Ilias - Kapitel 64 by Homer
Ilias - Kapitel 64 by Homer

Ilias - Kapitel 64

Homer * Track #64 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Ilias - Kapitel 64 by Homer

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Homer

Ilias - Kapitel 64 Annotated

Als er solches vernommen, der Erderschüttrer Poseidon;
Flugs durcheilt' er den Kampf und den klirrenden Sturm der               Geschosse,
320   Hin wo Äneias war, und der hochberühmte Achilleus.
Jenem sogleich nun goß er umschattende Nacht vor die                     Augen,
Peleus' Sohn Achilleus, und selbst die mordende Esche
Zog er zurück aus dem Schilde dem mutigen Held Äneias,
Legte sie dann vor die Füße des Peleionen Achilleus.
325   Doch den Äneias schwang er, empor von der Erd' ihn                           erhebend;
Und weit über die Reihen des Volks, und die Reihen der                     Rosse,
Flog Äneias hinweg, von der Hand des Gottes geschleudert;
Bis er kam an die Grenze des tobenden                                                   Schlachtengetümmels,
Wo der Kaukonen Volk zum Kampf gerüstet einherzog,
330   Jetzo naht' ihm wieder der Erderschüttrer Poseidon;
Und er begann zu jenem, und sprach die geflügelten Worte:

Welch ein Gott, Äneias, gebietet dir, also verblendet
Gegen des Peleus' Sohn zu kämpfen dem Kampf der                           Entscheidung,
Der weit mächtiger ist, und mehr geliebt von den Göttern?

335    Künftig weiche zurück, so oft du jenem begegnest;
Daß nicht trotz dem Verhängnis in Aïdes Haus du                               hinabsteigst.
Aber nachdem Achilleus den Tod und das Schicksal erreicht             hat;
Dann getrost fortan in den vordersten Reihen gekämpfet!
Denn kein anderer sonst der Danaer raubt dir die Rüstung.

340        Sprach's, und verließ ihn daselbst, nachdem er ihm alles               verkündigt.
Schnell dem Achilleus anjetzt von den Augen scheucht' er                 des Nebels
Hehre Nacht; und sofort weit schauet' er rings mit den                       Augen.
Tief aufseufzt' er und sprach zu seiner erhabenen Seele:

Weh mir! ein großes Wunder erblick' ich dort mit den                     Augen!

345    Siehe, die Lanze liegt an der Erd' hier; aber der Mann ist
Nirgends, dem ich sie warf, ihn auszutilgen verlangend!
Ei daß auch Äneias geliebt von unsterblichen Göttern
War! doch meint' ich gewiß, er rühme sich nur so vergebens.
Wandr' er dahin! Nie wahrlich mit mir sich annoch zu                         versuchen
350   Waget er, der auch nun zu entfliehn sich freut aus dem                       Tode!
Auf denn, nunmehr anmahnend der Danaer                                           Kriegesgeschwader,
Will ich die anderen Troer im feindlichen Kampfe versuchen!

Rief's, und sprang in die Reihn, und ermunterte jeglichen               Streiter:
Nicht so fern von den Troern enthaltet euch, edle Achaier;

355   Alle nun, Mann auf Mann, dringt ein, und gedenket des                       Kampfes!
Denn zu schwer wird mir's, wie groß auch meine Gewalt sei,
Solch ein Männergewühl zu umgehn, und mit allen zu                         kämpfen!
Selbst nicht Ares vermöcht' ein Unsterblicher zwar, noch                   Athene,
Solchen Schlund des Gewürgs mit Kriegsarbeit zu                               umwandeln!
360   Aber so viel ich selber vermag an Händen und Schenkeln
Und an Gewalt; nicht mein' ich das mindeste des zu                           versäumen;
Sondern rings durchwandl' ich die Ordnungen; nimmer auch,           hoff' ich
Wird ein Troer sich freun, wer meinem Speere begegnet!

Also ermahnte der Held; auch dort der strahlende Hektor

365   Rief den Troern Befehl, und verhieß dem Kampf mit                             Achilleus:

Trojas mutige Söhne, verzagt nicht vor dem Peleiden!
Wohl auch ich mit Worten Unsterbliche selber bekämpft'                   ich,
Doch mit dem Speer unmöglich; denn weit gewaltiger sind               sie.
Nimmer vermag auch Achilleus ein jegliches Wort zu                         vollenden;

370   Sondern eins vollbringt er, das andere läßt er verstümmelt.
Ihm nun eil' ich entgegen, und wäre sein Arm wie die                         Flamme,
Wäre sein Arm wie die Flamme, sein Mut wie blinkendes                  Eisen!

Also ermahnte der Held; da erhuben sie drohende Lanzen,
Trojas Söhn', und es stürmte der Streiter Gewühl, und                         Geschrei scholl.

375    Jetzo trat zu Hektor und redete Phöbos Apollon:

Hektor, durchaus nicht mehr mit Achilleus wage den                       Vorkampf,
Sondern umher in der Meng' und dem Schlachtgetümmel                 erhasch' ihn:
Daß nicht etwa sein Speer dich bändige, oder sein                               Schwerthieb!

Jener sprach's; und Hektor entwich in den Haufen der                     Männer,

380   Angstvoll, als er die Stimme vernahm des redenden Gottes.
Aber Achilleus sprang voll stürmender Kraft in die Troer,
Mit graunvollem Geschrei; und zuerst den Iphition rafft' er,
Ihn des Otrynteus Sohn, den tapferen Völkergebieter,
Welchen gebar die Najade denn Städteverwüster Otrynteus,
385   Unten am schneeigen Tmolos, in Hydas fettem Gefilde.
Diesem, der anlief, schoß mit dem Speer der edle Achilleus

Grad' auf die Mitte des Haupts, und ganz voneinander                         zerbarst es.
Dumpf hinkracht' er im Fall; da rief frohlockend Achilleus:

Liege nun, Otrynteide, du Schrecklichster unter den                         Männern!

390   Hier ist also dein Tod; die Geburt war fern an Gygäas
Schönem See, wo dir dein väterlich Erbe gebaut wird,
Am fischwimmelnden Hyllos, und Hermos strudelnden                       Wassern!

So frohlockte der Held; doch jenen umschattete Dunkel;
Und von der Danaer Rossen zermalmt mit rollenden Rädern

395   Lag er im Vordergewühl. Nach ihm dem Demoleon jetzo,
Jenem tapferen Wehrer der Schlacht, Antenors Erzeugtem,
Stieß er den Speer in den Schlaf, durch des Helms                               erzwangige Kuppel:
Wenig hemmte das Erz den Stürmenden; sondern hindurch               drang
Schmetternd die eherne Spitz' in den Schädel ihm; und sein               Gehirn ward
400   Ganz mit Blute vermischt: so bändigt' er jenen im Angriff.
Drauf dem Hippodamas stürmt' er, der rasch vom Wagen                 herabsprang,
Als er vor ihm hinbebte, den ehernen Speer in den Rücken;
Und er verhauchte den Geist, und stöhnete dumpf, wie ein                 tier oft
Stöhnete, umgeschleppt um den helikonischen Herrscher,
405   Wann ihn Jünglinge schleppen; es freut sich ihrer Poseidon:
Also stöhnt' auch jener, den mutigen Geist aushauchend.
Er dann flog mit dem Speer auf den göttlichen Held                             Polydoros,
Priamos' Sohn. Ihm wehrete noch sein Vater die                                   Feldschlacht,
Weil er der jüngste Sohn, gezeugt in späterem Alter,
410    Und der geliebteste war, ein rüstiger Läufer vor allen.
Jetzt vor kindischer Lust, mit hurtigen Füßen zu prangen,
Tobt' er im Vorderkampf, bis sein blühendes Leben dahin                   war.
Den nun traf mit der Lanze der mutige Renner Achilleus,
Als er vorüberflog, an den Rückgrat, wo sich des Gurtes
415    Goldene Spang' ihm schloß, und zwiefach hemmte der                       Harnisch.
Aber hindurch an den Nabel durchstürmt' ihn die eherne                   Spitze;
Heulend sank er aufs Knie; und Gewölk des Todes umhüllt'               ihn
Schwarz; und er rafft' empor das Gedärm mit den Händen                 sich krümmend.
Hektor, sobald er gesehn, wie dort Polydoros der Bruder
420   Hielt das Gedärm in den Händen, umhergekrümmt auf der                 Erde;
Schnell vor die Augen herab floß Dunkel ihm, und er ertrug               nicht
Länger entfernt sich zu wenden; hinangestürmt zu                               Achilleus,
Schwenkt' er den blinkenden Speer, wie ein Glutstrahl. Aber             Achilleus,
So wie er sah, aufsprang er, und rief frohlockend die Worte:

425        Siehe der Mann, der so schmerzlich mein innerstes Herz               mir verwundet,
Der den Genossen mir schlug, den trautesten! Länger                         fürwahr nicht
Wollen wir scheu voreinander entfliehn durch die Pfade des             Treffens!

Sprach's, und mit finsterem Blicke begann er zum                          göttlichen Hektor:
Näher heran, daß du eilig das Ziel des Todes erreichest!

430       Wieder begann unerschrocken der helmumflatterte                        Hektor:
Peleus' Sohn, mit Worten fürwahr nicht, gleich wie ein                       Knäblein,
Hoffe mich abzuschrecken; denn wohl vermöcht' ich ja                       selber,
So herzschneidende Wort' als frevele auszurufen.
Weiß ich doch, wie tapfer du bist, und wie weit ich dir                       nachsteh.

435   Aber solches ruht ja im Schoß der seligen Götter:
Ob ich, wiewohl geringer an Kraft, dein Leben dir raube,
Treffend mit meinem Geschoß, das auch an der Spitze                       geschärft ist.

Sprach's, und die Lanz' aufschwingend, entsandt' er sie.                 Aber Athene
Trieb mit dem Hauch sie zurück vom Peleionen Achilleus,

440   Sanft entgegen ihr atmend; und hin zum göttlichen Hektor
Flog sie, und sank kraftlos zu den Füßen ihm. Aber Achilleus
Stürzte begierig hinan, ihn auszutilgen verlangend,
Mit graunvollem Geschrei; doch schnell entrückt ihn                           Apollon,
Sonder Müh', als Gott, und hüllt, in Nebel ihn ringsher.
445   Dreimal stürzt' er hinan, der mutige Renner Achilleus,
Zuckend mit ehernem Speer, und dreimal stach er den                       Nebel.
Als er das vierte Mal drauf anstürmete, stark wie ein Dämon;
Jetzo mit drohendem Laut die geflügelten Worte begann er:

Wieder entrannst du dem Tode, du Hund! Schon nahte                   Verderben

450   Über dem Haupt; allein dich errettete Phöbos Apollon,
Den du gewiß anflehst, ins Geklirr der Geschosse dich                         wagend!
Doch bald mein' ich mit dir zu endigen, künftig begegnend;
Würdiget anders auch mich ein unsterblicher Gott zu                         begleiten!
Jetzo eil' ich umher zu den übrigen, wen ich erhasche!

455        Sprach's, und Dryops stach er gerad' in den Hals mit der               Lanze,
Daß er hinab vor die Füß' ihm taumelte. Den nun verließ er;
Drauf den Philetoriden Demuchos, groß und gewaltig,
Hemmt' er im Lauf, sein Knie mit gesendeter Lanze                             verwundend,
Schwang dann genaht sein mächtiges Schwert, und raubt'                 ihm die Seele.

460   Drauf den Laogonos auch und Dardanos, Söhne des Bias,
Stürzet' er beid' anrennend vom Wagengeschirr auf die Erde:
Den mit der Lanze Wurf, und den mit dem Hiebe des                           Schwertes.
Tros dann, Alastors Sohn: der naht' ihm, fassend die Kniee,
Ob er sein des Gefangenen schont', und ihn lebend entließe,
465   Und ihn nicht zu erschlagen, an Alter ihm gleich, sich                         erbarmte:
Törichter, nicht ja erkannt' er, wie all sein Flehen umsonst                 war;
Denn nicht sanft war jener gesinnt, noch freundliches                         Herzens,
Sondern ein heftiger Mann! Zwar faßt' ihm jener die Kniee,
Strebend ihn anzuflehn; doch er haut' ihm das Schwert in die             Leber,
470   Daß ihm die Leber entsank, und das schwarze Blut aus der                 Wunde
Ganz den Busen erfüllt'; und Nacht umzog ihm die Augen,
Weil ohnmächtig er sank. Auch dem Mulios stieß er die                     Lanze
Nahend ins Ohr, und sogleich aus dem anderen Ohre hervor             drang
Jenem das spitzige Erz. Auch Agenors Sohn dem Echeklos
475   Schwang er tief in den Schädel das Schwert mit gewaltigem               Hefte:
Ganz ward warm die Klinge vom spritzenden Blut; und die                 Augen
Übernahm der finstere Tod und das grause Verhängnis.
Auch den Deukalion jetzt: wo der Sehnen Geflecht sich                       vereinigt
Unter dem Buge des Arms, dort traf, die Rechte                                   durchbohrend,
480   Ihn das spitzige Erz; und er harrt', am Arme gelähmet,
Vor sich schauend den Tod; doch das Schwert in den Nacken           ihm haut' er
Daß mit dem Helme das Haupt ihm enttaumelte; und aus                 den Wirbeln
Spritzte das Mark ihm empor, und er lag auf der Erde sich                 streckend.
Weiter darauf enteilt' er zu Peireos trefflichem Sohne,
485   Rigmos, der aus Thrake der scholligen hergekommen:
Diesem schoß er die Lanze gerad' in die Weiche des                           Bauches;
Und er entsank dem Geschirr. Areïthoos drauf dem                             Genossen,
Als er die Ross' umlenkte, den ehernen Speer in den Rücken
Stieß er, und warf ihn vom Wagen; es tummelten bäumend               die Rosse.
490   Wie ein entsetzlicher Brand die gewundenen Tale                               durchwütet,
Hoch im dürren Gebirg'; es entbrennt unermeßlich die                       Waldung,
Und rings wehet der Wind mit sausenden Flammenwirbeln:
So rings flog mit der Lanze der Wütende, stark wie ein                       Dämon,
Folgend zu Mord und Gewürg'; und Blut umströmte die Erde.
495   Wie wenn ein Mann ins Joch breitstirnige Stiere gespannet,
Weiße Gerste zu dreschen auf rundgeebneter Tenne;
Leicht wird zermalmt das Getreide vom Tritt der brüllenden               Rinder:
So vor Achilleus dort dem Erhabenen trabten die Rosse
Stampfend auf bäuchige Schild' und Leichname; unten                       besudelt
500   Troff die Achse von Blut, und die zierlichen Ränder des                       Sessels,
Welchen jetzt von der Hufe Gestampf anspritzten die                         Tropfen,
Jetzt von der Räder Beschlag. So wütet' er, Ruhm zu                             gewinnen,
Peleus' Sohn, mit Blut die unnahbaren Hände besudelt.

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