Ilias - Kapitel 59 by Homer
Ilias - Kapitel 59 by Homer

Ilias - Kapitel 59

Homer * Track #59 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Homer

Ilias - Kapitel 59 Annotated

410    Sprach's, und erhub sich vom Amboß, das rußige                               Ungeheuer,
Hinkend, und mühsam strebten daher die schwächlichen                   Beine.
Abwärts legt' er vom Feuer die Bälg', und nahm die                             Gerätschaft,
Alle Vollender der Kunst, und verschloß sie im silbernen                     Kasten;
Wusch sich dann mit dem Schwamme die Hände beid', und             das Antlitz,
415    Auch den nervichten Hals, und den haarumwachsenen                       Busen;
Hüllte den Leibrock um, und nahm den stemmigen Scepter,
Hinkte sodann aus der Tür'; und Jungfraun stützten den                     Herrscher,
Goldene, Lebenden gleich, mit jugendlich reizender Bildung:
Diese haben Verstand in der Brust, und redende Stimme,
420   Haben Kraft, und lernten auch Kunstarbeit von den Göttern.
Schräge vor ihrem Herrn hineilten sie; er nachwankend,
Nahte, wo Thetys saß, und ruht' auf schimmerndem Sessel;
Ihr nun faßt' er die Hand, und redete, also beginnend:

Thetys in langem Gewande, wie nahtest du unserer                         Wohnung,

425   Ehrenwert und geliebt? Denn sonst besuchst du mich wenig.
Rede, wie du verlangst; mein Herz gebeut mir Gewährung,
Kann ich es nur gewähren, und ist es selber gewährbar.

Aber Thetys darauf antwortete, Tränen vergießend:
Ach Hephästos, war eine der Göttinnen auf dem Olympos

430   Je so viel im Herzen des traurigen Wehes erduldend,
Als auf mich vor allen Kronion Jammer gehäuft hat?
Mich aus den Meergöttinnen dem sterblichen Manne gesellt'           er,
Peleus Äakos' Sohn', und ich trug des Mannes Umarmung,
Sehr unwillig aus Zwang; doch jetzt vor traurigem Alter
435   Lieget er dort im Palast, ein Entkräfteter. Aber noch mehr                   nun!
Einen Sohn zu gebären verlieh er mir, und zu erziehen,
Hoch vor Helden geschmückt! Er schwang sich empor, wie               ein Sprößling;
Und ich erzog ihn mit Fleiß, wie die Pflanz' im fruchtbaren                 Acker;
Drauf in geschnäbelten Schiffen gen Ilios sandt' ich daher                   ihn,
440   Trojas Volk zu bekämpfen. Doch nie empfang' ich ihn                         wieder,
Wann er zur Heimat kehrt, in Peleus' ragende Wohnung!
Aber so lang' er mir lebt, und das Licht der Sonne noch                       schauet,
Duldet er Qual; und nichts vermag ich ihm nahend zu helfen!
Die zum Ehrengeschenk ihm die Danaer wählten, die                           Jungfrau
445   Nahm aus der Hand ihm wieder der Völkerfürst                                   Agamemnon.
Traurend das Herz um diese zerquält' er sich. Aber die Troer
Schlossen die Danaer ein um die ragenden Steuer, und                       ließen
Nicht aus dem Lager sie gehn. Ihm fleheten drauf die Achaier
Älteste, welche viel und herrliche Gaben ihm boten.
450   Selbst nunmehr verweigert' er zwar dem Verderben zu                       wehren;
Aber den Freund Patroklos, mit eigenen Waffen ihn rüstend,
Sandt' er daher in die Schlacht, und viel des Volks ihm                         gesellt' er.
Ganz den Tag durchkämpften sie nun am skäischen Tore;
Ja und verheert des Tages wär' Ilios, wenn nicht Apollon
455   Jenen Vertilger des Volks, Menötios' tapferen Sprößling,
Schlug in dem Vordergefecht, und Hektorn Ehre gewährte.
Drum nun flehend die Knie' umfass' ich dir, ob du geneigt                   seist,
Schild und Helm zu verleihen dem bald hinwelkenden Sohne,
Prangende Schienen zugleich mit schließender                                     Knöchelbedeckung,
460   Harnisch auch: was er hatte, verlor sein Genoß, den                           ermordet
Trojas Söhn'; und er liegt auf der Erd', unmutiges Herzens.

Ihr antwortete drauf der hinkende Feuerbeherrscher:
Sei getrost, und laß nicht dieses dein Herz dir bekümmern.
Daß ich doch dem greulichen Tod' ihn also vermöchte

465   Weit hinweg zu entziehn, wann einst sein Jammergeschick               naht:
Als nun prangende Wehr ihn erfreun wird, solche wie                         mancher
Wohl anstaunt im Geschlechte der Sterblichen, wer sie                       erblicket!

Dieses gesagt, verließ er sie dort, und ging in die Esse,
Wandt' in das Feuer die Bälg' und hieß sie mit Macht                           arbeiten.

470   Zwanzig bliesen zugleich der Blasebälg' in die Ösen,
Allerlei Hauch aussendend des glutanfachenden Windes,
Bald des Eilenden Werk zu beschleunigen, bald sich                             erholend,
Je nachdem es Hephästos befahl zur Vollendung der Arbeit.
Jener stellt' auf die Glut unbändiges Erz in den Tiegeln,
475   Auch gepriesenes Gold, und Zinn, und leuchtendes Silber;
Richtete dann auf dem Block den Amboß, nahm mit der                     Rechten
Drauf den gewaltigen Hammer, und nahm mit der Linken die             Zange.

Erst nun formt' er den Schild, den ungeheuren und starken,
Ganz ausschmückend mit Kunst. Ihn umzog er mit                               schimmerndem Rande,

480   Dreifach und blank, und fügte das silberne schöne Gehenk                 an.
Aus fünf Schichten gedrängt war der Schild selbst; oben                     darauf nun
Bildet' er mancherlei Kunst mit erfindungsreichem                               Verstande.

Drauf nun schuf er die Erd', und das wogende Meer, und                 den Himmel,
Auch den vollen Mond, und die rastlos laufende Sonne;

485   Drauf auch alle Gestirne, die rings den Himmel umleuchten,
Drauf Plejad' und Hyad', und die große Kraft des Orion,
Auch die Bärin, die sonst der Himmelwagen genannt wird,
Welche sich dort umdreht, und stets den Orion bemerket,
Und allein niemals in Okeanos' Bad sich hinabtaucht.

490        Drauf zwo Städt' auch schuf er der vielfach redenden                     Menschen,
Blühende: voll war die ein' hochzeitlicher Fest' und Gelage.
Junge Bräut' aus den Kammern, geführt beim Scheine der                   Fackeln,
Gingen einher durch die Stadt; und hell erhub sich das                       Brautlied:
Tanzende Jünglinge drehten behende sich unter dem                         Klange,

495   Der von Flöten und Harfen ertönete; aber die Weiber
Stauden bewunderungsvoll, vor den Wohnungen jede                         betrachtend.
Auch war dort auf dem Markte gedrängt des Volkes                           Versammlung:
Denn zween Männer zankten, und haderten wegen der                       Sühnung
Um den erschlagenen Mann. Es beteuerte dieser dem Volke,
500   Alles hab' er bezahlt; ihm leugnete jener die Zahlung.
Jeder drang, den Streit durch des Kundigen Zeugnis zu                       enden.
Diesem schrien und jenem begünstigend eifrige Helfer;
Doch Herolde bezähmten die Schreienden. Aber die Greise
Saßen umher im heiligen Kreis' auf gehauenen Steinen;
505   Und in die Hände den Stab dumpfrufender Herolde                             nehmend,
Stauden sie auf nacheinander, und redeten wechselnd ihr                   Urteil.
Mitten lagen im Kreis' auch zwei Talente des Goldes,
Dem bestimmt, der vor ihnen das Recht am gradesten                       spräche.

Jene Stadt umsaßen mit Krieg zwei Heere der Völker,

510    Leuchtend im Waffenglanz. Die Belagerer droheten zwiefach:
Auszutilgen die Stadt der Verteidiger, oder zu teilen
Alles Gut, das die liebliche Stadt in den Mauern verschlösse.
Jene verwarfen es stolz, zum Hinterhalte sich rüstend.
Ihre Mauer indes bewahreten liebende Weiber,
515    Und unmündige Kinder, gesellt zu wankenden Greisen.
Jen' enteilten, von Ares geführt und Pallas Athene:
Beide sie waren von Gold, und in goldene Kleider gehüllet,
Beide schön in den Waffen und groß, wie unsterbliche                       Götter,
Weit umher vorstrahlend; denn kleiner an Wuchs war die                 Heerschar.
520   Als sie den Ort nun erreicht, den zum Hinterhalt sie                             gewählet,
Nahe dem Bach, wo zur Tränke das Vieh von der Weide                     geführt ward;
Dort nun setzten sich jene, geschirmt mit blendendem Erze.
Abwärts saßen indes zween spähende Wächter des Volkes,
Harrend, wann sie erblickten die Schaf' und gehörneten                     Rinder.
525   Bald erschienen die Herden, von zween Feldhirten begleitet,
Welche, den Trug nicht ahndend, mit Flötenklang sich                         ergötzten.
Schnell auf die Kommenden stürzt' aus dem Hinterhalte die               Heerschar,
Raubt' und trieb die Herden hinweg, der gehörneten Rinder
Und weißwolligen Schaf', und erschlug die begleitenden                     Hirten.
530   Jene, sobald sie vernahmen das laute Getös' um die Rinder,
Welche die heiligen Tore belagerten; schnell auf die Wagen
Sprangen sie, stürmten in fliegendem Lauf, und erreichten                 sie plötzlich.
Alle gestellt nun schlugen sie Schlacht um die Ufer des                       Baches,
Und hin flogen und her die ehernen Kriegeslanzen.
535    Zwietracht tobt' und Tumult ringsum, und des                                     Jammergeschicks Ker,
Die dort lebend erhielt den Verwundeten, jenen vor Wunden
Sicherte, jenen entseelt durch die Schlacht hinzog an den                   Füßen;
Und ihr Gewand um die Schulter war rot vom Blute der                       Männer.
Gleich wie lebende Menschen durchschalteten diese die                   Feldschlacht,
540   Und entzogen einander die Leichname toter Helden.

Weiter schuf er darauf ein Brachfeld, locker und fruchtbar,
Breit, zum Dritten gepflügt; und viel der ackernden Männer
Trieben die Joch' umher, und lenketen hiehin und dorthin.
Aber so oft sie kehrend des Ackers Ende gewannen,

545   Reicht' ein Mann den Becher des herzerfreuenden Weines
Jeglichem dar nach der Ordnung; sie wandten sich dann zu               Jeglichem dar nach der Ordnung;den Furchen,
Freudiges Muts, das Ende der tiefen Flur zu erreichen.
Aber es dunkelte hinten das Land, und geackertem ähnlich
Schien es, obgleich von Gold: so wunderbar hatt' er's                           Jeglichem dar nach der Ordnung;bereitet.

550        Drauf auch schuf er ein Feld tiefwallender Saat, wo die                   Schnitter
Mäheten, jeder die Hand mit schneidender Sichel bewaffnet.
Längs dem Schwad' hinsanken die häufigen Griffe zur Erde;
Andere banden die Binder mit strohernen Seilen in Garben;
Denn drei Garbenbinder verfolgeten. Hinter den Mähern

555    Sammelten Knaben die Griff'; und trugen sie unter den                       Armen
Rastlos jener daher. Der Herr stillschweigend bei ihnen
Stand, den Stab in den Händen, am Schwad', und freute sich             herzlich.
Abwärts unter der Eiche bereiteten Diener die Mahlzeit,
Rasch um den großen Stier, den sie schlachteten; Weiber                   indessen
560   Streueten weißes Mehl zum labenden Mus für die Ernter.

Drauf auch ein Rebengefilde, von schwellendem Weine                 belastet,
Bildet' er schön aus Gold; doch schwärzlich glänzten die                     Trauben;
Und es standen die Pfähle gereiht ans lauterem Silber.
Rings dann zog er den Graben von dunkeler Bläue des                         Stahles,

565   Samt dem Gehege von Zinn. Ein Pfand nur führte zum                         Rebhain,
Für die Träger zu gehn, in der Zeit der fröhlichen Lese.
Jünglinge nun, aufjauchzend vor Lust, und rosige Jungfrauen
Trugen die süße Frucht in schöngeflochtenen Körben.
Mitten auch ging ein Knab' in der Schar; aus klingender Leier
570   Lockt' er gefällige Tön', und sang den Reigen von Linos
Mit hellgellender Stimm'; und ringsum tanzten die andern,
Froh mit Gesang und Jauchzen und hüpfendem Sprung ihn               begleitend.

Eine Herd' auch schuf er darauf hochhauptiger Rinder;
Einige waren aus Golde geformt, ans Zinne die andern.

575    Laut mit Gebrüll vom Hof' enteilten sie dort auf die Weide,
Längs dem rauschenden Fluß, der hinabschoß, wankend von             Schilfrohr.
Aber goldene Hirten begleiteten emsig die Rinder,
Vier an der Zahl, auch folgeten neun schnellfüßige Hunde.
Zween entsetzliche Löwen, gestürzt in die vordersten Rinder,
580   Faßten den dumpf aufbrummenden Stier; und mit lautem                 Gebrüll nun
Ward er geschleift; doch Hund' und Jünglinge folgten ihm                 schleunig.
Jene, nachdem sie zerrissen die Haut des gewaltigen Stieres,
Schlürften die Eingeweid' und das schwarze Blut; und                         vergebens
Scheuchten die Hirten daher, die hurtigen Hund' anhetzend.
585   Sie dort zuckten zurück, mit Gebiß zu fassen die Löwen,
Standen genaht, und bellten sie an, doch immer vermeidend.

Eine Trift auch erschuf der hinkende Feuerbeherrscher,
Im anmutigen Tal, durchschwärmt von silbernen Schafen,
Hirtengeheg' und Hütten zugleich, und schirmende Ställe.

590        Einen Reigen auch schlang der hinkende Feuerbeherrscher,
Jenem gleich, wie vordem in der weitbewohnten Knossos
Dädalos künstlich ersann der lockigen Ariadne.
Blühende Jünglinge dort und vielgefeierte Jungfraun
Tanzten den Ringeltanz, an der Hand einander sich haltend.

595   Schöne Gewand' umschlossen die Jünglinge, hell wie des                   Öles
Sanfter Glanz, und die Mädchen verhüllete zarte Leinwand.
Jegliche Tänzerin schmückt' ein lieblicher Kranz, und den                   Tänzern
Hingen goldene Dolche zur Seit' an silbernen Riemen.
Kreisend hüpften sie bald mit schöngemessenen Tritten
600   Leicht herum, so wie oft die befestigte Scheibe der Töpfer
Sitzend mit prüfenden Händen herumdreht, ob sie auch                     laufe;
Bald dann hüpften sie wieder in Ordnungen gegeneinander.
Zahlreich stand das Gedräng' um den lieblichen Reigen                       versammelt,
Innig erfreut; und zween nachahmende Tänzer im Kreise
605   Stimmten an den Gesang, und dreheten sich in der Mitte.

Auch die Gewalt des Stromes Okeanos bildet' er ringsum
Strömend am äußersten Rand des schönvollendeten                           Schildes.

Als er den Schild nun bereitet, den ungeheuren und starken;
Schuf er anjetzt ihm den Harnisch, den strahlenden, heller                 denn Feuer;

610    Schuf ihm sodann den gewaltigen Helm, der den Schläfen                 sich anschloß,
Schön und prangend an Kunst; und zog aus Golde den                       Haarbusch;
Schuf ihm zuletzt auch Schienen; aus feinem Zinne                             gegossen.

Als nun jedes Gerät vollbracht der hinkende Künstler;
Nahm er, und legt' es gehäuft vor Achilleus göttliche Mutter.

615    Schnell wie ein Habicht herab vom schneebedeckten                           Olympos
Sprang sie, und trug von Hephästos das schimmernde                       Waffengeschmeide.

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