Vor dem Sturm. Vierter Band. Zweites Kapitel. by Theodor Fontane
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Vor dem Sturm. Vierter Band. Zweites Kapitel.

Theodor Fontane * Track #56 On Vor dem Sturm

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Vor dem Sturm. Vierter Band. Zweites Kapitel. by Theodor Fontane

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Theodor Fontane

Vor dem Sturm. Vierter Band. Zweites Kapitel. Annotated

Zweites Kapitel
Eine Begegnung

Die Sonne des nächsten Vormittags schien hell auf die Bohlsdorfer Dächer. Renate war bei der Amtmannsfrau gewesen, um ihr einen Gegenbesuch zu machen, und kam eben von dem Gutshofe zurück, als sie ein herrschaftliches Fuhrwerk vor dem Kruge halten sah. Der Herr, dem es gehörte, ging inmitten der Dorfgasse auf und ab. Er war von hoher Gestalt, trug Pelzrock und Pelzstiefel und sah von Zeit zu Zeit nach dem Kirchturm hinauf, dessen groteskgeformte Schneehaube seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen schien. Im Näherkommen erkannte Renate den alten Geheimrat.

»Onkel Ladalinski!« rief sie und eilte ihm entgegen.

Der Geheimrat war ersichtlich befangen, und eine kurze Pause folgte den ersten Begrüßungsworten, bis Renate fragte: »Bist du auf dem Wege nach Guse?«

»Ja, liebe Renate; zum Begräbnis der Tante. Aber was führt dich in dieses Dorf? Ich erwartete, dich in Guse zu sehen, dich und Lewin und den Papa.«

»Du wirst nur den Papa in Guse treffen; Lewin ist hier.«

»Lewin ist hier?«

»Ja, krank und bewußtlos; nun schon den vierten Tag. Die Leute schickten uns einen Boten. Es war denselben Morgen, wo die Nachricht von dem Tode der Tante kam. Papa fuhr nach Guse, ich nach hier. Die Schorlemmer begleitete mich, und wir fanden Lewin, wie wir nach allem, was uns der Bote gesagt hatte, erwarten mußten. Er lag in tiefem Schlaf. Alles ist in Dunkel, und wir raten hin und her, was ihn in naßkalter Nacht von Berlin fort und hierher geführt haben mag. Ein Knecht fand ihn wie tot neben den Chausseesteinen.«

Der Geheimrat schwieg eine Weile; dann nahm er Renatens Arm und sagte: »So weißt du von nichts? Ach, Kind, welche Tage haben wir durchlebt! Kathinka ist fort, und wir werden sie nicht wiedersehen.«

Das also war es. Renate sah nun klar, schien aber weniger überrascht, als der Geheimrat bei seinen letzten Worten erwartet haben mochte.

»Kann ich Lewin sehen?« fragte dieser.

»Ja; er liegt oben.«

Sie stiegen nun die schmale Treppe hinauf und fanden die Schorlemmer am Bette des Kranken. Sie wollte das Zimmer verlassen, aber der Geheimrat bat sie, zu bleiben. Lewin schlief mit einem Ausdruck, als ob er sich dieses Schlafes freue, und der alte Ladalinski war durch den Anblick erschüttert. Über ihn, seit jenem Tage, war kein erquicklicher Schlaf gekommen. Er nahm des Kranken Hand und sagte: » Er wird genesen«, und in dem schmerzlichen Ton, in dem er diese Worte sprach, klang es begleitend mit: » ich nicht.«

So verließen sie wieder das Haus und kehrten auf die Dorfgasse zurück, wo sich inzwischen alt und jung um den Chaisewagen und das verdrießlich über die Ledertrommel (als ob es eine Logenbrüstung wäre) hinwegblickende Windspiel versammelt hatte.

»Ich spräche gern noch ein paar Worte mit dir«, sagte der Geheimrat und wies mit leiser Kopfbewegung auf die Dorfleute, die jetzt ihre neugierigen Blicke mehr auf das herzutretende Paar als auf den Wagen zu richten begannen.

»Laß uns in die Kirche gehen«, erwiderte Renate, »die Tür ist offen.«

Er war es zufrieden. Sie stiegen über die halbverfallene Feldsteinmauer und schritten, an ein paar Gräbern vorbei, auf dieselbe Seitentür zu, durch die Lewin am Weihnachtsheiligabend eingetreten war.

In der Kirche war alles öde; nur auf den schwarzen Tafeln standen noch die Nummern der Gesangbuchverse, die man am letzten Sonntag gesungen hatte. Ein scharfes Seitenlicht fiel auf das Altarbild: eine Kreuzigung. Maria und Johannes fehlten, und nur eine Magdalena lag auf den Knien und hielt das Kreuz umfaßt. Es war ein häßliches Bild aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, am häßlichsten die Magdalena. Sie trug ein hohes Toupet von rotblondem Haar, in das große Perlen eingeflochten waren. Der Ausdruck sinnlich und roh. Den Geheimrat verdroß es; er wandte sich ab und suchte nach einem Platz in der Kirche, der ihm Sicherheit vor diesem Anblick gewähren mochte. Er fand ihn auch. Zur Seite des Altars, in eine Ecke geschoben, standen vier alte Chorstühle, die, nach ihrem Schnitzwerk zu schließen, noch aus der katholischen Zeit stammten und bei einer Renovierung der Kirche hier seitab ein Unterkommen gefunden hatten. Der alte Ladalinski zeigte darauf hin, und sie nahmen die beiden vordersten ein.

Jeder scheute sich, von Kathinka zu sprechen. So stockte das Gespräch, noch ehe es recht begonnen. Endlich faßte sich Renate und sagte: »Ich vermisse Tubal; er war der Liebling der Tante, und nun fehlt er an ihrem Grabe.«

»Und doch war es ein richtiges Gefühl, was ihn zurückhielt«, erwiderte der Geheimrat.

Renate sah ihn fragend an.

»Ein richtiges Gefühl«, wiederholte dieser nach einer Pause, »das Gefühl einer Mitschuld. Ach, meine teure Renate, die Schuld, die wir auf uns laden, tragen wir nicht allein. Andere sind gezwungen, sie mitzutragen. Und Tubal empfindet das. Er wollte niemand von euch sehen, nicht Lewin und nicht dich.«

»Und doch hätt' er sich überwinden sollen«, sagte Renate. »Und daß er es nicht tat, Onkel Ladalinski, das kann ich ihm nicht zum Guten rechnen, wenigstens nicht zum Guten allein. Er gab einem feinen Gefühle nach und mißtraute dem unsrigen. Das war nicht recht, sonst hätt' er wissen müssen, daß wir solche Mitschuld nicht gelten lassen und ihr Bekenntnis nicht annehmen würden.«

Sie schwieg einen Augenblick; dann fragte sie, wie um dem Gespräch eine andere Wendung zu geben: »Weißt du, wie die Tante starb?«

»Nein, ich hörte nichts. Alles, was ich erfuhr, erfuhr ich aus einer kurzen Anzeige deines Vaters. Ich war erschüttert, denn sie hatte meinem Herzen nahe gestanden, und ich mußte mich aufrichten an der Vorstellung dessen, was ihr durch diesen raschen und unerwarteten Tod erspart geblieben ist. Denn sie liebte nicht, ihre Pläne durchkreuzt zu sehen. So durchkreuzt!« Er schwieg eine Weile und setzte dann hinzu: »Und ihre Pläne, Renate, waren meine Wünsche. Alles, was davon noch übrig ist, leg' ich in deine Hand.«

Renate blickte vor sich hin und errötete. Dann aber sagte sie rasch und in beinahe heiterem Tone: »Oheim Ladalinski, laß mich offen sein. Ich darf es. Du pochst nicht an die rechte Tür, und du weißt es auch; was du freundlich in meine Hand legen möchtest, das liegt in einer anderen.«

»Nein, Renate, es liegt bei dir. Ein Herz zwingt das andere. Und ich weiß...«

Sie schüttelte den Kopf und wollte antworten; aber beide hörten jetzt draußen ein Kratzen an der Tür, und im nächsten Augenblicke kam das Windspiel den Mittelgang der Kirche herauf, stellte sich, mit unruhiger Kopfbewegung, bellend und klingelnd vor den Geheimrat und lief dann wieder auf den Seiteneingang zurück, immer sich umblickend, ob sein Herr auch folge.

»Kutscher und Diener werden ungeduldig«, sagte der alte Geheimrat; »wir müssen abbrechen.«

Damit verließen beide die Kirche und schritten wieder über den Kirchhof auf den Wagen zu, in den das Windspiel eben hineingehoben wurde. Der Geheimrat nahm seinen Platz neben demselben und streichelte es, während er die Rechte Renaten zum Abschied reichte.

»Ich danke dir für unser Gespräch; behalt es in gutem Gedächtnis. Ich bitte dich darum.«

Damit trennten sie sich. Renate trat unter den Vorbau des Kruges und sah dem Wagen nach. Ihre Gedanken waren bei Tubal, und sie suchte sich das Bild desselben vorzustellen; aber es waren immer die Züge Kathinkas, die sie sah.

»Sind sie einander so ähnlich?« fragte sie sich und stieg die Treppe hinauf.

Eine Stunde später brachte die Krügersfrau das Essen, legte das Tischtuch und entschuldigte sich einmal über das andere, daß es so spät geworden sei, aber »der kräpsche Junge« habe nicht schlafen wollen. Sie wisse nicht, von wem er es habe, von seinem Vater sicherlich nicht, denn er schlafe zuviel. Ihre Sprechweise, während sie so plauderte, war über ihren Stand, dabei ziemlich zwanglos, und nur mitunter, wenn sie lebhafter wurde, entschlüpfte ihr ein plattdeutsches Wort.

Tante Schorlemmer und Renate hatten Platz genommen und rückten einen dritten Stuhl an den Tisch.

»Sie müssen bleiben«, sagte Renate, »und sehen, wie gut es uns schmeckt. Denn Sie führen eine gute Küche, das hab' ich gleich gestern herausgefunden. Der Kleine schläft, da haben Sie Zeit und können uns etwas erzählen. Wir sind nun schon fast zwei Tage hier und haben noch nicht einmal Ihren Namen erfahren.«

»Ich heiße Kemnitz... das heißt mein Mann.«

Sie sagte dies in einem Tone, der andeuten sollte, daß ihr väterlicher Name um einen Grad höher gewesen sei.

Renate verstand es auch so und fuhr deshalb fort: »Sie sind gewiß aus der Stadt? Aus Alt-Landsberg oder Müncheberg?«

»Nein, das nicht; ich bin von hier. Mein Vater hatte die Schule, und als ich bei Pastor Lämmerhirt eingesegnet war, da kam ich aufs Amt. Denn wir waren drei Mädchen, und ich bin die mittelste; Christiane hatte den Marzahnschen Müller geheiratet, und Mariechen, was unsere Jüngste ist, ist noch zu Hause, denn unsere Mutter lebt noch.«

»Und da sind Sie wohl immer auf dem Amt gewesen?« fragte Renate.

»Ja, bis vor anderthalb Jahren. Ich hatt' es gut. Die junge Frau war das einzige Kind, und wir waren immer zusammen, und da sah und hört' ich alles. Der jetzige Amtmann hielt es mit der Mutter und hat sich hineingeheiratet; er war erst bloß Verwalter. Und man merkt es auch noch; auf dem Hof hat er das große Wort, aber in der Stube ist er mäuschenstill, denn die Mutter hat das Regiment, und die Tochter lernt es jeden Tag besser.«

»Und Ihr Mann, liebe Frau Kemnitz, der war wohl auch auf dem Amt?«

»Ja, er war der Meier. Er diente schon das siebente Jahr und sah mir immer nach den Augen, daß ich lachen mußte. Und erst wollt' ich ja nicht, aber da sagte mir der Pastor Lämmerhirt, ›ich sollte mich nicht um mein Glück bringen‹. Da nahm ich ihn denn, und es tut mir auch nicht leid, denn er ist gut gegen mich, und nun gar der Junge, Sie glauben nicht, wie er das Kind liebt. Da muß man denn schon ein Auge zudrücken.«

»Das muß eine gute Frau immer«, sagte die Schorlemmer und hob in freundlicher Ermahnung ihren Zeigefinger. »Eine gute Frau muß die Augen immer aufhaben, aber sie muß sie auch zuzumachen verstehen, je nachdem. Sie muß alles sehen, aber sie muß nicht alles sehen wollen.«

Die Krügersfrau, die nach Art der Dorfleute bei Sehen und Nichtsehen immer nur an Liebesgeschichten dachte, mißverstand die sehr anders gemeinten Worte Tante Schorlemmers und antwortete lachend: »Ach, so was ist es ja nicht; da käm' er mir auch recht.«

»Nun, was ist es denn?« fragte Renate neugierig.

»Ja, was ist es Fräuleinchen? Ich schäme mich fast, davon zu sprechen. Er schläft immer, und das soll nicht sein. Des Abends, wenn die Gaststube leer ist, les' ich ihm eine Gesangbuchepistel vor, so bin ich großgezogen, so war es bei meinem Vater selig, und so war es auch auf dem Amt. Und wenn auf dem Amt auch keiner recht hinhörte, so taten sie doch so. Aber mein Kemnitz schläft. Eine Zeitlang hab' ich ihn lesen lassen, bis ich sah, daß es auch nicht ging. Er hat immer den Sandmann in den Augen.«

»Das ist aber doch nichts Schlimmes, meine liebe Frau Kemnitz«, sagte Renate.

»Doch, gnädiges Fräulein«, erwiderte die Krügersfrau. »Und wenn er bloß schliefe, wenn er schläft; aber er schläft auch, wenn er wach ist. Und das ist das Allerschlimmste. Er vergißt alles, er hat gar keinen Merk. Sehen Sie, letztes Vogelschießen, da hatten wir das Haus voll, alle Stuben, und ich war oben und unten, in Küche und in Keller, und wir verschenkten einen halben Anker Wacholder. Ja, verschenkt haben wir ihn, denn mein Kemnitz vergaß die Kreidestriche, und als er sie zuletzt machte, so nach Gutdünken, weil er sich vor mir fürchtete, da waren sie falsch, und wir hätten noch Streit und böse Nachrede gehabt, wenn ich nicht, als der Lärm eben anfing, dazugekommen wäre. Da fuhr ich denn mit meinem Ärmel über die ganze Rechnung hin und sagte: ›Es ist alles frei gewesen‹, und brachte jedem ein Extraglas und tat, als ob es mich freute, denn die Bauern sind sehr schwierige Leute. Aber in der Nacht hab' ich meine blutigen Tränen geweint.«

Die Krügersfrau hatte sich so hineingesprochen, daß ihr noch in der Rückerinnerung wieder die Tränen in die Augen kamen, aber sie fühlte auch zugleich, daß Reden und Aussprechen der beste Trost sei, und so fuhr sie fort: »Und wenn es noch so wäre wie den vorvorigen Sommer. Aber da haben wir ja jetzt den ›Roten Krug‹, keine hundert Schritt vom Dorf, nach Taßdorf zu. Ostern fing er an zu bauen, Pfingsten war alles unter Dach, und Johanni zog er ein. Er heißt Bindemeier und ist ein verdorbener Stellmacher; ein schlechter Mensch, der immer abbrennt und immer in Scheidung lebt. Er hat nun schon die dritte Frau; aber die Kinder sind von der ersten, auch die Line, die morgen Hochzeit macht.«

»Hochzeit, wen heiratet sie denn?« fragte Renate.

»Einen Dahlwitzer Bauerssohn. Erst sollt' es ja nicht sein. Der Alte drüben wollte nicht, denn er ist geizig und hat den Bauernstolz. Aber da ging ja die Line nach Dahlwitz und hat den Alten so mitbehext, daß er jetzt Stein und Bein schwört, wenn der Junge sie nicht nähme, so wollt' er sie selber nehmen, denn er ist Witwer.«

»Ist sie denn so hübsch?«

»Nein, hübsch ist sie nicht; aber sie hat so ein Wesen. Und von wem hat sie's? Vom Vater hat sie's. Und das ist es ja eben. Denn sehen Sie, Fräuleinchen, er hat bloß die Schankgerechtigkeit und ist gar kein richtiger Krüger, wiewohlen er den ›Roten Krug‹ hat; aber das muß wahr sein, das Krügern versteht er. Und mein Kemnitz versteht es nicht. Der kreidet gar nicht an und der andere doppelt. Und keiner, der in den ›Roten Krug‹ kommt, merkt es, weil er jedem zum Munde redet und immer eine Geschichte hat.«

»Und möchten Sie tauschen?« fragte jetzt Renate, »und einen Mann haben wie den im ›Roten Krug‹?«

»Um Gottes Willen nicht«, erschrak die Krügersfrau, »da hätt' ich ja keine ruhige Stunde mehr.«

»Sehen Sie, da haben wir das Geständnis Ihres Glücks. Sie haben den Frieden des Gemüts, der das Beste ist. Lassen Sie Ihren Mann nur ruhig schlafen; er ist ein guter Mann, und das ist gerade genug. Schläft er viel, so müssen Sie viel wachen; das hebt sich dann. Etwas fehlt immer, und irgendwo drückt der Schuh jeden; den einen hier, den andern da.«

Die Krügersfrau seufzte. »Das hat mir Pastor Lämmerhirt auch gesagt«, und dabei erhob sie sich und schob die Teller zusammen. Aber auf ihr erstes Wort zurückkommend, setzte sie hinzu: »Ein schläfriger Mann ist doch nicht gut, das laß ich mir nicht nehmen.«

Und damit verließ sie das Zimmer. –

»Weißt du, an wen ich habe denken müssen?« fragte Renate.

»Gewiß; an Maline.«

»Nur daß der junge Scharwenka nicht schläfrig ist. Vielleicht zu wenig.«

»Da drückt der Schuh am andern Ende«, schloß die Schorlemmer.

Renate nickte, und müde von den Anstrengungen dieser Tage warf sie sich auf ihr Bett, um eine Stunde zu schlafen. Die Schorlemmer deckte sie mit einem Mantel zu und ging in das andere Zimmer hinüber. Hier setzte sie sich zu Häupten Lewins und begann an einem Strickzeug zu stricken, das sie sich von der Krügersfrau geborgt hatte, denn ihre Hände konnten nicht ruhen.

Als die Sonne schon im Sinken war, brachen Renate und die Schorlemmer auf, um einen Spaziergang zu machen, wozu die Luft und die Beleuchtung aufforderten. Sie gingen die nach Taßdorf führende Pappelallee hinunter, an dem ›Roten Kruge‹ vorbei, wo schon alles in hochzeitlicher Vorbereitung war. Keines sprach; endlich sagte Schorlemmer, als ob sie wisse, daß Renatens Gedanken denselben Weg machten: »Und nun so weggenommen, ohne Vorbereitung und ohne Abendmahl und nichts in Händen als ein französisches Buch. Daraufhin wird einem nicht aufgetan.«

Sie waren stehengeblieben und sahen jetzt über einem dunkeln Waldstreifen den Mond aufgehen, blaß und silbern.

»Dorthin liegt Guse«, sagte Renate.

Die Schorlemmer bejahte.

»Ich glaube, sie begraben sie jetzt. Mir ist, als hörte ich das Singen.«

»Möge Gott ihrer Seele gnädig sein!«

Und beide falteten die Hände und gingen in das Dorf zurück.

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