Reinhard Mey
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Reinhard Mey
Reinhard Mey
Ein Freund rief an: "Hör' mal, wenn es dich int'ressiert
Ich lese grad, Don Rosa 's in der Stadt und signiert
Seine Zeichnungen im "Comix" in der Manufaktur
In der Friedrichstraße heut 16 bis 18 Uhr!"
Das muß man einem Schöngeist wie mir nicht zweimal sagen
Der Frau Dr. Erika Fuchs seit Kindertagen
Verfall'n ist, von ihrem Gedankengut kontaminiert
Der, wie andre Schiller und Goethe, Donald Duck zitiert:
"Und lieg' ich dereinst auf der Bahre
So denkt an meine Gu-itarre!"
Für mich umfaßt das Schöne, Gute, Wahre
Neben Nietzsche, Hegel, Schopenhauer, Kant und Marx
Auch die Comics von Don Rosa und Carl Barks
'Ne knappe Viertelstunde später und ich stand
In der Schlange vorm Geschäft mit meinem Sammelband
Der Laden war gerammelt voll und allen war klar
Daß das 'ne Aktion für die nächsten Stunden war
Also standen wir auf dem Bürgersteig in Mäandern
Schlurften brav im Zickzack immer einer nach dem andern
Vor mir in der Reihe total aufgekratzt stand
Ein kleiner Junge mit 'nem gestreßten Vater an der Hand
Einem von diesen Zeitgeistvätern
Diesen neuen, etwas später'n
Dafür etwas aufgeblähter'n Städtern
Die du am Beifallheischen erkennen kannst:
"Alle mal herkucken, Leute: Ich hab' mich fortgepflanzt!"
Es ging sehr langsam, das heißt, so gut wie gar nicht voran
Der Junge stand heroisch, nur der Vater begann
Zu murren. Don Rosa nahm sich für jeden Zeit
Schrieb und malte mit Geduld und Liebenswürdigkeit
Ich würde ihn um eine Gundel Gaukelei bitten
Oder einen Gustav Gans – die beiden vor mir stritten
Das heißt, der Junge schwieg, aber über ihm hing
Der Groll des Vaters für jeden Schritt, den es nicht weiterging
"Sven, das kannst du nicht von mir verlangen
Ich wär' schon längst gegangen
Sven, was willst du mit so 'nem Blödsinn anfangen
So 'ne Unterschrift, Sven – das ist mir schleierhaft!"
"Papa, warte, wir haben's doch gleich geschafft!"
Der Junge sieht zu ihm auf, fragend und bedrückt
Jetzt sind wir ein paar Zentimeter weitergerückt
Der Junge, der so gern seine Zeichnung will
"Also Sven, mir reicht's!" Sven ist mucksmäuschenstill
"Schluß jetzt mit dem ganzen Unfug, Sven, ich muß gehen
Du kannst ja bleiben, aber dann kannst du allein zusehn
Wie du danach allein nach Hause kommst!" - "Papa, bitte, bleib stehn!"
Der Vater ging, Sven blieb und über sein Gesicht
Ging die Grimasse, die man macht, eh man in Tränen ausbricht
Er weinte nicht, kehrte sich in sich, tränenlos
Die Ungleichheit des Kräftemessens war zu groß
Das Ausgeliefertsein in diesen Nervenkriegen
Zerreißproben, wo immer die Erwachsenen siegen!
Inzwischen kamen wir in der Zielgeraden zu stehn
Konnten dem großen Meister schon über die Schulter sehn
Vor uns nur noch zwei, drei Leute
Ganz nah an der ersehnten Beute
Das war der Augenblick, auf den er sich so freute
Der Meister sah zu ihm auf, Sven war so aufgeregt
Vor lauter Ehrfurcht klang seine Stimme belegt:
"Please, Mister Don Rosa", bat er heiser
"Can you write: Für Hans-Dieter Kaiser?"
Sven was written by Reinhard Mey.
Sven was produced by Manfred Leuchter.