Ilias - Kapitel 44 by Homer
Ilias - Kapitel 44 by Homer

Ilias - Kapitel 44

Homer * Track #44 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Ilias - Kapitel 44 by Homer

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Homer

Ilias - Kapitel 44 Annotated

Listenreich antwortete drauf die Herrscherin Here:
330   Welch ein Wort, Kronion, du Schrecklicher, hast du geredet!
Wenn du jetzt in Liebe gesellt zu ruhen begehrest
Oben auf Idas Höhn, wo umher frei alles erscheinet;
O wie wär's, wenn uns einer der ewigwährenden Götter
Beid' im Schlummer erblickt', und den Himmlischen allen es             eilend
335   Meldete? Traun nie kehrt' ich hinfort zu deinem Palaste,
Aufgestanden vom Lager; denn unanständig ja wär' es!
Aber wofern du willst, und deiner Seel' es genehm ist;
Hast du ja ein Gemach, das dein Sohn, der kluge Hephästos,
Dir gebaut, und die künstliche Pfort' an die Pfosten gefüget:
340   Dorthin gehn wir zu ruhn, gefällt dir jetzo das Lager.

Ihr antwortete drauf der Herrscher im Donnergewölk Zeus:
Here, weder ein Gott, vertraue mir, weder ein Mensch auch
Wird uns schaun: denn ein solches Gewölk umhüll' ich dir                 ringsum,
Strahlend von Gold; nie würd' uns hindurchspähn Helios                     selber,

345   Der doch scharf vor allen mit strahlenden Augen                                 umherblickt.

Also Zeus, und umarmte voll Inbrunst seine Gemahlin.
Unten nun sproß die heilige Erd' aufgrünende Kräuter,
Lotos mit tauiger Blum', und Krokos, samt Hyakinthos,
Dichtgedrängt und weich, die empor vom Boden sie trugen:

350   Hierauf ruheten beid', und hüllten sich rings ein Gewölk um,
Schön und strahlend von Gold; und es taueten glänzende                   Tropfen.

Also schlummerte dort auf Gargaros Höhe der Vater,
Sanft von Schlaf bezwungen und Lieb', und umarmte die                     Gattin.
Eilend lief der erquickende Schlaf zu den Schiffen Achaias,

355   Botschaft anzusagen dem Erderschüttrer Poseidon;
Nahe trat er hinan, und sprach die geflügelten Worte:

Jetzo mit Ernst, Poseidon, den Danaern Hilfe gewähret!
Ihnen verleih' itzt Ruhm, zum wenigsten, weil noch Kronion
Schläft; ich selber umhüllt' ihn mit sanft betäubendem                       Schlummer,

360   Als ihn Here betört zu holder Lieb' und Umarmung.

Dieses gesagt, entflog er zu rühmlichen                                             Menschengeschlechtern.
Doch ihn reizt' er noch mehr, dem Danaervolke zu helfen.
Schnell in das Vordergetümmel voraus sich stürzend                           ermahnt' er:

Argos' Söhn', auch jetzo vergönnen wir Sieg dem Hektor,

365   Priamos' Sohn, daß er nehme die Schiff, und Ruhm sich                       gewinne?
Aber er wähnt zwar also, und frohlockt, weil noch Achilleus
Bei den geräumigen Schiffen verweilt mit zürnendem                         Herzen.
Dennoch vermissen wir sein nicht sonderlich, wenn nur wir               andern
Mutiger angestrengt uns verteidigen untereinander!
370   Aber wohlan, wie ich rede das Wort, so gehorchet mir alle.
Jetzt die gewaltigsten Schild' und größesten unseres Heeres
Angelegt und die Häupter in weithinstrahlende Helme
Eingehüllt, in den Händen die mächtigsten Lanzen                               bewegend,
Wollen wir gehn, ich selber voran; und schwerlich besteht                 uns
375   Hektor, Priamos' Sohn, wie ungestüm er daherstrebt!
Ist wo ein streitbarer Mann, der mit kleinerem Schilde sich                 decket,
Reich' er dem schwächeren Krieger ihn dar, und nehme den               größern!

Jener sprach's; da hörten sie aufmerksam, und gehorchten.
Ringsum ordneten diese die Könige selbst, auch verwundet,

380   Tydeus' Sohn, und Odysseus, und Atreus' Sohn                                     Agamemnon;
Gingen umher, und vertauschten die kriegrischen Waffen                   der Männer:
Starke bekam der Starke, dem Schwächeren gaben sie                       schwache.
Aber nachdem sie den Leib mit blendendem Erz sich                           umhüllet,
Drangen sie vor; sie führte der Erderschüttrer Poseidon,
385   Tragend ein Schwert, entsetzlich und lang, in der nervichten             Rechte,
Gleich dem flammenden Blitz, dem niemand wagt zu                         begegnen
In der vertilgenden Schlacht; auch die Furcht schon hemmet             die Krieger.

Trojas Söhn' auch stellte der strahlende Hektor in Ordnung.
Siehe mit schrecklicher Wut nun strengten den Kampf der                 Entscheidung

390   Der schwarzlockige Herrscher des Meers, und der strahlende           Hektor,
Dieser dem Troervolk, und der den Danaern helfend.
Hoch aufwogte das Meer an der Danaer Schiff' und Gezelte
Brandend empor; und sie rannten mit lautem Geschrei                       aneinander.
Nicht so donnert die Woge mit Ungestüm an den Felsstrand,
395   Aufgestürmt aus dem Meer vom gewaltigen Hauche des                   Nordwinds;
Nicht so prasselt das Feuer heran mit sausenden Flammen
Durch ein gekrümmt Bergtal, wann den Forst zu verbrennen             es auffuhr;
Nicht der Orkan durchbrauset die hochgewipfelten Eichen
So voll Wut, wann am meisten mit großem Getös' er                           dahertobt:
400   Als dort laut der Troer und Danaer Stimmen erschollen,
Da sie mit grausem Geschrei anwüteten gegeneinander.

Jetzo zielt' auf Ajas zuerst der strahlende Hektor,
Als er sich gegen ihn wandt', und nicht verfehlt' ihn die                       Lanze:
Dort wo ihm zween Riemen sich breiteten über den Busen,

405   Dieser vom Schild', und jener des silbergebuckelten                             Schwertes,
Traf er; doch beide beschirmten den Leib. Da zürnete Hektor,
Daß sein schnelles Geschoß umsonst aus der Hand ihm                     entflohn war;
Und in der Freunde Gedräng' entzog er sich, meidend das                   Schicksal.
Aber den Weichenden traf der Telamonier Ajas
410    Schnell mit dem Stein; denn viele, die räumigen Schiffe zu                 stützen,
Lagen gewälzt vor den Füßen der Kämpfenden: den nun                     erhebend,
Warf er über dem Schilde die Brust ihm, nahe dem Halse;
Jenen schwang, wie den Kräusel, der Wurf, und er taumelte               ringsum;
So wie vor Zeus' hochschmetterndem Schlag hinstürzet die               Eiche,
415    Wurzellos, und entsetzlich der Dampf des brennenden                       Schwefels
Ihr entsteigt; mutlos und betäubt steht, welcher es anschaut
Nahe dem Ort; denn furchtbar ist Zeus' des Allmächtigen                   Donner:
Also stürzt' in den Staub die Gewalt des göttlichen Hektor.
Schnell entsank die Lanze der Hand, es folgte der Schild                     nach,
420   Auch der Helm; ihn umklirrte das Erz der prangenden                         Rüstung.
Laut vor Freud' aufjauchzend bestürmten ihn Männer                         Achaias,
Hoffend ihn wegzuziehn, und schleuderten häufig Speere
Gegen ihn; dennoch traf den Völkerhirten nicht einer,
Weder mit Stoß noch Wurf, denn die Tapfersten nahten                     umwandelnd,
425   Held Äneias, Polydamas auch, und der edle Agenor,
Auch Sarpedon, der Lykier Fürst, und der treffliche Glaukos;
Auch der anderen keiner versäumt' ihn, sondern sie hielten
Wohlgeründete Schild' ihm zur Abwehr. Doch ihn erhebend
Trugen die Freund' auf den Armen aus Kriegsarbeit zu den                 Rossen,
430   Welche geflügeltes Hufs ihm hinter dem Kampf und                           Gefechte
Standen, gehemmt vom Lenker am kunstreich prangenden               Wagen;
Diese trugen zur Stadt den schwer aufstöhnenden Krieger.

Als sie nunmehr an die Furt des schönhinwallenden                         Xanthos
Kamen, des wirbelnden Stroms, den Zeus der Unsterbliche               zeugte;

435   Legten sie dort vom Geschirr zur Erd' ihn, sprengten dann                   asser
Über ihn her: bald atmet' er auf, und blickte gen Himmel;
Hingekniet dann saß er, und spie schwarzschäumendes Blut             us;
Aber zurück nun sank er zur Erd' hin, und es umhüllte
Finstere Nacht ihm die Augen; denn noch betäubte der Wurf             ihn.

440        Argos' Söhn', als jetzo sie Hektor sahen hinweggehn,
Drangen gestärkt in der Troer Gewühl, und entbrannten vor               treitlust.
Siehe zuerst traf Ajas, der rasche Sohn des Oileus,
Satnios, ungestüm mit spitziger Lanz' ihn ereilend,
Enops Sohn; ihn gebar dem rinderweidenden Enops

445   Eine schöne Najad' an Satniois grünenden Ufern:
Diesen traf anrennend der streitbare Sohn des Oileus
Durch die Weiche des Bauchs, daß er taumelte; und ihn                     umdrängten
Troer zugleich und Achaier, gemischt zu grauser                                 Entscheidung.
Aber der Lanzenschwinger Polydamas kam ihm ein Rächer,
450   Panthoos Sohn, und schoß Prothoënor rechts in die Schulter,
Areïlykos' Sohn, daß hindurch der stürmende Wurfspieß
Fuhr; und er sank in den Staub, mit der Hand den Boden                     ergreifend.
Hoch frohlockte darob Polydamas, laut ausrufend:

Nicht ist jetzt, wie ich meine, dem mutigen Panthoiden

455   Aus der gewaltigen Hand umsonst entsprungen der                             Wurfspieß;
Sondern der Danaer einer empfing ihn im Leib'; und                             vermutlich
Wird er, gestützt auf den Stab, in Aïdes Wohnung                               hinabgehn!

Jener sprach's; und es schmerzte der jauchzende Ruf die               Achaier;
Aber dem Ajas schwoll sein mutiges Herz vor Betrübnis,

460   Ihm des Telamons Sohn, dem zunächst hinsank Prothoënor.
Schnell dem Weichenden nach entsandt' er die blinkende                 Lanze.
Zwar Polydamas selber vermied das schwarze Verhängnis,
Schnell zur Seite gewandt; doch Archilochos, Sohn des                       Antenor,
Fing es auf; ihn weihte der Götter Rat dem Verderben.
465   Diesem flog das Geschoß, wo Haupt und Nacken sich füget,
Oben am Wirbel hinein, und durchschnitt ihm beide die                     Sehnen;
Daß ihm eher das Haupt und Mund und Nas' auf die Erd' hin
Taumelten, ehe hinab die Knie' und Schenkel ihm sanken.
Laut rief Ajas nunmehr zu Panthoos trefflichem Sohne:

470        Sinne, Polydamas, nach, und sage mir lautere Wahrheit!
War nicht dieser ein Mann, Prothoënors wegen zu fallen,
Würdig genug? Kein Niedrer erscheint er mir, oder von                       Niedern;
Sondern ein leiblicher Bruder des Rossezähmers Antenor,
Oder ein Sohn; ihm muß an Geschlecht er nahe verwandt                   sein.

475        Sprach's, ihn wohl erkennend; doch Schmerz erfüllte die               Troer.
Akamas stieß mit dem Speer itzt Promachos hin den Böoten,
Treu den Bruder umwandelnd, da er an den Füßen ihn                         wegzog.
Hoch frohlockte darob Held Akamas, laut ausrufend:

Argos' Volk, Pfeilkühne, der Drohungen ganz unersättlich!

480   Nicht wird wahrlich allein Mühseligkeit stets und Betrübnis
Uns zu teil; euch selber ist so zu fallen geordnet!
Schaut, wie Promachos euch, von meiner Lanze gebändigt,
Ruhig schläft; daß nicht des Bruders schuldige Rache
Lang' euch bleib' unbezahlt! So wünscht auch ein anderer                   Mann wohl
485   Einen Freund im Hause, des Streits Abwehrer, zu lassen!

Jener sprach's; und es schmerzte der jauchzende Ruf die               Achaier.
Aber Peneleos schwoll sein mutiges Herz vor Betrübnis.
Wild auf Akamas sprang er; doch nicht zu bestehen                           vermochte
Jener des Königes Sturm; und Ilioneus streckt' er danieder,

490   Phorbas' Sohn, des herdebegüterten, welchen Hermeias
Hoch im Volk der Troer geliebt, und mit Habe gesegnet;
Doch ihm hatte sein Weib den Ilioneus einzig geboren:
Unter der Brau' ihm stach er die unterste Wurzel des Auges,
Daß ihm der Stern ausfloß, und der Speer durchs Auge                       gebohret,
495   Hinten den Schädel zerbrach; und er saß ausbreitend die                   Hände
Beide. Peneleos drauf, das geschliffene Schwert sich                           entreißend,
Schwang es gerad' auf den Nacken, und schmetterte nieder               zur Erde
Samt dem Helme das Haupt; noch war die gewaltige Lanze
Ihm durchs Auge gebohrt; dann hub er es, ähnlich dem                       Mohnhaupt,
500   Zeigt' es dem Troervolk, und sprach mit jauchzender                           Stimme:

Meldet mir dies, ihr Troer, Ilioneus' Vater und Mutter,
Daß sie den glänzenden Sohn daheim im Palaste betrauern!
Denn auch nicht des Promachos Weib, des Sohns                               Alegenors,
Heißt den trauten Gemahl willkommen hinfort, wann aus                   Troja

505   Heim wir kehren in Schiffen, wir blühenden Männer Achaias!

Jener sprach's; und rings nun faßte sie bleiches Entsetzen;
Jeglicher schaut' umher, zu entfliehn dem grausen                               Verderben.

Sagt mir anitzt, ihr Musen, olympische Höhen bewohnend,
Wer der Achaier zuerst des Erschlagenen blutige Rüstung

510   Raubte, nachdem gewendet die Schlacht der gewaltige                      Meergott.

Ajas, Telamons Sohn, stieß erst den Hyrtios nieder,
Gyrtias' Sohn, den Ordner der trotzigen Myserscharen;
Drauf Antilochos nahm des Mermeros Wehr, und des                         Phalkes;
Aber Meriones warf den Hippotion nieder und Morys;

515    Teukros darauf entraffte den Prothoon und Periphetes;
Atreus' Sohn auch stach dem Hirten des Volks Hyperenor
Tief in die Weiche des Bauchs, und die Eingeweide                               durchdrang ihm
Schneidend das Erz; daß die Seel' aus der gaffenden                           Todeswunde
Schleunig entfloh, und die Augen ihm nächtliches Dunkel                   umhüllte.
520   Doch schlug Ajas die meisten, der rasche Sohn des Oileus;
Denn ihm gleich war keiner, im fliegenden Lauf zu verfolgen
Zitternder Männer Gewühl, sobald Zeus Schrecken erregte.

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