Ilias - Kapitel 21 by Homer
Ilias - Kapitel 21 by Homer

Ilias - Kapitel 21

Homer * Track #21 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Ilias - Kapitel 21 by Homer

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Homer

Ilias - Kapitel 21 Annotated

Siebenter Gesang

Athene und Apollon, die Schlacht zu enden, heißen Hektor den tapfersten Achaier zum Zweikampf fodern. Unter neun Fürsten trifft das Los den Ajas, Telamons Sohn. Die Nacht trennt die Kämpfer. Nestor in Agamemnons Gezelt rät Stillstand, um die Toten zu verbrennen, und Verschanzung des Lagers. Antenor in Ilios rät, die Helena zurückzugeben; welches Paris verwirft. Am Morgen läßt Priamos die Achaier um Stillstand bitten. Bestattung der Toten. Verschanzung des Lagers, und Poseidons Unwille. In der Nacht unglückliche Zeichen von Zeus.

Dieses gesagt, durcheilte das Tor der strahlende Hektor;
Auch Alexandros der Bruder enteilete; aber ihr Herz war
Beiden entbrannt, zu kämpfen den tapferen Kampf der                       Entscheidung.
Wie wenn ein Gott den Schiffern nach sehnlichem Harren                 den Fahrwind
5        Sendet, nachdem arbeitend mit schöngeglätteten Rudern
Lange das Meer sie geregt, und müd' hinsanken die Glieder:
Also erschienen sie dort den sehnlich harrenden Troern.

Jeder entrafft': er nun den Menesthios, jenes Beherrschers
Areithoos' Sohn, den der Keulenschwinger in Arne

10      Areithoos zeugt' und die herrliche Philomedusa.
Aber Hektor durchschoß dem Eïoneus unter des Helmes
Ehernem Rand mit dem Speere den Hals, und löst' ihm die                 Glieder.
Glaukos, Hippolochos' Sohn, der lykischen Männer Gebieter,
Traf den Iphinoos jetzt im Sturme der Schlacht mit dem                     Wurfspieß,
15       Dexias' Sohn, da das schnelle Gespann er bestieg, in die                     Schulter;
Und er entsank vorn Wagen zur Erd', ihm erschlafften die                   Glieder.

Doch als jene bemerkt' die Herrscherin Pallas Athene,
Argos Volk hinraffend im Ungestüme der Feldschlacht;
Stürmendes Schwungs entflog sie den Felsenhöhn des                       Olympos

20     Hin zu Ilios Stadt. Entgegen ihr eilet' Apollon,
Schauend von Pergamos Zinne, den Troern gönnend den                   Siegsruhm.
Jetzt begegneten sich die Unsterblichen dort an der Buche;
Und zur Athene begann Zeus' Sohn, der Herrscher Apollon:

Warum so voller Begier, o Zeus' des Allmächtigen Tochter,

25      Kamst du anjetzt vorn Olympos? wie treibt dich der heftige               Eifer?
Daß du vielleicht den Achaiern der Schlacht abwechselnden             Sieg nun
Gebest? Denn nicht der Troer, der fallenden, jammert dich                 jemals!
Aber gehorchtest du mir, was weit zuträglicher wäre;
Jetzt darin ließen wir ruhn den feindlichen Kampf der                         Entscheidung,
30     Heut': doch künftig erneun sie die Feldschlacht, bis sie das                 Schicksal
Ilios endlich erreicht; dieweil es also im Herzen
Euch Göttinnen gefällt, die hohe Stadt zu verwüsten.

Drauf antwortete Zeus' blauäugige Tochter Athene:
Also sei's, Ferntreffer; denn dies auch selber gedenkend

35      Kam ich anjetzt vom Olympos zu Troern herab und Achaiern.
Aber wohlan, wie strebst du den Kampf der Männer zu                       stillen?

Ihr antwortete drauf Zeus' Sohn, der Herrscher Apollon:
Hektor erhöhn wir den Mut, dem gewaltigen                                         Rossebezähmer,
Ob er einzeln vielleicht der Danaer einen hervorruft,

40     Gegen ihn anzukämpfen in schreckenvoller Entscheidung;
Und ob dann unwillig die erzumschienten Achaier
Einen allein hersenden zum Kampf mit dem göttlichen                       Hektor.

Jener sprach's; ihm gehorchte die Herrscherin Pallas                        Athene.
Helenos aber vernahm, des Priamos' Sohn, in der Seele
45     Jenen Rat, der beider unsterblichen Sinne gefallen;
Eilend trat er zu Hektor hinan, und redete also:

Hektor, Priamos' Sohn, an Ratschluß gleich dem Kronion,
Willst du jetzt mir gehorchen Dein liebender Bruder ja bin                 ich.
Heiße die anderen ruhn, die Troer umher und Achaier;

50     Selbst dann rufe hervor den tapfersten aller Achaier,
Gegen dich anzukämpfen in schreckenvoller Entscheidung.
Denn noch nicht dir fällt es, den Tod und das Schicksal zu                 dulden:
Also vernahm ich die Stimme der ewigwährenden Götter.

Jener sprach's; doch Hektor erfreute sich hoch ob der Rede;

55     Trat dann hervor in die Mitt', und hemmte die troischen                     Haufen,
Haltend die Mitte des Speers; und still nun standen sie alle.
Auch Agamemnon setzte die hellumschienten Achaier.
Aber Pallas Athen' und der Gott des silbernen Bogens
Setzten sich beid', an Gestalt wie zween hochfliegende                       Geier,
60     Auf die erhabene Buche des ägiserschütternden Vaters,
Froh die Männer zu schaun; und die Ordnungen saßen                       gedrängt nun,
Dicht von Schilden und Helmen und ragenden Lanzen                         umstarret.
So wie unter dem West hinschauert ins Meer ein Gekräusel,
Wann er zuerst andrängt, und dunkler die Flut sich erhebet:
65      Also saßen geschart die Achaier umher und die Troer
Durch das Gefild'; und Hektor begann in der Mitte der                         Völker:

Hört mein Wort, ihr Troer, und hellumschiente Achaier,
Daß ich rede, wie mir das Herz im Busen gebietet.
Unseren Bund hat Zeus der Erhabene nicht vollendet;

70     Sondern bösen Entschluß verhänget er beiderlei Völkern:
Bis entweder ihr selbst einnahmt die getürmete Troja,
Oder vor uns ihr erliegt bei den meerdurchwandelnden                       Schiffen,
Euch ja sind im Heere die tapfersten Helden Achaias.
Wem nun Solcher das Herz mit mir zu kämpfen gebietet,
75     Hieher tret' er hervor, mit dem göttlichen Hektor zum                         Vorkampf!
Also beding' ich das Wort, und Zeug' uns werde Kronion.
Wenn mich jener erlegt mit ragender Spitze des Erzes,
Trag' er den Raub des Geschmeides hinab zu den räumigen               Schiffen;
Aber den Leib entsend' er gen Ilios, daß in der Heimat
80     Trojas Männer und Fraun des Feuers Ehre mir geben.
Wenn ich jenen erleg', und Ruhm mir gewähret Apollon,
Trag' ich den Raub des Geschmeides in Ilios heilige Feste,
Daß ich ihn häng' an den Tempel des treffenden Phöbos                     Apollon;
Doch der Erschlagene kehrt zu den schöngebordeten                         Schiffen,
85     Daß mit Pracht ihn bestatten die hauptumlockten Achaier,
Und ihm ein Grab aufschütten am breiten Hellespontos.
Künftig sagt dann einer der spätgeborenen Menschen,
Im vielrudrigen Schiffe zum dunkelen Meer hinsteuernd:
Seht das ragende Grab des längst gestorbenen Mannes,
90     Der einst tapfer im Streit hinsank dem göttlichen Hektor!
Also spricht er hinfort, und mein ist ewiger Nachruhm.

Jener sprach's; doch alle verstummten umher, und                         schwiegen;
Schimpflich war's zu weigern, und anzunehmen gefahrvoll.
Endlich stand Menelaos empor, und redete also,

95         Strafend mit herbem Verweis, und schwer erseufzt' er im               Herzen:

Weh mir, drohende Prahler, Achairinnen, nicht mehr                       Achaier!
Traun, doch Schmach ist solches und unauslöschliche                         Schande,
Wenn kein Danaer nun dem Hektor wagt zu begegnen!
Aber o mögt ihr all' in Wasser und Erd' euch verwandeln.

100   Wie ihr umher dasitzet, so herzlos jeder und ruhmlos!
Selber dann gürt' ich jenem zum Kampfe mich! Oben im                     Himmel
Hangen des Siegs Ausgäng' an der Hand der unsterblichen               Götter!

Jener sprach's, und hüllte das stattliche Waffengeschmeid'           um.
Jetzo war, Menelaos, des Lebens Ziel dir genahet,

105   Unter Hektors Händen, der weit an Kraft dich besiegte;
Hätten dich nicht auffahrend gehemmt die König' Achaias.
Selbst auch Atreus' Sohn, der Völkerfürst Agamemnon,
Faßt' ihm die rechte Hand, und redete, also beginnend:

Nimm doch Bedacht, Menelaos, du Göttlicher! wenig                     bedarfst du

110     So unbedachtsamer Wut; drum fasse dich, herzlich betrübt               zwar;
Und wetteifere nicht, den stärkeren Mann zu bekämpfen,
Hektor, Priamos' Sohn, vor dem auch andere zittern!
Ihm hat Achilleus selbst in der männerehrenden                                   Feldschlacht
Schaudernd stets sich genaht, der doch viel stärker wie du                 ist.
115     Du denn setze dich nun, zur Schar der Deinigen wandelnd;
Diesem zum Kampf erhebt sich ein anderer wohl der                           Achaier.
Mög' er auch furchtlos sein, auch unersättlich des Krieges;
Doch wird, mein' ich, er froh die ermüdeten Kniee beugen,
Wenn er entrinnt dem blutigen Kampf und der ernsten                       Entscheidung!

120        Also sprach und wandte des Bruders Herz Agamemnon,
Denn sein Wort war gerecht; er gehorcht' ihm; und die                       Genossen
Zogen ihm freudig nunmehr den Waffenschmuck von den                 Schultern.
Aber Nestor erhub sich in Argos Volk, und begann so:

Wehe, wie großes Leid dem achaiischen Lande herannaht!

125    Weinen ja würde vor Schmerz der graue reisige Peleus,
Rühmlich die Myrmidonen mit Rat und Rede beherrschend;
Der einst herzlich erfreut mich fragt' in seinem Palaste,
Rings nach aller Argeier Geschlecht und Zeugungen                           forschend!
Hört' er nun, wie sie alle sich scheu hinschmiegen vor                         Hektor;
130    Flehend würd' er die Händ' empor zu den Himmlischen                       heben,
Daß aus den Gliedern der Geist einging' in Aïdes Wohnung!
Wenn ich, o Vater Zeus, und Pallas Athen', und Apollon,
Grünete, so wie einst, da an Keladons reißendem Strome
Kämpfte der Pylier Heer mit Arkadiens Lanzengeübten,
135    Hart an Pheias Mauern, wo schnell der Jardanos hinströmt!
Vorn war jenen im Kampf Ereuthalion, ähnlich den Göttern,
Hell um die Schultern geschmückt mit des Areithoos                           Rüstung,
Jenes erhabenen Helden, der Keulenschwinger mit Namen
Rings von Männern genannt und schöngegürteten Weibern:
140   Denn nie trug er Bogen noch ragende Lanz' in der                                 Feldschlacht,
Sondern trennte die Reihn mit dem Schwung der eisernen                 Keule.
Diesen erschlug Lykurgos durch Arglist, nicht durch Gewalt               ihn,
Laurend im engen Wege, wo nichts ihm die eiserne                             Keule
Frommete gegen den Tod: denn zuvor ihm rannte Lykurgos
145    Mitten die Lanz' in den Leib, daß zurück auf den Boden er                   hinsank.
Und er entblößt' ihn der Wehr, die geschenkt der eherne                   Ares;
Diese trug er selber hinfort im Getümmel des Ares.
Aber nachdem Lykurgos daheim im Palaste gealtert,
Übergab er die Wehr Ereuthalion, seinem Genossen;
150    Der nun trotzend darauf die Tapfersten alle hervorrief.
Doch sie erbebten ihm all' und zitterten; keiner bestand ihn.
Mich nur entflammte der Mut voll kühnes Vertrauns zu dem             Kampfe,
Unverzagt; doch war an Geburt ich der jüngste von allen.
Und ich kämpft' ihm entgegen, und Ruhm verlieh mir                           Athene.
155    Ihn den größesten nun und gewaltigsten Mann erschlug ich,
Daß weit ausgestreckt er umherlag hiehin und dorthin.
Wär' ich so jugendlich noch, und ungeschwächtes                               Vermögens;
Traun bald fände des Kampfs der helmumflatterte Hektor!
Aber von euch ringsher, den tapfersten Helden Achaias,
160    Keiner auch wagt es getrost dem Hektor dort zu begegnen!

Also schalt der Greis; da erhuben sich neun in der                           Heerschar.
Erst vor allen erstand der Herrscher des Volks Agamemnon;
Ihm zunächst der Tydeide, der starke Held Diomedes;
Drauf die Ajas zugleich, mit trotzigem Mute gerüstet;

165    Dann Idomeneus selbst, und Idomeneus Kriegesgenoß auch,
Held Meriones, gleich dem männermordenden Ares;
Auch Eurypylos darin, der glänzende Sohn des Euämon;
Thoas auch, der Andrämonid', und der edle Odysseus.
Alle sie waren bereit zum Kampf mit dem göttlichen Hektor.
170    Doch von neuem begann der gerenische reisige Nestor:

Jetzt durchs Los miteinander entscheidet es, welcher                     bestimmt sei.
Hoch erfreun wird dieser die hellumschienten Achaier;
Aber er wird auch selbst in seinem Herzen sich freuen,
Wenn er entrinnt dem blutigen Kampf und der ernsten                       Entscheidung.

175        Jener sprach's; und ein Los bezeichnete jeder sich selber;
Alle warfen sie dann in den Helm Agamemnons des Königs.
Aber das Volk hub flehend die Händ' empor zu den Göttern;
Also betete mancher, den Blick gen Himmel gewendet:
Vater Zeus, gib Ajas das Los, o gib's dem Tydeiden,

180    Oder ihm selbst, dem König der golddurchstrahlten Mykene.

Also das Volk; dort schüttelte nun der reisige Nestor;
Und es entsprang dem Helme das Los, das sie selber                           gewünschet,
Ajas Los; rings trug es der Herold durch die Versammlung
Rechtshin, allen es zeigend, den edelen Helden Achaias.

185        Aber nicht erkennend verleugnete solches ein jeder.
Doch wie er jenen erreicht, ringsum die Versammlung                       durchwandelnd,
Der das bezeichnete warf in den Helm, den strahlenden                     Ajas;
Hielt er unter die Hand, und hinein warf's nahend der Herold,
Schnell erkannt' er schauend sein Los, und freute sich                         herzlich;
190    Warf es darin vor die Füße zur Erd' hin, also beginnend:

Wahrlich mein ist, Freunde, das Los, und ich freue mich                 selber
Herzlich; dieweil ich hoffe den Sieg vom göttlichen Hektor.
Aber wohlan, indes ich mit Kriegsgerät mich umhülle;
Fleht ihr alle zu Zeus, dem waltenden Sohne des Kronos,

195   Vor euch selbst in der Stille, daß nicht die Troer es hören;
Oder mit lautem Gebet, denn niemand fürchten wir wahrlich!
Keiner soll durch Gewalt unwillig mit Zwang mich vertreiben,
Noch durch siegende Kunst; denn nicht unkundig des                         Krieges
Hoff' ich in Salamins Flur geboren zu sein und erzogen!

200        Jener sprach's; und sie flehten zu Zeus Kronion dem                       Herrscher.
Also betete mancher, den Blick gen Himmel gewendet:

Vater Zeus, ruhmwürdig und hehr, du Herrscher vom Ida,
Gib nun Ajas den Sieg, daß glänzenden Ruhm er gewinne!
Aber ist auch Hektor dir wert, und waltest du seiner;

205   Gleich darin schmücke sie beide mit Kraft und Ehre des                       Sieges!

Also das Volk; denn es deckte mit blinkendem Erze sich                 Ajas.
Aber nachdem er den Leib ringsum in Waffen gehüllet;
Stürmt' er daher, wie Ares der Ungeheure sich nahet,
Der in die Schlacht eingehet zu Männern, welche Kronion

210    Trieb zum erbitterten Kampfe der geistverzehrenden                         Zwietracht:
Also erhub sich Ajas, der ragende Hort der Achaier,
Lächelnd mit finsterem Ernste des Antlitzes; und mit den                   Füßen
Wandelt' er mächtiges Schritts, und schwang die erhabene               Lanze.
Sein erfreuten sich hoch die Danaer ringsher schauend;
215    Aber dem Volk der Troer durchschauderte Schrecken die                   Glieder.
Selbst dem Hektor begann sein Herz im Busen zu schlagen;
Doch nicht konnt' er nunmehr wo zurückfliehn, noch sich                   verbergen
Unter die Haufen des Volks; denn er forderte selber den                     Zweikampf.
Ajas nahte heran, und trug den türmenden Schild vor,
220   Ehern und siebenhäutig, den Tychios klug ihm vollendet,
Hoch berühmt in des Leders Bereitungen, wohnend in Hyle:
Dieser schuf ihm den regsamen Schild aus sieben Häuten
Feistgenähreter Stier', und umzog zum achten mit Erz sie.
Den nun trug vor der Brust der Telamonier Ajas,
225   Stellte sich nahe vor Hektor, und sprach die drohenden                       Worte:

Hektor, deutlich nunmehr erkennest du, einer mit einem,
Wie sich im Danaervolk noch andere Helden erheben,
Auch nach Peleus' Sohn, dem zermalmenden,                                      löwenbeherzten!
Jener zwar bei den schnellen gebogenen Schiffen des                         Meeres

230   Ruht nun, zürnend im Geist dem Hirten des Volks                                 Agamemnon;
Aber auch wir sind Männer, mit Freudigkeit dir zu begegnen,
Und noch viel! Wohlauf, und beginne du Kampf und                             Entscheidung!

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