5 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

Download "Ilias - Kapitel 5"

Album Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

Ilias - Kapitel 5 by Homer

Performed by
Homer

Ilias - Kapitel 5 Annotated

Zweiter Gesang

Zeus, des Versprechens eingedenk, bewegt Agamemnon durch einen Traum, die Achaier zur Schlacht auszuführen. Rat der Fürsten; dann Volksversammlung. Agamemnon, das Volk zu versuchen, befiehlt Heimkehr; und alle sind geneigt. Odysseus, von Athene ermahnt, hemmt sie. Thersites dringt schmähend auf Heimkehr, und wird gestraft. Das beschämte Volk, durch Odysseus und Nestor völlig gewonnen, wird von Agamemnon zur Schlacht aufgefordert. Frühmahl, Opfer und Anordnung des Heers. Verzeichnis der achaiischen Völker. Die Troer in Versammlung hören die Botschaft, und rücken aus. Verzeichnis der troischen Völker.

Alle nunmehr, die Götter und gaulgerüsteten Männer,
Schliefen die ganze Nacht; nur Zeus nicht labte der                             Schlummer;
Sondern er sann im Geiste voll Unruh, wie er Achilleus
Ehren möcht', und verderben der Danaer viel' an den                           Schiffen.
5        Dieser Gedank' erschien dem Zweifelnden endlich der beste:
Einen täuschenden Traum zu Atreus Sohne zu senden.
Und er begann zu jenem, und sprach die geflügelten Worte:

Eile mir, täuschender Traum, zu den rüstigen Schiffen                     Achaias;
Gehe dort ins Gezelt zu Atreus Sohn Agamemnon,

10      Ihm das alles genau zu verkündigen, was ich gebiete.
Heiß' ihn rüsten zur Schlacht die hauptumlockten Achaier
All' im Heer; denn jetzo sei leicht ihm bezwungen der Troer
Weitdurchwanderte Stadt. Nicht mehr zweifaches                               Entschlusses
Sein die olympischen Götter; bewegt schon habe sie alle
15      Here durch Flehn; und hinab auf Ilios schwebe Verderben.

Jener sprach's; und der Traum, sobald er die Rede                           vernommen,
Eilte hinweg, und kam zu den rüstigen Schiffen Achaias.
Hin nun eilt' er, und fand des Atreus Sohn Agamemnon
Schlafend in seinem Gezelt; ihn umfloß der ambrosische                   Schlummer.

20     Jener trat ihm zum Haupt', an Gestalt dem Sohne des Neleus
Nestor gleich, den hoch vor den Ältesten ehrt' Agamemnon;
Dessen Gestalt nachahmend begann der göttliche Traum so:
Schlummerst du, Atreus Sohn, des feurigen                                           Rossebezähmers?
Keinem Richter gebührt's die ganze Nacht zu d                                    durchschlummern,

25      Dem zur Hut sich die Völker vertraut, und so mancherlei                   obliegt.
Auf, nun höre mein Wort; ich komm', ein Bote Kronions,
Der dich sehr, auch ferne, begünstiget, dein sich erbarmend.
Rüsten heißt er zur Schlacht die hauptumlockten Achaier
All' im Heer; denn jetzo sei leicht dir bezwungen der Troer

30     Weitdurchwanderte Stadt. Nicht mehr zweifaches                               Entschlusses
Sein die olympischen Götter; bewegt schon habe sie alle
Here durch Flehn; und hinab auf Ilios schwebe Verderben
Her von Zeus. Du merk' es im Geiste dir, daß dem                               Gedächtnis
Nichts entfällt, wann jetzo vom lieblichen Schlaf du                            erwachest.

35        Also sagt' ihm der Traum, und wandte sich; jenen verließ er
Dem nachsinnend im Geist, was nie zur Vollendung                             bestimmt war.
Denn er hoffte noch heut' des Priamos Stadt zu erobern;
Tor! und erkannte nicht, was Zeus für Taten geordnet.
Denn er beschloß noch Jammer und Angstgeschrei zu                       erregen

40     Troern zugleich und Achaiern im Ungestüme der                                 Feldschlacht.
Jetzo erwacht' er vom Schlaf, noch umtönt von der                             göttlichen Stimme;
Setzte sich aufrecht hin, und zog das weiche Gewand an,
Sauber und neugewirkt, und warf den Mantel darüber;
Unter die glänzenden Füß' auch band er sich stattliche                       Sohlen;
45     Hängte sodann um die Schulter das Schwert voll silberner                 Buckeln;
Nahm auch den Herrscherstab, den ererbeten, ewiger Dauer;
Wandelte dann zu den Schiffen der erzumschirmten                           Achaier.

Eos aber die Göttin erstieg den hohen Olympos,
Zeus und den anderen Göttern des Tageslicht zu verkünden.

50     Und er gebot Herolden von hellaustönender Stimme,
Rings zur Versammlung zu rufen die hauptumlockten                         Achaier.
Tönend ruften sie aus, und flugs war die Menge versammelt.
Einen Rat nun setzt' er zuerst der erhabenen Ältsten,
Am Nestorischen Schiffe, des herrschenden Greises von                     Pylos;
55     Als sich jene gesetzt, entwarf er die weise Beratung:

Freunde, vernehmt; ein göttlicher Traum erschien mir im               Schlummer
Durch die ambrosische Nacht; und ganz dem erhabenen                   Nestor
War an Wuchs und Größ' und Gestalt er wunderbar ähnlich.
Dieser trat mir zum Haupt, und redete, also beginnend:

60     Schlummerst du, Atreus Sohn, des feurigen                                           Rossebezähmers?
Keinem Richter gebührt's die ganze Nacht zu                                       durchschlummern,
Dem zur Hut sich die Völker vertraut, und so mancherlei                   obliegt.
Auf, nun höre mein Wort; ich komm' ein Bote Kronions,
Der dich sehr, auch ferne, begünstiget, dein sich erbarmend.
65     Rüsten heißt er zur Schlacht die hauptumlockten Achaier
All' im Heer, denn jetzo sei leicht dir bezwungen der Troer
Weitdurchwanderte Stadt. Nicht mehr zweifaches                               Entschlusses
Sein die olympischen Götter; bewegt schon haben sie alle
Here durch Flehn; und hinab auf Ilios schwebe Verderben
70     Her von Zeus. Du merk' es im Geiste dir. - Dieses geredet,
Flog er hinweg und verschwand; und der liebliche                               Schlummer verließ mich.
Aber wohlan, ob vielleicht zu rüsten gelingt die Achaier!
Selber zuerst durch Worte versuch' ich sie, wie es Gebrauch             ist,
Und ermahne zur Flucht in vielgeruderten Schiffen:
75     Ihr dann, anderswo andre, beredet sie wieder zu bleiben.

Also redete jener, und setzte sich. Wieder erhub sich
Nestor, welcher gebot in Pylos sandigen Fluren;
Dieser begann wohlmeinend, und redete vor der                                 Versammlung:

Freunde, des Volks von Argos erhabene Fürsten und                     Pfleger,

80     Hätte von solchem Traum ein anderer Mann uns erzählet;
Lug wohl nennten wir ihn, und wendeten uns mit                                 Verachtung.
Doch ihn sah, der den ersten vor allem Volke sich rühmet.
Drum wohlan, ob vielleicht zu rüsten gelingt die Achaier!

Jener sprach's, und wandte der erste sich aus der                          Versammlung.

85      Rings dann standen sie auf, dem Völkerhirten gehorchend,
Alle bescepterten Fürsten. Heran nun stürzten die Völker.
Wie wenn Scharen der Bienen daherziehn dichtes                               Gewimmels,
Aus dem gehöhleten Fels in beständigem Schwarm sich                     erneuend;
Jetzt in Trauben gedrängt umfliegen sie Blumen des Lenzes;
90     Andere hier unzählbar entflogen sie, andere dorthin:
Also zogen gedrängt von den Schiffen daher und Gezelten
Rings unzählbare Völker am Rand des hohen Gestades
Schar an Schar zur Versammlung. Entbrannt in der Mitte war           Ossa,
Welche, die Botin Zeus, sie beschleunigte; und ihr Gewühl                 wuchs.
95     Weit nun hallte der Kreis, und es dröhnete drunten der                       Boden,
Als sich das Volk hinsetzt'; und Getös war. Doch es erhuben
Neun Herolde den Ruf, und hemmten sie, ob vom Geschrei               sie
Ruheten, und anhörten die gottbeseligten Herrscher.
Kaum saß endlich das Volk, umher auf den Sitzen sich                       haltend;
100   Und es verstummt ihr Getön. Da erhub sich der Held                           Agamemnon,
Haltend den Herrscherstab, den mit Kunst Hephästos                        gebildet.
Diesen gab Hephästos dem wartenden Zeus Kronion;
Hierauf gab ihn Zeus dem bestellenden Argoserwürger;
Hermes gab ihn, der Herrscher, dem Rossebändiger Pelops;
105   Wieder gab ihn Pelops dem völkerweidenden Atreus;
Dann ließ Atreus ihn sterbend dem lämmerreichen Thyestes
Aber ihn ließ Thyestes dem Held Agamemnon zu tragen,
Viel' Eilande damit und Argos reich zu beherrschen.
Hierauf lehnte sich jener, und sprach die geflügelten Worte:

110         Freund', ihr Helden des Danaerstamms, o Genossen des                 Ares,
Hart hat Zeus der Kronid' in schwere Schuld mich verstricket!
Grausamer! welcher mir einst mit gnädigem Winke gelobet,
Heimzugehn ein Vertilger der festummauerten Troja.
Doch nun sann er verderblichen Trug, und heißet mich                       ruhmlos

115    Wieder gen Argos kehren, nachdem viel Volks mir                               dahinstarb.
Also gefällt's nun wohl dem hocherhabnen Kronion,
Der schon vielen Städten das Haupt zu Boden geschmettert,
Und noch schmettern es wird; denn sein ist siegende                         Allmacht.
Schande ja daucht es und Hohn noch spätem Geschlecht zu           vernehmen,
120    Daß so umsonst ein solches, so großes Volk der Achaier
Niemals frommenden Streit rastlos fortschreitet und kämpfet
Gegen mindere Feind', und noch kein Ende zu sehn ist.
Denn wofern wir wünschten, Achaier zugleich und Troer,
Treuen Bund uns schwörend, die Zahl zu wissen von beiden:
125    Erst zu erlesen die Troer, so viel dort eigenes Herdes;
Wir dann ordneten uns je zehn und zehn, wir Achaier,
Einen Mann der Troer für jegliche wählend zum                                   Schenken:
Viele der Zehenten wohl entbehreten, mein' ich, das                           Schenken.
So weit daucht mir größer die Zahl der edlen Achaier,
130    Als dort wohnen der Troer in Ilios. Aber Genossen
Sind aus vielen der Städt' auch lanzenschwingende Männer,
Deren Macht mir verwehrt, und nicht, wie ich wollte,                           gestattet,
Ilios auszutilgen, die Stadt voll prangender Häuser.
Sind doch bereits neun Jahre des großen Zeus uns                               vergangen,
135    Und schon stockt den Schiffen das Holz, und die Seile                         vermodern;
Unsere Weiber indes und noch unmündigen Kinder
Sitzen daheim und schmachten mach uns: wir aber umsonst             hier
Endigen nimmer das Werk, um dessenthalb wir gekommen.
Aber wohlan, wie ich rede das Wort, so gehorchet mir alle:
140    Laßt uns fliehn in den Schiffen zum lieben Lande der Väter;
Nie erobern wir doch die weitdurchwanderte Troja!

Jener sprach's; und allen das Herz im Busen bewegt' er,
Ringsumher in der Menge, die nicht anhörten den Ratschluß.
Rege nun ward die Versammlung, wie schwellende Wogen               des Meeres

145    Auf der ikarischen Flut, wann hoch sie der Ost- und der                     Südwind
Aufstürmt, schnell dem Gewölke des Donnerers Zeus sich                 entstürzend.
Wie wenn brausend der West unermeßliche Saaten erreget,
Zuckend mit Ungestüm, und die wallenden Ähren                               hinabbeugt:
So war rings die Versammlung in Aufruhr. Hin mit Geschrei               nun
150    Stürzte das Volk zu den Schiffen; empor stieg unter dem                   Fußtritt
Finsterer Staub in die Luft; sie ermunterten einer den andern,
Anzugreifen die Schiff', und zu ziehn in die heilige Meerflut;
Und man räumte die Graben; es scholl gen Himmel der                       heimwärts
Strebenden Ruf, und den Schiffen entzog man die                                 stützenden Balken.
155    Jetzo geschah den Argeiern auch trotz dem Schicksal die                   Heimkehr,
Hätte nicht, zur Athene gewandt, so Here geredet:

Weh mir, des ägiserschütternden Zeus unbezwungene                 Tochter!
Also sollen nun heim zum lieben Lande der Väter
Argos Völker entfliehn auf weitem Rücken des Meeres?

160    Ließe man so dem Priamos Ruhm, und den troischen                         Männern
Helena, Argos Kind, um welche so viel der Achaier
Hin vor Troja gesunken, entfernt vom Vatergefilde?
Auf nun, geeilt in das Heer der erzumschirmten Achaier!
Hemme da jeglichen Mann durch schmeichelnde Red', und               verbeut ihm,
165    Nicht zu ziehen ins Meer die zwiefachrudernden Schiffe!

Jene sprach's; ihr gehorchte die Herrscherin Pallas Athene.
Stürmendes Schwungs entflog sie den Felsenhöhn des                       Olympos;
Schnell erreichte sie dann die rüstigen Schiffe Achaias.
Jetzo fand sie Odysseus, an Ratschluß gleich dem Kronion,

170    Stehn; und nicht an sein Schiff, das schöngebordete                             schwarze,
Rühret' er, weil ihm der Gram in Herz und Seele gedrungen.
Nahend redete Zeus' blauäugige Tochter Athene:

Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus,
Also wollt ihr nun heim zum lieben Lande der Väter

175    Hinfliehn, alle gestürzt in vielgeruderte Schiffe?
Ließet ihr so dem Priamos Ruhm, und den troischen                           Männern
Helena, Argos Kind, um welche so viel der Achaier
Hin vor Troja gesunken, entfernt vom Vatergefilde?
Auf nun, geeilt in das Heer der Danaer, nicht so gezaudert!
180   Hemme da jeglichen Mann durch schmeichelnde Red', und                 verbeut ihm,
Nicht zu ziehen ins Meer die zwiefach rudernden Schiffe!

Jene sprach's; da erkannte der Held die Stimme der Göttin.
Schnell abwerfend den Mantel enteilet er; aber den Mantel
Hob Eurybates auf, sein Herold, der ihm gefolgt war.

185    Jener, wie Atreus Sohn Agamemnon gegen ihn herkam,
Nahm ihm den Herrscherstab, den ererbeten, ewiger Dauer;
Hiermit durcheilt' er die Schiffe der erzumschirmten Achaier.

Welchen der Könige nun und edleren Männer er antraf,
Freundlich hemmt' er diesen, mit schmeichelnden Worten                 ihm nahend:

190   Halt du, wenig dir ziemt's, wie ein feiger Mann, zu verzagen!
Sitz' in Ruhe du selbst, und treibe zur Ruh' auch die andern!
Denn noch weißt du ja nicht, wie der Atreione gesinnt sei.
Jetzo vielleicht versucht er, und züchtiget bald die Achaier.
Denn nicht all' im Rate vernahmen wir, was er geredet.

195    Daß nicht entbrenne sein Zorn, und wüte durchs Heer der                 Achaier!
Furchtbar ist der Eifer des gottbeseligten Königs;
Seine Ehr' ist von Zeus, und ihn schirmt Zeus' waltende                     Vorsicht.

Welchen Mann des Volkes er sah, und schreiend wo antraf,
Diesen schlug sein Scepter, und laut bedroht' er ihn also:

200        Halt du! rege dich nicht, und hör' auf anderer Rede,
Die mehr gelten denn du! Unkriegerisch bist du und kraftlos,
Nie auch weder im Kampf ein gerechneter, noch in dem                    Rate!
Nicht wir alle zugleich sind Könige hier, wir Achaier!
Niemals frommt Vielherrschaft im Volk; nur einer sei                           Herrscher,

205   Einer König allein, dem der Sohn des verborgenen Kronos
Scepter gab und Gesetze, daß ihm die Obergewalt sei.

Also durchherrscht' er das Heer, ein Waltender; und zur               Versammlung
Stürzten die Völker zurück, von den Schiffen daher und                       Gezelten,
Lärmvoll: wie wenn die Woge des weitaufrauschenden                       Meeres

210   Hoch an das Felsengestad' anbrüllt, und die stürmende Flut              hallt.

Your Gateway to High-Quality MP3, FLAC and Lyrics
DownloadMP3FLAC.com