Odyssee - Kapitel 53 by Homer
Odyssee - Kapitel 53 by Homer

Odyssee - Kapitel 53

Homer * Track #53 On Odyssee (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Odyssee - Kapitel 53 by Homer

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Homer

Odyssee - Kapitel 53 Annotated

185    Auch der Männerbeherrscher Philötios brachte den Freiern
Eine gemästete Kuh und fette Ziegen zum Schmause.
Diese kamen vom festen Land' in der Fähre der Schiffer,
Die auch andere fahren, wenn jemand solches begehret.
Und er knüpfte sein Vieh auch unter der tönenden Halle
190   Fest; dann trat er näher, und fragte den edlen Eumäos:

Hüter der Schweine, wer ist der neulich gekommene                       Fremdling
Hier in unserem Hause? Von welchen rühmlichen Eltern
Stammt er ab? Wo ist sein Geschlecht und väterlich Erbe?
Armer! Wahrlich er trägt der herrschenden Könige Bildung!

195    Aber die Götter verdunkeln das Ansehn irrender Menschen,
Auch wenn Königen selbst ein solcher Jammer zu teil wird.

Also sprach er, und kam und reichte dem edlen Odysseus
Freundlich die rechte Hand, und sprach die geflügelten                       Worte:

Freue dich, fremder Vater! Es müsse dir wenigstens künftig

200   Wohl ergehn! denn jetzo umringt dich mancherlei Trübsal!
Vater Zeus, du bist doch vor allen Unsterblichen grausam!
Du erbarmest dich nicht der Menschen, die du gezeugt hast,
Sondern verdammst sie alle zu Not und schrecklichem                       Jammer!
Heißer und kalter Schweiß umströmte mich, als ich dich                   sahe,
205   Und mir tränten die Augen: ich dachte gleich an Odysseus,
Der wohl auch so zerlumpt bei fremden Leuten umherirrt;
Wo er anders noch lebt, und das Licht der Sonne noch                       schauet!
Ist er aber schon tot, und in der Schatten Behausung;
Weh mir! wie klag' ich Odysseus, den Herrlichem! der mich               als Jüngling
210    Über die Rinder im Lande der Kephallenier setzte!
Diese werden nun fast unzählbar; schwerlich hat jemand
Eine so frischaufwachsende Zucht breitstirniger Rinder.
Aber mich zwingen Fremde, sie ihnen zum üppigen Mahle
Herzuführen, und achten nicht des Sohnes im Hause,
215    Zittern auch nicht vor der Rache der Götter; ja ihnen gelüstet
Schon, die Güter zu teilen des langabwesenden Königs.
O wie oft hat mein Herz in Verzweifelung diesen Gedanken
Hin und wieder bewegt: Sehr unrecht wär's, da der Sohn lebt,
In ein anderes Land mit den Rindern zu fliehen, und Hilfe
220   Fremder Leute zu suchen; doch schrecklicher ist es, zu                       bleiben,
Und die Rinder für andre mit innigem Kummer zu hüten.
Und ich wäre schon längst zu einem mächtigen König
Außer dem Lande geflohn; (denn es ist nicht länger zu                       dulden!)
Aber ich hoffe noch immer, daß mein unglücklicher König
225   Wiederkomm', und die Schar der Freier im Hause zerstreue!

Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus:
Keinem geringen Manne noch törichten gleichst du, o                         Kuhhirt,
Und ich erkenn' es selber, du denkst vernünftig und edel;
Darum verkünd' ich dir jetzt, und beteur' es mit hohem                       Eidschwur:

230   Zeus von den Göttern bezeug' es, und diese gastliche Tafel,
Und Odysseus' heiliger Herd, zu welchem ich fliehe:
Du wirst selber zugegen sein, wann Odysseus zurückkommt,
Und so du willst, auch selber mit deinen Augen es ansehn,
Wie er die Freier vertilgt, die hier im Hause gebieten.

235      Ihm antwortete drauf der Oberhirte der Rinder:
Fremdling, erfüllte doch Zeus, was du verkündet! Du solltest
Sehn, was auch meine Kraft und meine Hände vermöchten!

Auch Eumäos flehte zu allen unsterblichen Göttern,
Daß sie dem weisen Odysseus verstatteten wiederzukehren.

240   Also besprachen diese sich jetzo untereinander.

Und die Freier beschlossen, Telemachos heimlich zu töten.
Aber linksher kam ein unglückdrohender Vogel,
Ein hochfliegender Adler, und hielt die bebende Taube.
Als ihn Amphinomos sahe, da sprach er zu der                                     Versammlung:

245     Freunde, nimmer gelingt uns dieser heimliche Ratschluß
Über Telemachos' Tod; wohlauf! und gedenket des Mahles!

Also sprach er, und allen gefiel Amphinomos' Rede.
Und sie gingen ins Haus des göttergleichen Odysseus,
Legten die Mäntel nieder auf prächtige Sessel und Throne,

250   Opferten große Schafe zum Mahl, und gemästete Ziegen,
Opferten fette Schwein' und eine Kuh von der Weide.
Brieten und reichten umher die Eingeweide; und mischten
Dann des Weines in Kelchen; die Becher verteilte der Sauhirt;
Und der Männerbeherrscher Philötios reichte den Freiern
255   Brot in zierlichen Körben; Melanthios schenkte den Wein ein:
Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle.

Aber Telemachos hieß, auf Listen sinnend, Odysseus
Sitzen im schöngemauerten Saal, an der steinernen Schwelle,
Neben dem kleinen Tisch, auf einem der schlechteren Stühle.

260   Und er bracht' ihm ein Teil der Eingeweide, und schenkte
Wein in den goldenen Becher, und sprach zu dem edlen                     Odysseus:

Sitze nun ruhig hier, und trinke Wein mit den Männern.
Vor Gewaltsamkeiten und Schmähungen will ich dich selber
Schützen gegen die Freier! Denn hier ist kein öffentlich                       Gasthaus,

265    Sondern Odysseus' Haus; und ich bin der Erbe des Königs!
Aber ihr, o Freier, enthaltet euch aller Beschimpfung
Und Gewalt; damit kein Zank noch Hader entstehe!

Also sprach er; da bissen sie ringsumher sich die Lippen,
Über den Jüngling erstaunt, der so entschlossen geredet.

270   Aber Eupeithes' Sohn Antinoos sprach zur Versammlung:

Freunde, wie hart sie auch ist, wir wollen Telemachos' Rede
Nur annehmen; ihr hört ja des Jünglings schreckliche                           Drohung!
Zeus Kronion verstattet' es nicht, sonst hätten wir lange
Hier im Hause den Redner mit heller Stimme geschweiget.

275      Also sprach der Freier, doch jener verachtete solches.
Und die Herolde führten die Hekatombe der Götter
Durch die Stadt; und die Schar der hauptumlockten Achaier
Ging in den Schattenhain des göttlichen Schützen Apollo.

Aber die Freier brieten das Fleisch und zogen's herunter,

280   Teilten's den Gästen umher und feirten das prächtige                         Gastmahl.
Und Odysseus brachten die Diener, welche zerlegten,
Ebensoviel des Fleisches, als jedem Gaste das Los gab,
Weil es Telemachos hieß, der Sohn des edlen Odysseus.

Aber den mutigen Freiern verstattete Pallas Athene

285   Nicht, des erbitternden Spottes sich ganz zu enthalten, damit           noch
Heißer entbrennte das Herz des Laertiaden Odysseus.
Unter den Freiern war ein ungezogener Jüngling,
Dieser hieß Ktesippos und war aus Same gebürtig.
Stolz auf das große Gut des Vaters, warb er anitzo
290   Um die Gattin Odysseus', des langabwesenden Königs.
Dieser erhub die Stimme und sprach zu den trotzigen Freiern:

Höret, was ich euch sag, ihr edelmütigen Freier!
Zwar empfing der Fremdling schon längst sein gebührendes             Anteil,
Eben wie wir; denn es wäre nicht recht und gegen den                       Wohlstand,

295    Fremde zu übergehn, die Telemachos' Wohnung besuchen:
Aber ich will ihm doch auch ein wenig verehren, damit er
Etwa die Magd, die ihn badet, beschenke, oder auch jemand
Sonst von den Leuten im Hause des göttergleichen Odysseus.

Also sprach er und warf mit nervichter Rechter den Kuhfuß,

300   Welcher im Korbe lag, nach Odysseus. Aber Odysseus
Wandte behende sein Haupt und barg mit schrecklichem                   Lächeln
Seinen Zorn; und das Bein fuhr gegen die zierliche Mauer.
Aber Telemachos schalt den Freier mit drohenden Worten:

Wahrlich, Ktesippos, es ist ein großes Glück für dein Leben,

305   Daß du den Fremdling nicht trafst; denn dieser beugte dem               Wurf aus.
Traun, ich hätte dich gleich mit der spitzen Lanze                                 durchbohret,
Und statt der Hochzeit würde dein Vater ein                                         Leichenbegängnis
Hier begehn! Verübe mir keiner die mindeste Unart
Hier im Palast! Mir fehlt nun weder Verstand noch Erfahrung,
310    Gutes und Böses zu sehn; denn ehmals war ich ein Knabe!
Dennoch schaun wir es an und leiden alles geduldig,
Wie ihr das Mastvieh schlachtet und schwelgend den Wein               und die Speise
Ausleert; denn was vermag ein einziger gegen so viele?
Aber hierbei laßt nun auch eure Beleidigung stillstehn!
315    Habt ihr indes beschlossen, mich mit dem Schwerte zu töten:
Lieber wollt ich doch das, und wahrlich, es wäre mir besser,
Sterben, als immerfort den Greul der Verwüstungen ansehn,
Wie man die Fremdlinge hier mißhandelt oder die Mägde
Zur abscheulichen Lust in den prächtigen Kammern                           umherzieht!

320      Also sprach er, und alle verstummten umher und                              schwiegen.
Endlich erwiderte drauf Damastors Sohn Agelaos:

Freunde, Telemachos hat mit großem Rechte geredet;
Drum entrüste sich keiner, noch geb' ihm trotzige Antwort!
Auch mißhandelt nicht ferner den armen Fremdling, noch                 jemand

325   Von den Leuten im Hause des göttergleichen Odysseus.
Aber Telemachos möcht ich anitzt und Telemachos' Mutter
Dies wohlmeinend raten, wenn's ihrem Herzen gefiele.
Als ihr beide noch immer mit sehnlich harrendem Herzen
Hofftet die Wiederkehr des erfindungsreichen Odysseus,
330   War es nicht tadelhaft, zu warten und die Achaier
Hinzuhalten im Hause (denn besser wär es gewesen,
Hätten die Götter Odysseus verstattet wiederzukehren).
Doch nun ist es ja klar, daß Odysseus nimmer zurückkehrt.
Drum geh hin zu der Mutter und sag ihr, sie möge den besten
335   Jüngling, welcher das meiste geschenkt, zum Bräutigam                     wählen,
Daß du alle Güter des Vaters beherrschen und friedlich
Essen und trinken könnest, da sie mit dem Manne                               hinwegzieht!

Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen:
Nein, bei Zeus, Agelaos, und bei den Leiden des Vaters,

340   Der von Ithaka ferne den Tod fand oder umherirrt,
Ich verhindre sie nicht, ich selber heiße die Mutter
Wählen, welchen sie will und wer sie reichlich beschenket.
Aber ich scheue mich, sie mit harten Worten gewaltsam
Aus dem Hause zu treiben; das wolle Gott nicht gefallen!

345      Also sprach er. Und siehe, ein großes Gelächter erregte
Pallas Athene im Saal und verwirrte der Freier Gedanken.
Und schon lachten sie alle mit gräßlichverzuckten                               Gesichtern.
Blutbesudeltes Fleisch verschlangen sie jetzo; die Augen
Waren mit Tränen erfüllt, und Jammer umschwebte die                     Seele.

350   Und der göttliche Mann Theoklymenos sprach zur                               Versammlung:

Ach, unglückliche Männer, welch Elend ist euch begegnet!
Finstere Nacht umhüllt euch Haupt und Antlitz und Glieder!
Und Wehklagen ertönt, und Tränen netzen die Wangen!
Und von Blute triefen die Wänd' und das schöne Getäfel!

355   Flatternde Geister füllen die Flur, und füllen den Vorhof,
Zu des Erebos Schatten hinuntereilend! Die Sonne
Ist am Himmel erloschen, und rings herrscht schreckliches               Dunkel!

Also sprach er; und alle begannen herzlich zu lachen.
Aber Polybos' Sohn Eurymachos sprach zu den Freiern:

360     Hört, wie der Fremdling rast, der neulich von ferne                             hieherkam!
Hurtig, ihr Jünglinge, eilt, und leitet ihn aus dem Palaste
Nach dem Versammlungsplatz! Hier kommt ihm alles wie                 Nacht vor!

Und der göttliche Mann Theoklymenos gab ihm zur                           Antwort:
Keineswegs bedarf ich, Eurymachos, deiner Geleiter;

365   Denn du siehst, ich habe noch Augen und Ohren und Füße,
Und mein guter Verstand ist auch nicht irre geworden.
Hiermit will ich allein hinausgehn; denn ich erkenne
Schon das kommende Graun des Todes, dem keiner entfliehn           wird,
Keiner von euch, ihr Freier im Hause des edlen Odysseus,
370   Wo ihr die Fremdlinge höhnt, und schändliche Greuel                         verübet!

Also sprach er, und ging aus der schöngebaueten Wohnung
Hin zum Hause Peiräos', und wurde freundlich empfangen.

Aber die Freier sahn sich all' einander ins Antlitz,
Höhnten Telemachos aus, und lachten über die Gäste.

375   Unter dem Schwarme begann ein übermütiger Jüngling:

Nein, Telemachos, keiner hat jemals schlechtere Gäste
Aufgenommen, als du! Denn dieser verhungerte Bettler
Sitzt da, nach Speise und Wein heißhungrig; aber zur Arbeit
Hat er nicht Lust noch Kraft, die verworfene Last der Erde!

380   Und der andere dort erhub sich, uns wahrzusagen.
Aber willst du mir folgen; (es ist wahrhaftig das beste!)
Laß uns die Fremdlinge beid' im vielgeruderten Schiffe
Zu den Sikelern senden; da kannst du sie teuer verkaufen.

Also sprachen die Freier; doch jener verachtete solches.
385   Schweigend sah er Odysseus an, und harrte beständig,
Wann sein mächtiger Arm die schamlosen Freier bestrafte.

Gegenüber dem Saal auf einem prächtigen Sessel
Saß Ikarios' Tochter, die kluge Penelopeia,
Und behorchte die Reden der übermütigen Männer.

390   Diese feirten nun zwar mit lautem Lachen das Frühmahl,
Lustig und fröhliches Muts, denn sie hatten die Menge                       geschlachtet:
Doch unlieblicher ward kein Abendschmaus noch gefeiert,
Als den bald die Göttin, mit ihr der starke Odysseus,
Jenen gab, die bisher so schändliche Greuel verübten.

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