Ilias - Kapitel 49 by Homer
Ilias - Kapitel 49 by Homer

Ilias - Kapitel 49

Homer * Track #49 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Ilias - Kapitel 49 by Homer

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Homer

Ilias - Kapitel 49 Annotated

Sechzehnter Gesang

Dem Patroklos erlaubt Achilleus, in seiner Rüstung zur Verteidigung der Schiffe, aber nicht weiter, auszuziehn. Ajas wird überwältigt, und das Schiff brennt. Achilleus treibt den Patroklos sich zu bewaffnen, und ordnet die Scharen. Patroklos vertreibt die Troer, erst vom brennenden Schiffe, dann völlig. Verfolgung und Abschneidung der äußersten. Sarpedons Tod. Patroklos ersteigt die Mauer, wird aber von Apollon gehemmt. Hektor fährt gegen Patroklos zurück, der seinem Wagenlenker Kebriones tötet. Den tapferen Patroklos macht Apollon betäubt und wehrlos; worauf ihm Euphorbos den Rücken, dann Hektor den Bauch durchbohrt. Seinen Genossen Automedon verfolgt Hektor.

Also kämpften sie dort um das schöngebordete Meerschiff.
Aber Patroklos trat zum Völkerhirten Achilleus,
Heiße Tränen vergießend, der finsteren Quelle vergleichbar,
Die aus jähem Geklipp' hergeußt ihr dunkles Gewässer.
5        Mitleidsvoll erblickt ihn der mutige Renner Achilleus;
Und er begann zu jenem, und sprach die geflügelten Worte:

Warum also geweint, Patrokleus? gleich wie ein Mägdlein,
Klein und zart, das die Mutter verfolgt, und: nimm mich! sie               anfleht,
An ihr Gewand sich schmiegend, den Lauf der Eilenden                       hemmet,

10      Und mit tränenden Augen emporblickt, bis sie es aufhebt:
So auch dir, Patroklos, entrinnt das tröpfelnde Tränchen.
Bringst du den Myrmidonen Verkündigung, oder mir selber?
Hast du etwa allein Botschaft aus Phtia vernommen?
Lebt doch annoch, wie sie sagen, Menötios, Aktors                             Erzeugter;
15      Peleus auch, des Äakos' Sohn, lebt herrschend im Volke:
Welche zween wir am meisten betrauerten, wenn sie                         gestorben.
Oder um Argos' Volk wehklagest du, wie es verderbt wird
An den geräumigen Schiffen, zum Lohn des eigenen Frevels?
Sprich, verhehle mir nichts, damit wir es beide wissen.

20         Schwer aufseufzend erwidertest du, Gaultummler                           Patroklos:
Peleus' Sohn, Achilleus, erhabenster Held der Achaier,
Zürne mir nicht; zu schwer ja belastet der Gram die Achaier!
Denn sie alle bereits, die vordem die tapfersten waren,
Liegen umher bei den Schiffen, mit Wurf und Stoße                             verwundet:

25      Wund von Geschoß ist Tydeus' Sohn, der Held Diomedes;
Wund von der Lanz' Odysseus der Herrliche, und                                 Agamemnon;
Auch Eurypylos traf ein fliegender Pfeil in die Lende.
Dieser pflegen umher vielkundige Ärzte mit Heilung,
Lindernd die Qual. Du aber bist ganz unbiegsam, Achilleus!
30     Nie doch fülle der Zorn die Seele mir, welchen du hegest,
Starker zu Weh! Wer anders genießt dein, auch in der                         Zukunft,
Wenn du nicht die Argeier vorn schmählichen Jammer                       errettest?
Grausamer! Nicht dein Vater war traun der reisige Peleus,
Noch auch Thetys die Mutter; dich schuf die finstere                           Meerflut,
35      Dich hochstarrende Felsen: denn starr ist dein Herz und                     gefühllos!
Aber wofern im Herzen ein Götterspruch dich erschrecket,
Und dir Worte von Zeus die göttliche Mutter gemeldet;
Sende zum wenigsten mich, und der Myrmidonen                               Geschwader
Folge zugleich, ob ich etwa ein Licht der Danaer werde.
40     Gib mir auch um die Schultern die Rüstungen, welche du                   trägest;
Ob mich für dich ansehend vielleicht vom Kampfe die Troer
Abstehn, und sich erholen die kriegrischen Männer Achaias
Ihrer Angst, wie klein sie auch sei die Erholung des Krieges.
Leicht auch können wir Frische die schon ermüdeten                           Kämpfer
45     Rückwärts drängen zur Stadt, von den Schiffen hinweg und               Gezelten.

Also sprach er flehend, der Törichte! Siehe, sich selber
Sollt' er jetzo den Tod und das schreckliche Schicksal                         erflehen!
Unmutsvoll antwortete drauf der Renner Achilleus:

Wehe mir, edeler Held Patrokleus, welcherlei Rede!

50     Weder ein Wink der Götter bekümmert mich, welchen ich                 wahrnahm;
Noch hat Worte von Zeus mir die göttliche Mutter                               gemeldet.
Aber der bittere Schmerz hat Seel' und Geist mir                                 durchdrungen,
Wenn nunmehr den Gleichen ein Mann zu berauben                           gedenket,
Und sein Geschenk zu entziehn, da nur an Gewalt er                           vorangeht!
55      Das ist mir bitterer Schmerz; denn ich trug unendlichen                     Kummer!
Jene, die mir auskoren zum Ehrengeschenk die Achaier,
Und mit der Lanz' ich gewann, die türmende Feste                               zerstörend,
Sie nun rafft' aus den Händen der Völkerfürst Agamemnon,
Atreus' Sohn, als wär' ich ein ungeachteter Fremdling!
60     Aber vergangen sei das Vergangene! Nimmer ja war auch
Sonder Rast zu zürnen mein Vorsatz; denn ich beschloß                     zwar
Eher nicht den Groll zu besänftigen, aber sobald nun
Meinen Schiffen genaht das Feldgeschrei und Getümmel.
Du denn hülle die Schultern in meine gepriesene Rüstung,
65     Führ' auch das streitbare Volk der Myrmidonen zum Kampfe:
Weil ja mit düsterem Graun der Troer Gewölk sich                               umherzog,
Gegen die Schiff' anstürmend; und jen', am Gestade des                     Meeres
Eingezwängt, nur wenig des schmalen Raums noch                             behaupten,
Argos' Söhn', und der Troer gesamte Stadt auf sie eindringt,
70     Trotziglich: denn nicht schaun sie von meinem Helme die                   Stirne
Nah herstrahlen voll Glanz! Bald hätten sie fliehend die                       Graben
Angefüllt mit Toten, wenn mir Agamemnon der Herrscher
Billigkeit hätte gewährt; nun kämpfen sie rings um das Lager!
Denn nicht Tydeus' Sohn Diomedes schwingt in den Händen
75      Seinen wütenden Speer, der Danaer Schmach zu entfernen;
Noch den tönenden Ruf von Atreus' Sohne vernehm' ich
Aus dem verhaßten Mund: doch Hektors Ruf, des Erwürgers,
Trojas Söhn' anmahnend, umschmettert mich! Jene mit                     Kriegsschrei
Decken das ganze Gefild', und besiegen im Kampf die                         Achaier!
80     Dennoch jetzt, Patroklos, das Weh von den Schiffen                             entfernend,
Stürz' in die Troer mit Macht; daß nicht in flammendem                     Feuer
Jene die Schiff' anzünden, und rauben die fröhliche                             Heimkehr.
Aber vernimm, wie dir's mit umfassendem Wort ich gebiete;
Daß du mir hochherrlichen Ruhm und Ehre gewinnest
85     Vor dem Volk der Achaier, und sie das rosige Mägdlein
Wieder zurück mir geben, und köstliche Gaben hinzutun:
Treib' aus den Schiffen sie weg, und wende dich! Ob dir                     vielleicht auch
Ruhm zu gewinnen verleiht der donnernde Gatte der Here;
Doch nicht ohne mich selbst verlange dein Herz zu                             bekämpfen
90     Trojas streitbare Söhne: denn weniger ehrte mich solches.
Auch nicht üppiges Mutes im Streit und Waffengetümmel
Führe du, mordend die Troer, das Volk vor Ilios Mauern;
Daß nicht her vom Olympos der ewig waltenden Götter
Einer dir nah'; es liebt sie der treffende Phöbos Apollon:
95     Sondern zurück dich gewandt, nachdem du den Schiffen                     Errettung
Brachtest, und laß die andern im Feld' umher sich ermorden.
Wenn doch, o Vater Zeus, und Pallas Athen', und Apollon,
Auch kein einziger Troer sich rettete, aller die da sind,
Auch der Danaer keiner; und wir nur entflohn der Vertilgung;
100    Daß wir allein abrissen die heiligen Zinnen von Troja!

Also redeten jen' im Wechselgespräch miteinander.
Ajas bestand nicht fürder; ihn drängten zu sehr die                             Geschosse.
Denn ihn bezwang Zeus' heiliger Rat, und die mutigen Troer,
Werfend Geschoß; daß schrecklich der leuchtende Helm um             die Schläfen

105    Ringsumprallt von Geschoß aufrasselte; denn es umprallt'                ihm
Stets das gebuckelte Erz; und links erstarrt' ihm die Schulter,
Stets vom Schilde beschwert, dem beweglichen: dennoch                 vermocht' ihn
Keiner umher zu erschüttern, mit Todesgeschoß ihn                           umdrängend.
Häufig indes und schwer aufatmet' er, und es umfloß ihn
110     Rings von den Gliedern herab der Angstschweiß; nimmer                 Erholung
Ward ihm vergönnt; ringsher ward Graun an Graun ihm                     gereihet.

Sagt mir anitzt, ihr Musen, olympische Höhen bewohnend,
Wie nun Feuer zuerst einfiel in der Danaer Schiffe.

Hektor heran sich stürzend auf Ajas' eschene Lanze

115     Schwang das gewaltige Schwert, und dicht an der Öse des                 Erzes
Schmettert' er grade sie durch; und der Telamonier Ajas
Zuckt' umsonst in der Hand den verstümmelten Schaft, da                 geschleudert
Fern die Spitze von Erz mit Getön hinsank auf den Boden.
Ajas erkannte nunmehr in erhabener Seel' aufschauernd,
120    Göttergewalt, daß gänzlich des Kampfs Anschläge vereitle
Der hochdonnernde Zeus, und den Troern gönne den                         Siegsruhm;
Und er entwich dem Geschoß. Da warfen sie brennendes                   Feuer
Schnell in das Schiff, und plötzlich durchflog unlöschbar                     umher Glut.
Also lodert' am Steuer die Flamm' auf. Aber Achilleus
125    Schlug sich die Hüften vor Schmerz, und sprach zum Freunde           Patrokleus:

Hebe dich, edeler Held Patrokleus, reisiger Kämpfer!
Denn ich seh' in den Schiffen des feindlichen Feuers Gewalt               nun!
Eh' sie die Schiff' einnehmen, und kein Entfliehn noch                         vergönnt wird!
Hüll' in die Waffen dich schnell; und ich selbst versammle                 die Völker!

130        Jener sprach's; doch Patroklos umschloß sich mit                           blendendem Erze.
Eilend fügt' er zuerst um die Beine sich bergende Schienen,
Blank und schön, anschließend mit silberner                                         Knöchelbedeckung.
Weiter umschirmt' er die Brust ringsher mit dem ehernen                 Harnisch,
Künstlich und sternenhell, des äakidischen Renners;

135    Hängte sodann um die Schulter das Schwert voll silberner                 Buckeln,
Eherner Kling'; und darauf den Schild auch, groß und                           gediegen;
Auch das gewaltige Haupt mit stattlichem Helme bedeckt'               er,
Von Roßhaaren umwallt; und fürchterlich winkte der                           Helmbusch;
Auch zwo mächtige Lanzen, gerecht in den Händen, ergriff               er.
140   Nur nicht nahm er den Speer des untadligen Peleionen,
Schwer und groß und gediegen; es konnt' ihn der Danaer                   keiner
Schwingen, allein vermocht' ihn umherzuschwingen                           Achilleus:
Pelions ragende Esche, die Cheiron schenkte dem Vater,
Pelions Gipfel enthaun, zum Mord den Heldengeschlechtern.
145    Aber Automedon hieß er in Eil' anschirren die Rosse,
Ihn den trautesten Freund nach dem Scharentrenner                          Achilleus,
Und ihm bewährt vor allen den stürmenden Kampf zu                        bestehen.
Und Automedon führt' in das Joch die hurtigen Rosse
Xanthos und Balios her, die rasch hinflogen wie Winde:
150    Diese gebar dem Zephyros einst die Harpye Podarge,
Weidend auf grüner Au an Okeanos strömenden Wassern,
Nebengespannt dann ließ er den mutigen Pedasos wandeln,
Den aus Eëtions Stadt siegreich einst führet' Achilleus,
Der, zwar sterblich gezeugt, mit unsterblichen Rossen                         einherlief.

155        Aber die Myrmidonen bewaffnete wandelnd Achilleus
Rings durch jedes Gezelt mit Rüstungen. Jene, wie Wölfe,
Gierig nach Fleisch, und ihr Herz voll unermeßlicher Stärke,
Welche den mächtigen Hirsch mit Geweih, den sie würgten               im Bergwald,
Fressend umstehn, sie alle von Blut die Backen gerötet;

160    Jetzo geschart hinrennend zur finstersprudelnden Quelle,
Lecken sie, dünn die Zungen gestreckt, des dunklen                             Gewässers
Obenhin, ausspeiend den blutigen Mord; und es trotzet
Kühn im Busen ihr Herz, und gedehnt sind allen die Bäuche:
Also der Myrmidonen erhabene Fürsten und Pfleger,
165    Wild um den edlen Genossen des äakidischen Renners
Stürmten sie; unter der Schar stand kriegrisches Mutes                       Achilleus,
Laut ermahnend die Ross' und schildgewappneten Männer.

Fünfzig waren der Schiffe von raschem Lauf, die Achilleus
Her gen Troja geführt, der Göttliche; aber in jedem

170    Waren fünfzig Männer, die Ruderbänke bedeckend.
Diesen ordnet' er fünf Kriegsobersten, welchen er traute,
Zum Befehl; und er selber gebot obwaltend den Herrschern.
Eine der Ordnungen führte Menesthios, rasch in dem Panzer,
Er ein Sohn Spercheios, des himmelentsprossenen Stromes:
175     Ihn gebar Polydora, des Peleus' liebliche Tochter,
Durch Spercheios Kraft, das Weib zum Gotte gelagert;
Doch als Vater genannt ward Boros, der Sohn Perieres,
Welcher sie öffentlich nahm nach unendlicher                                     Bräutigamsgabe.
Drauf die andere führt' Eudoros, jener beherzte
180    Jungfraunsohn, den die schönste zu Reigentanz Polymele,
Phylas Tochter, gebar: denn der mächtige Argoswürger
Liebte sie, als er im Chor der Sängerinnen sie wahrnahm
Tanzend an Artemis' Fest, der Göttin mit goldener Spindel;
Eilend stieg er zum Söller empor, und umarmte sie heimlich,
185    Hermes, der Retter aus Not; und den glänzenden Sohn                       Eudoros
Trug ihr Schoß, im Laufe so rasch, und so rasch in der                         Feldschlacht.
Aber nachdem ihn jetzo die ringende Eileithya
Zog an das Tageslicht, und der Sonne Glanz er gesehen;
Führete jen' Echeklos, der starke Sohn des Aktor,
190    Heim in seinen Palast, nach unendlicher Bräutigamsgabe;
Phylas indes der Greis erzog den Knaben, und pflegt' ihn
Mit treuherziger Lieb', als wär's sein leibliches Söhnlein.
Drauf der Dritten gebot der streitbare Held Peisandros,
Mämalos' Sohn, der berühmt vor den myrmidonischen                       Kämpfern
195    Strebt an Kunde des Speers, nach Achilleus' Freunde                           Patroklos.
Dann der Vierten gebot der graue reisige Phönix.
Endlich der Sohn Laerkes Alkimedon führte die Fünfte.
Aber nachdem sie alle zusamt den Gebietern Achilleus'
Wohl gereiht und gestellt, jetzt rief er mit Ernst die Befehle:

200   Keiner, o Myrmidonen, vergesse mir alle die Drohung,
Die bei den rüstigen Schiffen ihr angedroht den Troern,
Stets dieweil ich gezürnt; und wie sehr mich jeder                               beschuldigt:
Grausamer Peleussohn, ja mit Gall' erzog dich die Mutter!
Harter, mit Zwang an den Schiffen die traurenden Freunde                 zu halten!

205   Heimwärts laß uns vielmehr in rüstigen Schiffen des Meeres
Kehren, da dir doch also von bösem Zorne das Herz tobt!
Dies oft redetet ihr in Versammlungen. Nun ist erschienen,
Sehet, der Tag des Gefechts, nach welchem so lang' ihr                       geschmachtet!
Jetzt, wem das mutige Herz es gebeut, der bekämpfe die                   Troer!

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