Ilias - Kapitel 32 by Homer
Ilias - Kapitel 32 by Homer

Ilias - Kapitel 32

Homer * Track #32 On Ilias (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Ilias - Kapitel 32 by Homer

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Homer

Ilias - Kapitel 32 Annotated

Elfter Gesang

Am Morgen rüstet sich Agamemnon, und führt zur Schlacht. Hektor ihm entgegen. Vor Agamemnons Tapferkeit fliehn die Troer. Zeus vom Ida sendet dem Hektor Befehl, bis Agamemnon verwundet sei, den Kampf zu vermeiden. Der verwundete Agamemnon entweicht, und Hektor dringt vor. Verwundet kehrt Diomedes zu den Schiffen; dann Odysseus, von Ajas aus der Umzingelung gerettet; dann Machaon und Eurypylos. Zu Nestor, der mit Machaon vorbeifuhr, sendet Achilleus den Patroklos zu fragen, wer der Verwundete sei. Patroklos, durch Nestors Rede gerührt, begegnet dem Eurypylos, führt ihn voll Mitleid ins Zelt, und verbindet ihn.

Eos nunmehr aus dem Lager des hochgesinnten Tithonos
Hub sich, Göttern das Licht und sterblichen Menschen zu                   bringen.
Zeus nun sandte daher zu den rüstigen Schiffen Achaias
Eris, die schreckliche Göttin, das Zeichen des Kampfs in den             Händen.
5        Und sie betrat des Odysseus gewaltiges dunkeles Meerschiff,
Welches die Mitt' einnahm, daß beiderseits sie vernähmen,
Dort zu Ajas' Gezelten hinab, des Telamoniden,
Dort zu des Peleionen, die beid' an den Enden ihr Schiffheer
Aufgestellt, hochtrotzend auf Mut und Stärke der Hände.
10      Hier nun stand die Göttin und schrie, machtvoll und                             entsetzlich,
Laut in Achaias Heer, und rüstete jegliches Mannes
Busen mit Kraft, rastlos im Streite zu stehn und zu kämpfen.
Allen sofort schien süßer der Krieg, als wiederzukehren
In den gebogenen Schiffen zum lieben Lande der Väter.

15          Atreus' Sohn auch rief und ermahnete, schnell sich zu                   gürten,
Argos' Volk; auch deckt' er sich selbst mit blendendem Erze.
Eilend fügt' er zuerst um die Beine sich bergende Schienen,
Blank und schön, anschließend mit silberner                                         Knöchelbedeckung;
Weiter umschirmt' er die Brust ringsher mit dem ehernen                 Harnisch,

20     Welchen Kinyras einst zum Gastgeschenk ihm verliehen.
Denn er vernahm in Kypros den großen Ruf der Achaier,
Daß sie vereint gen Troja hinaufzuschiffen beschlossen;
Darum schenkt' er ihm jenen, gefällig zu sein dem                               Beherrscher.
Ringsum wechselten zehn blauschimmernde Streifen des                   Stahles,
25      Zwölf aus funkelndem Gold', und zwanzig andre des Zinnes;
Auch drei bläuliche Drachen erhuben sich gegen den Hals                 ihm
Beiderseits, voll Glanz wie Regenbogen, die Kronos'
Sohn in die Wolken gestellt, den redenden Menschen zum                 Zeichen.
Hierauf warf er das Schwert um die Schulter sich: goldene                 Buckeln
30     Leuchteten über das Heft; und die Kling' umhüllte die                         Scheide,
Silberhell, am Gehenk von strahlendem Golde befestigt.
Drauf den gewaltigen Schild, den ringsbedeckenden, hub er,
Schön von Kunst: ihm liefen umher zehn eherne Kreise;
Auch umblinkten ihn zwanzig von Zinn gewölbete Nabel,
35     Weiß, und der mittlere war von dunkeler Bläue des Stahles.
Auch die Schreckengestalt der Gorgo drohete schlängelnd,
Mit wutfunkelndem Blick, und umher war Graun und                           Entsetzen.
Silbern war des Schildes Gehenk; und gräßlich auf diesem
Schlängelt' ein bläulicher Drache dahin; drei Häupter des                   Scheusals
40     Waren umhergekrümmt, aus einem Halse sich windend.
Drauf umschloß er das Haupt mit des Helms viergipflichter               Kuppel,
Von Roßhaaren umwallt; und fürchterlich winkte der                           Helmbusch.
Auch zwo mächtige Lanzen, gespitzt mit der Schärfe des                   Erzes,
Faßte der Held, daß ferne das Erz zum erhabenen Himmel
45     Leuchtete. Laut her donnerten nun Athenäa und Here,
Hoch zu ehren den König der golddurchstrahlten Mykene.

Jetzo gebot ein jeder dem eigenen Wagenlenker,
Dort am Graben die Ross' in geordneter Reihe zu halten.
Aber die Streiter zu Fuß mit ehernen Waffen gerüstet

50     Drangen voran; und laut erscholl ihr Geschrei in der                             Dämmrung.
Vor den Reisigen zogen sie nun, am Graben geordnet;
Nahe folgeten dann die Reisigen. Aber Getümmel
Tobte durchs Heer, von Kronion erregt, der hoch aus dem                 Äther
Tau mit Blute gesprengt ausschüttete; denn er gedachte,
55      Viele tapfere Häupter hinabzusenden zum Aïs.

Jenseits hielten die Troer geschart auf dem Hügel des                   Feldes;
Hektor der Große gebot und der edle Polydamas jenen,
Auch Äneias, geehrt wie ein Gott im Volke der Troer,
Polybos auch, und Agenor der Held, und der mutige Jüngling

60     Akamas, Göttern gleich, drei tapfere Söhn' Agenors.
Hektor durchging die ersten mit rund gewölbetem Schilde.
So wie aus Nachtgewölk ein Stern zum Verderben                               hervorblickt,
Strahlend umher; dann wieder sich taucht in schattende                     Wolken:
Also erschien itzt Hektor, die vordersten rings                                       durchwandelnd,
65     Jetzo im äußersten Zug', und ordnete; ganz in dem Erze
Leuchtet' er, ähnlich dem Strahl des ägiserschütternden                     Vaters.

Siehe nunmehr, wie Schnitter entgegenstrebend einander
Grade das Schwad hinmähn, auf der Flur des begüterten                     Mannes,
Weizen oder auch Gerst', und die sinkenden Bunde sich                      häufen:

70     Also stürmten die Troer und Danaer gegeneinander
Mordend, nicht hier noch dort der verderblichen Flucht sich               erinnernd;
Haupt an Haupt drang alles zur Feldschlacht; und wie die                   Wölfe
Tobten sie. Froh nun schaute die jammererregende Eris:
Denn sie allein war noch der Unsterblichen unter den                         Streitern;
75      Und kein anderer Gott gesellte sich; sondern geruhig
Saßen sie all' in den eignen Behausungen, dort wo für jeden
Prangt' ein schöner Palast, auf den steigenden Höhn des                     Olympos.
Alle tadelten sie den schwarzumwölkten Kronion,
Weil er beschloß den Troern des Sieges Ruhm zu verleihen.
80     Doch nicht achtete dessen der Donnerer; ferne gesondert
Schied er hinweg von den andern, und setzte sich, freudiges             Trotzes,
Weit umschauend der Troer Stadt und die Schiffe Achaias,
Und den Glanz des Erzes, und Würgende rings und Erwürgte.

Weil noch Morgen es war, und der heilige Tag emporstieg;

85      Hafteten jegliches Heeres Geschoss', und es sanken die                     Völker.
Doch wenn ein Mann, holzhauend im Forst, sein Mahl sich                 bereitet,
An des Gebirgs Abhängen, nachdem er die Arme gesättigt,
Ragende Bäume zu haun, und Unlust drang in die Seele,
Und nach erquickender Kost sein Herz vor Verlangen ihm                 schmachtet:
90     Jetzo mit Kraft durchbrachen die Danaer kühn die                               Geschwader,
Rufend den Freunden umher in den Ordnungen. Sieh'                         Agamemnon
Stürmte voran, und entraffte den Völkerhirten Bianor,
Ihn, und darauf den Genossen, den Wagenlenker Oileus.
Dieser schwang sich herab vom Wagengeschirr, sind                         bestand ihn;
95     Doch in des grad' Anstrebenden Stirn mit spitziger Lanze
Stach er; und nicht verwehrte des Helms erzlastende Kuppel,
Sondern sie drang durch Erz und Schädel ihm, und sein                       Gehirn ward
Ganz mit Blute vermischt: so bändigt' er jenen im Angriff.

Sie nun ließ er daselbst, der Völkerfürst Agamemnon,

100    Nackt die schimmernden Brüste, nach abgehülleten Panzern;
Eilte sodann auf Isos und Antiphos, gierig des Mordes,
Söhne des Priamos beid', unecht und ehelich, beide
Stehend in einem Geschirr. Der Bastard lenkte die Zügel;
Antiphos stand zum Kampfe, der Herrliche: sie die Achilleus
105    Einst auf Idis Höhn mit weidenden Gerten gefesselt,
Als er hütend der Schafe sie fand, und um Lösung befreiet.
Aber des Atreus' Sohn, der Völkerfürst Agamemnon,
Jenem über der Warze durchschoß er die Brust mit der                       Lanze;
Antiphos haut' er am Ohr mit dem Schwert, und stürzt' ihn               vom Wagen.
110    Schnell entzog er darauf der Getöteten prangende Rüstung,
Kennend beid'; er sah sie vordem bei den rüstigen Schiffen,
Als sie vom Ida geführt der mutige Renner Achilleus.
So wie ein Leu der Hindin noch unbehilfliche Kinder
Leicht nacheinander zermalmt, mit mächtigen Zähnen sie                 fassend.
115    Wann er im Lager sie traf, und ihr blühendes Leben entreißet;
Jene, wie nahe sie ist, vermag nicht ihnen zu helfen;
Denn ihr selbst erbeben von schrecklicher Angst die                           Gebeine;
Eilendes Laufs entflieht sie durch dichtes Gebüsch und                       durch Waldung,
Rastlos, triefend von Schweiß, vor der Wut des mächtigen                 Raubtiers:
120    Also konnt' itzt keiner des troischen Volks vom Verderben
Jene befrein; auch selber vor Argos' Söhnen entflohn sie.

Jetzo den kriegsfrohen Hippolochos und den Pisandros,
Beid' Antimachos Söhne, des waltenden: welcher am                         meisten
Drang, vom Gold' Alexandros', den glänzenden Gaben,                       betöret,

125    Helena nicht zu geben dem bräunlichen Held Menelaos:
Dessen Söhne nun traf der Völkerfürst Agamemnon,
Beid' auf einem Geschirr, die hurtigen Rosse bezähmend;
Denn es entflohn den Händen die purpurschimmernden                     Zügel,
Und sie tummelten wild. Da stürzt' er heran, wie ein Löwe,
130    Atreus' Sohn; und sie flehten ihm hingeschmiegt vom                         Wagen:

Fah' uns, Atreus' Sohn, und nimm dir würdige Lösung.
Viel der Kleinode ruhn in Antimachos hohem Palaste,
Erz und Goldes genug, und schöngeschmiedetes Eisen.
Hievon reicht der Vater dir gern unermeßliche Lösung,

135   Wenn er uns noch lebend vernimmt bei den Schiffen                           Achaias.

Also fleheten sie mit freundlichen Worten den König
Weinend an; da erscholl die unbarmherzige Stimme:

Hat Antimachos denn, der waltende Held, euch gezeuget,
Welcher im Rat einst hieß, daß Trojas Volk Menelaos,

140   Als er gesandt hinkam, mit dem göttergleichen Odysseus,
Dort erschlüg', und sie nicht heimsendete zu den Achaiern,
Auf, so büßt mir jetzo des Vaters schändlichen Frevel.

Sprach's, und stürzte Pisandros vom Wagengeschirr auf die           Erde,
Werfend den Speer in die Brust, daß zurück auf den Boden                 er hinsank.

145    Aber Hippolochos sprang von dem Sitz; da erschlug er ihn                 unten,
Weg mit dem Schwerte die Händ', und das Haupt von der                 Schulter ihm hauend;
Ließ dann rollen den Rumpf, wie ein Mörser gewälzt im                     Getümmel.

Jene verließ er, und dort, wo am dichtesten drängten die               Haufen,
Stürzt' er hinein, begleitet von hellumschienten Achaiern.

150    Fußvolk mordete nun Fußvolk, das gezwungen zurückfloh,
Reisige nun der Reisigen Schar, (und wölkender Staub stieg
Aus dem Gefild', erregt von den donnernden Hufen der                       Rosse,)
Tötendes Erz nachschwingend. Doch Atreus' Sohn                               Agamemnon,
Immer verfolgt' er mordend, und rief den Männern von                       Argos.
155    Wie wenn vertilgendes Feuer in nie gehauene Waldung
Fällt, dann wirbelnd der Sturm es umherträgt, und bis zur                   Wurzel
Stämm' und Gezweig' hinsinken, gerafft von des                                   Feuerorkans Wut:
Also vor Atreus' Sohn Agamemnon sanken die Häupter
Fliehender Troer umher, und viel hochwiehernde Rosse
160    Rasselten, leer die Geschirre, dahin durch die Pfade des                     Treffens,
Ihrer untadligen Lenker beraubt, die zerstreut im Gefilde
Lagen, den Geiern anitzt weit lieblicher, als den Vermählten.

Hektor entzog aus Geschossen der Donnerer, und aus dem           Staube,
Aus dem Gewürge der Schlacht, aus strömendem Blut und               Getümmel.

165    Doch ihm folgt' Agamemnon, mit Macht die Achaier                           ermunternd.
Jene flohn zu dem Male des alten dardanischen Ilos
Mitten durch das Gefild an dem Feigenbaume vorüber,
Sehnsuchtsvoll nach der Stadt; doch stets lautschreiend                     verfolgt' er,
Atreus' Sohn, mit Blut die unnahbaren Hände besudelt.
170    Als sie nunmehr dem skäischen Tor und der Buche genahet,
Standen sie endlich still, und erwarteten einer den andern.
Stets durchs Gefild her stürzten die Flüchtlinge, scheu wie                 die Rinder,
Welche der Löwe verscheucht, in dämmernder Stunde des               Melkens,
Alle zugleich; doch der einen erscheint das grause                               Verderben;
175    Ihr nun bricht er den Nacken, mit mächtigen Zähnen sie                     fassend,
Erst, dann schlürft er das Blut und die Eingeweide hinunter:
Also verfolgte sie Atreus' gewaltiger Sohn Agamemnon,
Immerdar hinstreckend den äußersten; und sie entflohen.
Vorwärts taumelten viel' und rückwärts viele vom Wagen,
180    Unter der Hand des Atreiden; so tobt' er voran mit der Lanze.

Aber da bald er nunmehr zur Stadt und türmenden Mauer
Nahete; siehe der Vater des Menschengeschlechts und der               Götter
Setzte sich nun auf dem Gipfel des quellenströmenden Ida,
Nieder vom Himmel gesenkt, den flammenden Blitz in den                 Händen.

185    Schnell nun entsandt' er als Botin die goldgeflügelte Iris:

Eile mir, hurtige Iris, dem Hektor das Wort zu verkünden.
Weil er sieht, daß annoch der Völkerhirt Agamemnon
Tobt in dem Vordergewühl, und die Reihn der Männer                         vertilget;
Weich' er selber zurück, doch dem anderen Volke gebiet' er,

190    Gegen den Feind zu kämpfen im Ungestüme der                                 Feldschlacht.
Aber sobald ein Speer ihn verwundete, oder ein Pfeilschuß,
Daß er den Wagen besteigt; dann rüst' ich jenen mit Stärke,
Niederzuhaun, bis er naht den schöngebordeten Schiffen,
Bis die Sonne sich senkt, und heiliges Dunkel herauszieht.

195         Jener sprach's; ihm gehorchte die windschnell eilende Iris;
Schwebte von Idas Höhn zur heiligen Ilios nieder,
Fand des waltenden Priamos' Sohn, den göttlichen Hektor,
Stehn auf rossebespanntem und wohlgefügetem Wagen;
Nahe dann trat und begann die leichthinschwebende Iris:

200        Hektor, Priamos' Sohn, dem Zeus an Rate vergleichbar.
Zeus entsendete mich, dir dieses Wort zu verkünden.
Weil du siehst, daß annoch der Völkerhirt Agamemnon
Tobt in dem Vordergewühl, und die Reihn der Männer                         vertilget;
Weiche du selber zurück, doch gebeut dem anderen Volke,

205   Gegen den Feind zu kämpfen im Ungestüme der                                   Feldschlacht.
Aber sobald ein Speer ihn verwundete, oder ein Pfeilschuß,
Daß er den Wagen besteigt; dann rüstet er dich mit Stärke,
Niederzuhaun, bis du nahst den schöngebordeten Schiffen,
Bis die Sonne sich senkt, und heiliges Dunkel heraufzieht.

210         Also sprach, und entflog, die leichthinschwebende Iris.
Hektor vom Wagen herab mit den Rüstungen sprang auf die             Erde.
Schwenkend die spitzigen Lanzen durchwandelt' er alle                     Geschwader,
Rings ermahnend zum Kampf, und erweckte die tobende                   Feldschlacht.
Jene nun wandten die Stirn, und begegneten kühn den                       Achaiern.

215    Argos' Söhn' auch drüben verstärkten die Macht der                           Geschwader;
Neu begann das Gefecht; ein drangen sie: doch Agamemnon
Stürmte voraus; denn er wollte der Vorderste kämpfen vor                 allen.

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