Odyssee - Kapitel 37 by Homer
Odyssee - Kapitel 37 by Homer

Odyssee - Kapitel 37

Homer * Track #37 On Odyssee (Übersetzt von Johann Heinrich Voß)

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Odyssee - Kapitel 37 by Homer

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Homer

Odyssee - Kapitel 37 Annotated

165    Ihm antwortetest du, Eumäos, Hüter der Schweine:
Alter, ich werde wohl nie den Lohn der Botschaft bezahlen,
Noch wird Odysseus je heimkehren! Trinke geruhig
Deinen Wein, und laß uns von etwas anderem reden.
Hieran erinnre mich nicht; denn meine Seele durchdringet
170    Schmerz, wann einer mich nur an den besten König erinnert!
Was du geschworen hast, laß gut sein; aber Odysseus
Komme, wie ich es wünsche, und seine Penelopeia,
Und Laertes der Greis, und Telemachos göttlich an Bildung!
Jetzo bewein' ich von Herzen den Sohn des edlen Odysseus!
175    Ach! Telemachos nährten, wie eine Pflanze, die Götter;
Und ich hofft' ihn dereinst nicht schlechter unter den nbsp;               Männern,
Als den Vater, zu finden, an Geist und Bildung ein Wunder:
Doch der Unsterblichen einer verrückt' ihm die richtigen                     Sinne,
Oder ein sterblicher Mensch! Er ging, den Vater zu suchen,
180    Nach der göttlichen Pylos; nun stellen die mutigen Freier
Ihm, wann er heimkehrt, nach: damit Arkeisios' Name
Und sein Heldengeschlecht aus Ithaka werde vertilget!
Aber laß uns davon nicht weiter reden; er möge
Fallen, oder entfliehn, und Gottes Hand ihn bedecken.
185    Auf! erzähle mir jetzo von deinen Leiden, o Alter!
Auch verkündige mir aufrichtig, damit ich es wisse:
Wer, wes Volkes bist du, und wo ist deine Geburtstadt?
Und in welcherlei Schiff kamst du? wie brachten die Schiffer
Dich nach Ithaka her? was rühmen sich jene für Leute?
190    Denn unmöglich bist du doch hier zu Fuße gekommen!

Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus:
Dieses will ich dir gern und nach der Wahrheit erzählen.
Wären wir beide mit Speis' auf lange Zeiten versorget,
Und erfreuendem Wein, und blieben hier stets in der Hütte

195    Ruhig sitzen am Mahl, und andre bestellten die Arbeit;
Siehe dann könnte leicht ein Jahr verfliegen, und dennoch
Hätt' ich nicht die Erzählung von allen Leiden vollendet,
Welche der Götter Rat auf meine Seele gehäuft hat.
Aus dem weiten Gefilde von Kreta stamm' ich; mein Vater
200   War ein begüterter Mann, und noch viel andere Söhne
Wurden in seinem Hause geboren und auferzogen,
Echte Kinder der Frau. Doch mich gebar ein erkauftes
Kebsweib; aber es ehrte mich, gleich den ehlichen Kindern
Kastor, Hylakos' Sohn, aus dessen Blut ich gezeugt hin.
205   Dieser ward, wie ein Gott, im kretischen Volke geehret,
Wegen seiner Gewalt, Reichtümer und rühmlichen Söhne.
Aber ihn führeten bald des Todes Schrecken in Aïs
Schattenbehausung hinab; die übermütigen Söhne
Warfen darauf das Los, und teilten das Erbe des Vaters.
210    Mir beschieden sie nur ein Haus und wenige Güter.
Aber ich nahm mir ein Weib aus einem der reichsten                         Geschlechter,
Das ich durch Tugend gewann; denn ich war kein entarteter               Jüngling,
Noch ein Feiger im Kriege! Doch nun ist alles vergangen!
Dennoch glaub' ich, du wirst noch aus der Stoppel die Ähre
215    Kennen; denn ach! es drückte mich sehr viel Drangsal zu                     Boden!
Wahrlich, Entschlossenheit hatte mir Ares verliehn und                     Athene
Und vertilgende Kraft! Wann ich, dem Feinde zu schaden,
Mit erlesenen Helden im Hinterhalte versteckt lag;
Schwebte mir nimmer des Todes Bild vor der mutigen Seele:
220   Sondern ich sprang zuerst von allen hervor, und streckte
Jeglichen Feind in den Staub, den meine Schenkel ereilten.
Als focht ich im Krieg', und liebte weder den Feldbau,
Noch die Sorge des Hauses, und blühender Kinder Erziehung;
Aber das Ruderschiff war meine Freude beständig.
225   Schlachtengetös' und blinkende Speer' und gefiederte Pfeile:
Lauter schreckliche Dinge, die andre mit Grauen erfüllen!
Aber ich liebte, was Gott in meine Seele geleget;
Denn dem einen gefällt dies Werk, dem anderen jenes.
Eh' der Achaier Söhne gen Troja waren gesegelt,
230   Führt' ich neunmal Männer in schnellgeruderten Schiffen
Gegen entlegene Völker, und kehrte mit Beute zur Heimat.
Hievon nahm ich zuerst das schönste Kleinod, und vieles
Teilte das Los mir zu. So mehrte sich schnell mein Vermögen,
Und ich ward geehrt und hochgeachtet in Kreta.
235   Aber da Zeus' Vorsehung die jammerbringende Kriegsfahrt
Ordnete, welche das Leben so vieler Männer geraubt hat;
Da befahlen sie mir, mit Idomeneus, unserm Beherrscher,
Führer der Schiffe zu sein gen Ilios; alle Versuche
Mich zu befrein mißlangen; mich schreckte der Tadel des                   Volkes.
240   Und neun blutige Jahre durchkämpften wir Söhne der                         Griechen;
Und im zehnten verheerten wir Priamos' türmende Feste,
Steurten dann heim mit den Schiffen; und Gott zerstreute die             Griechen.
Über mich Armen verhängte der Rat Kronions ein Unglück.
Denn nur einen Monat verweilt' ich daheim, mit dem Weibe
245   Meiner Jugend, den Kindern und meinem Gesinde mich                       freuend.
Und mich reizte mein Herz, mit göttergleichen Gefährten
Einige Schiffe zu rüsten, und nach dem Ägyptos zu segeln.
Und ich rüstete neun, und schnell war die Menge                                 versammelt.
Hierauf schmausten bei mir sechs Tage die lieben Gefährten,
250   Und ich schlachtete viele gemästete Tiere zum Opfer
Für die seligen Götter, und zum erfreuenden Schmause.
Aber am siebenten Tage verließen wir Kreta, und fuhren,
Unter dem lieblichen Wehn des reinen beständigen                             Nordwinds,
Sanft, wie mit dem Strome, dahin; und keines der Schiffe
255   Wurde verletzt; wir saßen, gesund und fröhliches Mutes,
Auf dem Verdeck, und ließen vom Wind' und Steuer uns                   lenken.
Aber am fünften Tag' erreichten wir des Ägyptos'
Herrlichen Strom, und ich legte die gleichen Schiffe vor                       Anker.
Dringend ermahnt' ich jetzo die lieben Reisegefährten,
260   An dem Gestade zu bleiben, und unsere Schiffe zu hüten,
Und versendete Wachen umher auf die Höhen des Landes.
Aber sie wurden von Trotz und Übermute verleitet,
Daß sie ohne Vorzug der Ägypter schöne Gefilde
Plünderten, ihre Weiber gefangen führten, die Männer
265   Und unmündigen Kinder ermordeten. Und ihr Geschrei kam
Schnell in die Stadt. Sobald der Morgen sich rötete, zogen
Streiter zu Roß und Fuße daher, und vom blitzenden Erze
Strahlte das ganze Gefild. Der Donnerer Zeus Kronion
Sendete meinen Gefährten die schändliche Flucht, und es                   wagte
270   Keiner dem Feinde zu stehn; denn ringsum drohte Verderben.
Viele töteten sie mit eisernen Lanzen, und viele
Schleppten sie lebend hinweg zu harter sklavischer Arbeit.
Aber Kronion Zeus gab selber diesen Gedanken
Mir ins Herz: (o hätte mich lieber des Todes Verhängnis
275   Dort in Ägyptos ereilt, denn meiner harrte nur Unglück!)
Eilend nahm ich den schöngebildeten Helm von dem Haupte,
Und von der Schulter den Schild, und warf den Speer aus der             Rechten,
Ging dem Wagen des Königs entgegen, küßt' und umarmte
Seine Knie', und er schenkte mir voll Erbarmen das Leben,
280   Hieß in den Wagen mich steigen, und führte mich                              Weinenden heimwärts.
Zwar es stürzten noch oft mit eschenen Lanzen die Feinde
Mich zu ermorden heran, denn sie waren noch heftig                         erbittert;
Aber er wehrte sie ab, aus Furcht vor der Rache Kronions,
Welcher die Fremdlinge schützt, und ihre Beleidiger strafet.
285   Sieben Jahre blieb ich bei ihm, und sammelte Reichtum
Von dem ägyptischen Volke genung; denn sie gaben mir alle.
Doch wie das achte Jahr im Laufe der Zeiten herankam;
Siehe da kam ein phönikischer Mann, ein arger Betrüger
Und Erzschinder, der viele Menschen ins Elend gestürzt hat.
290   Dieser beredete mich, mit ihm nach Phönike zu fahren,
Wo der Bube sein Haus und sein Erworbenes hatte.
Und ein volles Jahr verweilt' ich bei ihm in Phönike.
Aber da jetzt die Monden und Tage waren vollendet,
Und ein anderes Jahr mit den kreisenden Horen herankam;
295   Führt' er gen Libya mich im meerdurchwallenden Schiffe,
Unter dem listigen Schein, als braucht' er mich bei der                       Ladung:
Um mich dort zu verkaufen, und großen Gewinn zu erwerben.
Ihn begleitet' ich zwar argwöhnend, aber ich mußte.
Und sie steurten, im Wehn des reinen beständigen                             Nordwinds,
300   Über Kreta dahin; doch Zeus beschloß ihr Verderben.
Als wir das grüne Gestade von Kreta jetzo verlassen,
Und ringsum kein Land, nur Meer und Himmel zu sehn war;
Breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewölk aus
Über das laufende Schiff, und Nacht lag über der Tiefe.
305   Und nun donnerte Zeus, der hochgeschleuderte Strahl schlug
Schmetternd ins Schiff, und es schwankte vom Donner des               Gottes erschüttert,
Alles war Schwefeldampf, und die Männer entstürzten dem               Boden.
Ähnlich den Wasserkrähn, bekämpften sie, rings um das                     Schiff her,
Steigend und sinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die                   Heimkehr.
310    Aber Kronion gab, in der schrecklichen Angst und Betäubung,
Selber den hohen Mast des blaugeschnäbelten Schiffes
Mir in die Hände, damit ich noch dem Verderben entflöhe.
Diesen umschlang ich, und trieb durch den Sturm und die                 tobenden Fluten.
Und neun Tage trieb ich umher; in der zehnten der Nächte
315    Warf mich ans Land der Thesproten die hochherrollende                     Woge.
Allda nahm mich Pheidon, der edle thesprotische König,
Freundlich und gastfrei auf; denn es fand sein Sohn am                       Gestade
Mich von Frost und Arbeit Entkräfteten liegen, und führte
Mich mit stützender Hand zu seines Vaters Palaste,
320   Und bekleidete mich mit prächtigem Mantel und Leibrock.
Jener erzählte mir dort von Odysseus, welcher, zur Heimat
Kehrend, ihn hätte besucht, und viele Freundschaftgenossen.
Und er zeigte mir auch die gesammelten Güter Odysseus',
Erzes und Goldes die Meng' und künstlichgeschmiedetes                   Eisens;
325   Daß bis ins zehnte Glied sein Geschlecht noch könnte                         versorgt sein.
Solch ein unendlicher Schatz lag dort im Hause des Königs.
Jener war, wie es hieß, nach Dodona gegangen, aus Gottes
Hochgewipfelter Eiche Kronions Willen zu hören,
Wie er in Ithaka ihm, nach seiner langen Entfernung,
330   Heimzukehren beföhle, ob öffentlich, oder verborgen.
Pheidon beschwur es mir selbst, und beim Trankopfer im                   Hause,
Segelfertig wäre das Schiff, und bereit die Gefährten,
Um ihn heimzusenden in seiner Väter Gefilde.
Aber mich sandt' er zuvor: denn ein Schiff thesprotischer                   Männer
335   Ging zu dem weizenreichen Dulichion. Diesen befahl er,
Mich sorgfältig dahin zum König Akastos zu bringen
Aber ihrem Herzen gefiel der grausamste Ratschluß
Über mir, daß ich ganz in des Elends Tiefe versänke.
Als das segelnde Schiff nun weit von dem Ufer entfernt war,
340   Droheten jene mir gleich mit dem schrecklichen Tage der                   Knechtschaft.
Meinen Mantel und Rock entrissen mir jetzo die Räuber,
Und umhüllten mir drauf den häßlichen Kittel und Leibrock,
Beide zerlumpt, wie du selber mit deinen Augen hier siehest.
Und am Abend erreichten wir Ithakas sonnige Hügel.
345   Jetzo banden sie mich im schöngezimmerten Schiffe
Fest mit dem starkgeflochtenen Seil, und stiegen dann selber
An das Gestad', und nahmen die schnellbereitete Mahlzeit.
Aber die Götter lösten mir leicht die Knoten der Fessel.
Und ich band um das Haupt die zusammengewickelten                     Lumpen,
350   Ließ am geglätteten Steuer mich nieder, legte mich vorwärts
Auf das Wasser, und schwamm, mit beiden Händen mich                 rudernd,
Hurtig von dannen, und bald war ich ferne von ihnen                           gekommen.
Jetzo stieg ich ans Land, kroch unter ein dickes Gebüsche,
Schmiegte mich hin, und lag. Die andern suchten indessen
355   Mich lautkeuchend umher; allein sie fanden nicht ratsam,
Tiefer ins Land zu gehn. Sie kehrten zurück, und bestiegen
Wieder das hohle Schiff; und mich entrissen die Götter
Leicht der Gefahr, und führten zu eines verständigen Mannes
Hütte mich hin. Denn noch verlängt das Schicksal mein                     Leben.

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