Kreativität nach der Postmoderne, Erfindergeist und Urheberrecht

“Wem gehören eigentlich Internet-Memes… also Grumpy Cat zum Beispiel, wem gehört sowas?”

Dem Philosoph wird seit Menschengedenken vorgeworfen, sich über unnötigen Scheiß Gedanken zu machen. “Was ist Wahrheit?”, was ist “das gute Leben”?, “sind wir alle vorherbestimmt?” oder auch “was ist ein Tisch?” – oder aber eben auch, wem dieses “Internetphänomen” eigentlich “gehört”? Das Besitzdenken des Gegenwartskapitalisten lässt natürlich schnell die Vermutung zu, dass derjenige, welcher diese Katze gezüchtet, gekauft oder auf der Straße aufgelesen und ihr ein neues Zuhause gegeben hat, auch der Besitzer der Grumpycat sei – ich zitiere dazu Wikipedia:

"Tardar Sauce (* 4. April 2012 in Morristown, Arizona, besser bekannt als Grumpy Cat, engl. für mürrische Katze) ist eine weibliche Katze, die durch ihren mürrischen Gesichtsausdruck Bekanntheit erlangte. Sie gehört Tabatha Bundesen."

Damit wäre das ganze ja eigentlich geklärt. Gäbe es da nicht den Manager dieses possierlich scheiße gelaunten Katzenwesens, welches durch “genetisch bedingten, felinen Kleinwuchs” so grimmig drein schaut, welcher auch bereits “Nyan Cat” und “Keyboard Cat” – beziehungsweise deren Internetpräsens und die “Marke” verwaltet. Wer den Namen wissen möchte, dem sei die obig zitierte Quelle wärmstens empfohlen. Aufgrund einer leichten Suchmaschinen-Paranoia werde ich ihn in diesem Zusammenhang nicht beim Namen nennen. Es wäre nicht das erste mal, dass ein spitzfindiger Jurist sein Wissen um das Thema des Copyrights, des Markenschutzes, des Urheberrechts, dazu nutzt, durch das Internet zu streifen und auf Teufel komm raus alles zu verklagen, was dort nicht mit rechten Dingen zu geht…

Ich übertreibe? Natürlich. Aber wurde, oder wurde nicht, neulich ein Internetblog dafür verklagt, den Namen “Fashion Kitchen” zu tragen, von einer Dame, die irgendwas mit Mode berichtete, so hobbymäßig versteht sich. Der wurde nämlich in der Zeit, in der sie schon seit Jahren vor sich hin schrieb und mehr und mehr “Follower”, also “eingetragene Leser” – zahlenmäßig nachweisbares Statistikmaterial eben, geschützt. Also der Markenname. “Fashion Kitchen”.

Das ganze bringt mein Philosophenhirn zu der Frage: Wem gehört… Tja, das Internet? Wem gehören Kalauer? Müssen Fritzchenwitze rechtlich geschützt werden? Darf man ein 9GAG Meme in seiner fünfhundertachtunddreißigsten Verkürbissung dann einfach für private Zwecke veröffentlichen – oder damit werben? Gewerbliche Zwecke verfolgen… OHNE dabei irgendwas abzugeben? Natürlich nicht, sei kein Arschloch! Die Leute haben da Zeit und Mühe rein investiert. Fabeln, Märchen und Sagen lassen sich schließlich auch alle irgendwie mit einem Namen verknüpfen, dem man bis heute huldigen kann. Nur nicht zu faul sein, die Quelle zu suchen.

Aber wo fängt das ganze an? Ich habe eine Facebook-Suchanfrage als Screenshot gespeichert, habe ich dafür Facebook um Erlaubnis gefragt? Nein. Facebook darf, laut der aktuellen AGB, mit meinem auch "nicht-öffentlich" hochgelandenen Fotomaterial ein Werbeplakat drucken, oder aber es einer Agentur zur Verfügung stellen, die zwecks der Aufhübschung ihrer Werbebroschüre Bildmaterial braucht – und hey, alle lieben Bildchen! Noch kann ich Witze machen, NOCH! Wenn ihr mich eines Tages dafür im Gefängnis besucht, dann lasst die Sache mit der Feile im Kuchen. Schmuggelt Nagellack! Im Frauengefängnis werde ich damit lustige Grumpycats auf die Fingernägel meiner Mit-Insassinnen malen, welche wegen Filmpiraterie und Verwendung eines rechtlich geschützten Markennamens als Blogger-Name einsitzen. Es muss einen Grund haben, wieso ich mich seit Kindertagen für Gefängnis-Geschichten begeistern kann: Hinter Gittern – der Frauenknast? Prisonbreak? Die Verurteilten? Ich bin sowas von Fachfrau!

Das Wort “Gutmensch” ist ja schon zum Unwort irgendeines Jahres gekürt worden, schon politische Werbeplakate tragen den an die Humanität appellierenden Aufruf “in einer Gesellschaft, wo Gutmensch ein Schimpfwort ist…” oder so ähnlich. Ich bin weiß Gott kein Weltverbesserer. Aber ich will eben auch kein Arschloch sein. Wenn ich nun also eine Collage mit Internet-Fundstücken erstelle um eine Zeile in einem Rapsong zu erläutern, bei der es um Miley Cyrus und die Abrissbirne geht, bin ich dann ein Arschloch, wenn ich die Bildquellen nicht dazu angebe? Bild

Haben alle diese Menschen bei Frau Cyrus’ Management angefragt, ob sie auf ihre Kosten Witze machen dürfen? Ich denke nicht. Die Postmoderne, wie die Zeit um 1980 als Kulturbegriff genannt wird, ist vorbei – sind wir in der Hypermoderne? Wie kann etwas überhaupt nach der Moderne sein? Wer sind die Erfinder, die wirklich klugen Köpfe? Manager? Leute, die ein Patent angemeldet haben? Besitzer? Denker?

Hat der Erfinder des iPod Shuffle irgendetwas neues erfunden, wo doch CD-Player in den 90er Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts bereits in der Lage waren eine zufällige Trackauswahl von einer CD abzuspielen? Muss man die Regelschutzfrist eines urheberrechtlich geschützten Werkes (wie z.B. “Happy Birthday”, was erst 2016 “public domain” wird) bis zum Verrecken einhalten um kein Arschloch zu sein, oder um nicht im Knast zu landen? Und wer sind heute die Anstifter, Veranlasser, Initiatoren – ja, die Urheber?

Fragen über Fragen, liebes Internet…