Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Gotthold Ephraim Lessing
Zweiter Auftritt
Der Patriarch, welcher mit allem geistlichen Pomp den einen Kreuzgang heraufkommt, und die Vorigen.
Tempelherr.
Ich wich' ihm lieber aus. – Wär' nicht mein Mann!
Ein dicker, roter, freundlicher Prälat!
Und welcher Prunk!
Klosterbruder.
Ihr solltet ihn erst sehn
Nach Hofe sich erheben. Itzo kömmt
Er nur von einem Kranken.
Tempelherr.
Wie sich da
Nicht Saladin wird schämen müssen!
Patriarch (indem er näherkommt, winkt dem Bruder).
Hier! –
Das ist ja wohl der Tempelherr. Was will
Er?
Klosterbruder.
Weiß nicht.
Patriarch (auf ihn zugehend, indem der Bruder und das Gefolge zurücktreten).
Nun, Herr Ritter! – Sehr erfreut,
Den braven jungen Mann zu sehn! – Ei, noch
So gar jung! – Nun, mit Gottes Hilfe, daraus
Kann etwas werden.
Tempelherr.
Mehr, ehrwürd'ger Herr,
Wohl schwerlich, als schon ist. Und eher noch,
Was weniger.
Patriarch.
Ich wünsche wenigstens,
Daß so ein frommer Ritter lange noch
Der lieben Christenheit, der Sache Gottes
Zu Ehr' und Frommen blühn und grünen möge!
Das wird denn auch nicht fehlen, wenn nur fein
Die junge Tapferkeit dem reifen Rate
Des Alters folgen will! – Womit wär' sonst
Dem Herrn zu dienen?
Tempelherr.
Mit dem nämlichen,
Woran es meiner Jugend fehlt: mit Rat.
Patriarch.
Recht gern! – Nur ist der Rat auch anzunehmen.
Tempelherr.
Doch blindlings nicht?
Patriarch.
Wer sagt denn das? – Ei freilich
Muß niemand die Vernunft, die Gott ihm gab,
Zu brauchen unterlassen, – wo sie hin-
Gehört. – Gehört sie aber überall
Denn hin? – O nein! – Zum Beispiel: wenn uns Gott
Durch einen seiner Engel, – ist zu sagen,
Durch einen Diener seines Worts, – ein Mittel
Bekannt zu machen würdiget, das Wohl
Der ganzen Christenheit, das Heil der Kirche,
Auf irgendeine ganz besondre Weise
Zu fördern, zu befestigen: wer darf
Sich da noch unterstehn, die Willkür des,
Der die Vernunft erschaffen, nach Vernunft
Zu untersuchen? und das ewige
Gesetz der Herrlichkeit des Himmels, nach
Den kleinen Regeln einer eiteln Ehre
Zu prüfen? – Doch hiervon genug. – Was ist
Es denn, worüber unsern Rat für itzt
Der Herr verlangt?
Tempelherr.
Gesetzt, ehrwürd'ger Vater,
Ein Jude hätt' ein einzig Kind, – es sei
Ein Mädchen, – das er mit der größten Sorgfalt
Zu allem Guten auferzogen, das
Er liebe mehr als seine Seele, das
Ihn wieder mit der frömmsten Liebe liebe.
Und nun würd' unsereinem hinterbracht,
Dies Mädchen sei des Juden Tochter nicht;
Er hab' es in der Kindheit aufgelesen,
Gekauft, gestohlen, – was Ihr wollt; man wisse,
Das Mädchen sei ein Christenkind, und sei
Getauft; der Jude hab' es nur als Jüdin
Erzogen; lass' es nur als Jüdin und
Als seine Tochter so verharren: – sagt,
Ehrwürd'ger Vater, was wär' hierbei wohl
Zu tun?
Patriarch.
Mich schaudert! – Doch zu allererst
Erkläre sich der Herr, ob so ein Fall
Ein Faktum oder eine Hypothes'.
Das ist zu sagen: ob der Herr sich das
Nur bloß so dichtet, oder ob's geschehn,
Und fortfährt zu geschehn.
Tempelherr.
Ich, glaubte, das
Sei eins, um Euer Hochehrwürden Meinung
Bloß zu vernehmen.
Patriarch.
Eins? – Da seh' der Herr
Wie sich die stolze menschliche Vernunft
Im Geistlichen doch irren kann. – Mitnichten!
Denn ist der vorgetragne Fall nur so
Ein Spiel des Witzes: so verlohnt es sich
Der Mühe nicht, im Ernst ihn durchzudenken.
Ich will den Herrn damit auf das Theater
Verwiesen haben, wo dergleichen pro
Et contra sich mit vielem Beifall könnte
Behandeln lassen. – Hat der Herr mich aber
Nicht bloß mit einer theatral'schen Schnurre
Zum besten; ist der Fall ein Faktum; hätt'
Er sich wohl gar in unsrer Diözes',
In unsrer lieben Stadt Jerusalem
Ereignet: – ja alsdann –
Tempelherr.
Und was alsdann?
Patriarch.
Dann wäre an dem Juden fördersamst
Die Strafe zu vollziehn, die päpstliches
Und kaiserliches Recht so einem Frevel,
So einer Lastertat bestimmen.
Tempelherr.
So?
Patriarch.
Und zwar bestimmen obbesagte Rechte
Dem Juden, welcher einen Christen zur
Apostasie verführt, – den Scheiterhaufen,
Den Holzstoß –
Tempelherr.
So?
Patriarch.
Und wieviel mehr dem Juden,
Der mit Gewalt ein armes Christenkind
Dem Bunde seiner Tauf' entreißt! Denn ist
Nicht alles, was man Kindern tut, Gewalt? –
Zu sagen: – ausgenommen, was die Kirch'
An Kindern tut.
Tempelherr.
Wenn aber nun das Kind,
Erbarmte seiner sich der Jude nicht,
Vielleicht im Elend umgekommen wäre?
Patriarch.
Tut nichts! der Jude wird verbrannt! – Denn besser,
Es wäre hier im Elend umgekommen,
Als daß zu seinem ewigen Verderben
Es so gerettet ward. – Zudem, was hat
Der Jude Gott denn vorzugreifen? Gott
Kann, wen er retten will, schon ohn' ihn retten.
Tempelherr.
Auch trotz ihm, sollt' ich meinen, – selig machen.
Patriarch.
Tut nichts! der Jude wird verbrannt.
Tempelherr.
Das geht
Mir nah'! Besonders, da man sagt, er habe
Das Mädchen nicht sowohl in seinem, als
Vielmehr in keinem Glauben auferzogen,
Und sie von Gott nicht mehr nicht weniger
Gelehrt, als der Vernunft genügt.
Patriarch.
Tut nichts!
Der Jude wird verbrannt ... Ja, wär' allein
Schon dieserwegen wert, dreimal verbrannt
Zu werden! – Was? ein Kind ohn' allen Glauben
Erwachsen lassen? – Wie? die große Pflicht,
Zu glauben, ganz und gar ein Kind nicht lehren?
Das ist zu arg! Mich wundert sehr, Herr Ritter,
Euch selbst ...
Tempelherr.
Ehrwürd'ger Herr, das übrige,
Wenn Gott will, in der Beichte. (Will gehn.)
Patriarch.
Was? mir nun
Nicht einmal Rede stehn? – Den Bösewicht,
Den Juden mir nicht nennen? – mir ihn nicht
Zur Stelle schaffen? – O da weiß ich Rat!
Ich geh sogleich zum Sultan. – Saladin,
Vermöge der Kapitulation,
Die er beschworen, muß uns, muß uns schützen;
Bei allen Rechten, allen Lehren schützen,
Die wir zu unsrer Allerheiligsten
Religion nur immer rechnen dürfen!
Gottlob! wir haben das Original.
Wir haben seine Hand, sein Siegel. Wir! –
Auch mach ich ihm gar leicht begreiflich, wie
Gefährlich selber für den Staat es ist,
Nichts glauben! Alle bürgerliche Bande
Sind aufgelöset, sind zerrissen, wenn
Der Mensch nichts glauben darf. – Hinweg! hinweg
Mit solchem Frevel! ...
Tempelherr.
Schade, daß ich nicht
Den trefflichen Sermon mit beßrer Muße
Genießen kann! Ich bin zum Saladin
Gerufen.
Patriarch.
Ja? – Nun so – Nun freilich – Dann –
Tempelherr.
Ich will den Sultan vorbereiten, wenn
Es Eurer Hochehrwürden so gefällt.
Patriarch.
Oh, oh! – Ich weiß, der Herr hat Gnade funden
Vor Saladin! – Ich bitte meiner nur
Im Besten bei ihm eingedenk zu sein. –
Mich treibt der Eifer Gottes lediglich.
Was ich zuviel tu, tu ich ihm. – Das wolle
Doch ja der Herr erwägen! – Und nicht wahr,
Herr Ritter? das vorhin Erwähnte von
Dem Juden, war nur ein Problema? – ist
Zu sagen –
Tempelherr.
Ein Problema. (Geht ab.)
Patriarch.
(Dem ich tiefer
Doch auf den Grund zu kommen suchen muß.
Das wär' so wiederum ein Auftrag für
Den Bruder Bonafides.) – Hier, mein Sohn!
(Er spricht im Abgehn mit dem Klosterbruder.)