Iphigenie auf Tauris (Fünfter, Zweiter Auftritt) by Johann Wolfgang von Goethe
Iphigenie auf Tauris (Fünfter, Zweiter Auftritt) by Johann Wolfgang von Goethe

Iphigenie auf Tauris (Fünfter, Zweiter Auftritt)

Johann Wolfgang von Goethe * Track #5 On Iphigenie auf Tauris

Iphigenie auf Tauris (Fünfter, Zweiter Auftritt) Annotated

Thoas allein:
Entsetzlich wechselt mir der Grimm im Busen:
Erst gegen sie, die ich so heilig hielt,
Dann gegen mich, der ich sie zum Verrat
Durch Nachsicht und durch Güte bildete.
Zur Sklaverei gewöhnt der Mensch sich gut
Und lernet leicht gehorchen, wenn man ihn
Der Freiheit ganz beraubt. Ja, wäre sie
In meiner Ahnherrn rohe Hand gefallen
Und hätte sie der heil'ge Grimm verschont:
Sie wäre froh gewesen, sich allein
Zu retten, hätte dankbar ihr Geschick
Erkannt und fremdes Blut vor dem Altar
Vergossen, hätte Pflicht genannt,
Was Not war. Nun lockt meine Güte
In ihrer Brust verwegnen Wunsch herauf.
Vergebens hofft ich, sie mir zu verbinden;
Sie sinnt sich nun ein eigen Schicksal aus.
Durch Schmeichelei gewann sie mir das Herz:
Nun widersteh ich der, so sucht sie sich
Den Weg durch List und Trug, und meine Güte
Scheint ihr ein alt verjährtes Eigentum.

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